Bilder: Fabian Nitschmann.
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Wenn der Bürgermeister von der Superworld träumt
Morsbach - Die Theatergruppe 'Vürhang up' päsentiert seit Freitag ein lustiges Stück über eine Freibad-Kneipe und das Schicksal des gesamten Ortes - Dabei tritt die Mueschbejer Tradition gegen den American Way of Life an.
Es ist wieder Theaterzeit in Morsbach: Einmal im Jahr präsentiert die Theatergruppe Vürhang up die Arbeit vergangener Monate. In diesem Jahr steht die Truppe mit dem Stück Cola, Cash und Kaugummi von Bernd Gombold an gleich sechs Abenden auf der Bühne im Gertrudisheim. Die Premiere war dabei ein durchaus erfolgreicher Start in die beiden folgenden Showwochenenden.
[Starke Neuzugänge: Alexander Kötting und Diana Weber ließen sich auch vom amerikanischen Akzent ihrer Rollen nicht aus dem Konzept bringen.]
Im Mittelpunkt der Komödie steht die Nessi-Schänke, die das Zentrum der Macht in Morsbach darstellt. Bürgermeister Anton Knackig (Dirk Kamieth) und sein Stellvertreter (Horst-Jürgen Kaufmann) sind Stammgäste und regeln von hier aus die Amtsgeschäfte. Dass eine Gruppe junger Leute aus Waldbröl dem Lokal einen neuen Schliff verpassen will und auf Wakeboarding statt Frikadellen und Weizenbier setzt, passt ihnen dabei absolut nicht in den Kram.
Gleichzeitig macht sich auch die vierköpfige Schrullenversammlung, bestehend aus Bürgermeistergattin (Heike Mauelshagen), Frau des Stellvertreters (Ingrid Diederich), Sekretärin des Bürgermeisters (Brigitte Kötting) und der einzigen Gemeinderätin (Birgit Leidig) Gedanken um die Zukunft der Schänke. Als Verein für Sitte und Anstand in Morsbach träumen die vier Damen von Wohlfühl-Atmosphäre für die moderne Frau. Doch auch hier legt der Bürgermeister offenkundig ein Veto ein.
Denn Anton Knackig träumt von mehr. Morsbach als Nabel der Welt, als Touristenattraktion mit sprudelnden Gewerbesteuern, als Superworld, in der Waldbröl nur noch als Flughafen dient. So verspricht es ihm zumindest ein reicher Investor aus Amerika, der samt einem Superstar den Ort umkrempeln will. Während die Zuschauer schnell begreifen, was der reiche Ami wirklich im Schilde führt, versucht der Bürgermeister, seine Gäste vom Ort zu überzeugen. Erst eine wilde Aktion der vier Tratschtanten lässt den Rathauschef wach werden.

[Ob diese vier Damen wirklich so anständig sind, wie sie vorgeben? Brigitte Kötting, Ingrid Diederich, Heike Mauelshagen und Birgit Leidig (v.l.) harmonieren auf der Bühne als "Schrullenversammlung".]
Mit dem flotten Stück präsentiert sich das Laientheater dieses Mal reifer als manches Mal zuvor. Das Bühnenbild ist schlichter, als in vergangenen Jahren, und strahlt gleichzeitig mit viel Grün. Gepaart mit lebensnahen Kostümen entsteht eine Welt, in die man sich hineinversetzen kann und die lediglich zum Ende hin klamaukig wird. Doch genau dies schien dem Publikum genau so zu gefallen, wie der etwas trottelige Gemeindearbeiter Horst Schnell (Norbert Kötting/ Uwe Mauelshagen).
Darüber hinaus passte die Besetzung der verschiedenen Rollen bestens und wirkte jederzeit überzeugend und glaubwürdig. Grund dafür ist unter anderem die Verjüngungskur, die mehr Möglichkeiten bietet. Als junge Unternehmer aus Waldbröl konnten beim Morsbacher Theater nun auch wirklich junge Schauspieler (wenn auch nicht aus Waldbröl) auftreten. In Person von Alexander Kötting als ideenreicher Jungunternehmer und Whiskey-trinkender Möchtegern-Cowboy sowie Diana Weber als weiterer Teil der jungen Waldbröler Truppe konnten zwei dieser Nachwuchs-Mimen nennenswert überzeugen.
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Doch auch die Alten ließen sich nicht lumpen und gaben vor allem in Form der Schrullenversammlung ihr Bestes. Hier zeigte sich der Vorteil eines gut eingespielten Laientheaters: Brigitte Kötting, Heike Mauelshagen, Birigit Leidig und Ingrid Diederich sind lange Jahre Teil der Gruppe. Vereint in einem Frauenclub für Sitte und Anstand in Morsbach spielten sich die vier die Pässe auf der Bühne zu und bildeten einen authentischen Tratschtantenverein, der seinesgleichen sucht.
Zusammen kommt so eine warmherzige Theater-Truppe, die dem Publikum ein buntes Stück als große Teamleistung auftischt. Und auch wenn "Vürhang up" nicht nur den amerikanischem, sondern auch durchaus dem Morsbacher Way of Life den Spiegel vorhält, ist die Gruppe auch in diesem Jahr wieder: Ein Theater von Morsbachern für Morsbacher.