JUNGE LEUTE

Über Waldbröl im Nationalsozialismus – und heute

Red; 05.01.2023, 10:50 Uhr
Fotos: Anne Barth (Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa), Andreas Dohm (2) --- Die Schüler der Waldbröler Gesamtschule nahmen den Preis von der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer (r.) entgegen.
JUNGE LEUTE

Über Waldbröl im Nationalsozialismus – und heute

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Red; 05.01.2023, 10:50 Uhr
Waldbröl – Die 101-jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas haben Schülern der Gesamtschule in Berlin einen Preis für ihr Projekt überreicht.

Eine Projektgruppe der Gesamtschule Waldbröl wurde von der „Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa“ für ihr herausragendes Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus mit dem „Margot-Friedländer-Preis“ ausgezeichnet. Die nach der 101-jährigen Holocaust-Überlebenden benannte Auszeichnung wird seit 2014 an junge Menschen vergeben, die sich in Projekten der Holocaust-Erinnerung und dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus widmen. Fünf Vertreter der Arbeitsgruppe wurden Ende 2022 nach Berlin eingeladen, besichtigten dort das jüdische Museum und das Holocaust- sowie das Porajmos-Mahnmal. Im Rahmen eines Festaktes wurden die Schüler von der Margot Friedländer und der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Max-Liebermann-Haus empfangen. Der Preis wurde ihnen dort persönlich von Friedländer überreicht.

 

Das Projekt, mit dem die Schüler die Jury des renommierten Preises überzeugten, heißt „Von Mäusen und Katzen – Antisemitismus in und um Waldbröl“. Im vergangenen 9. Jahrgang lasen sie im Deutschunterricht die Graphic Novel „Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus“ von Art Spiegelman. In dieser Graphic Novel werden die Kriegserlebnisse des jüdischen Polen Wladek Spiegelman erzählt. Diese waren geprägt von Verfolgung, Enteignung, Verlust und Ausbeutung in Auschwitz. Von den Erzählungen beeindruckt fragten die Schüler: „Und das geschah vor 80 Jahren auch bei uns?“

 

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Das Interesse war geweckt, sodass die zwölf Schüler Alisa Beumer, Alexandra Fell, Luisa Reifenrath, Laureen Ludwig, Sidra Hussein, Dalibor Salamun, Torben Schumacher, Lasse Faulenbach, Kai Ekkart, Jonathan Weitkemper, Neele Hönscheid und Leonie Nagel ab vergangenen Januar in wöchentlichen Treffen die Geschichte Waldbröls im Nationalsozialismus recherchierten. Mit Hilfe des Stadtarchivs, der Bürgermeisterin Larissa Weber und einigen Einwohnern konnten die Schicksale der drei jüdischen Familien Bettelheiser, Salomon und Elias aufgearbeitet werden. Außerdem gelang es den Jugendlichen, Erkenntnisse über die Vorhaben und Umsetzungen der aktiven Nationalsozialisten in und um Waldbröl zu gewinnen. Zudem widmeten sich die Schüler den aktuellen politischen Wahlergebnissen Waldbröls und stellten die Frage, ob Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen und demokratiefeindliche Strukturen auch heute noch in Waldbröl Wählerstimmen erhalten.

 

[Die Wanderausstellung steht derzeit im Eingangsbereich der Gesamtschule Waldbröl.]

 

Um die Rechercheergebnisse möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, insbesondere den jüngeren Generationen, entschied sich die Gruppe für eine Wanderausstellung mit QR-Codes. Entstanden sind Mäuse- und eine Katzenfigur in Anlehnung an die Graphic Novel. Die Vorlagen stammen von Burak Altinel aus der Jahrgangsstufe Q2 der Gesamtschule. Beim Flexen der Stahlfiguren wurden die Jugendlichen von der Firma Gebrüder Hönscheid unterstützt. Außerdem entstanden aus den recherchierten Informationen ein Video zum geplanten Bau der „Adolf-Hitler-Schule“, ein Podcast zu Robert Ley, ein Interview mit der Bürgermeisterin Larissa Weber und ein Schaubild mit einem Parteiprogrammvergleich der AFD und NSDAP.

 

Zusätzlich erstellte die Gruppe einen BIPARCOURS zu den jüdischen Familien Waldbröls. Mithilfe dieser kostenlosen APP können Interessierte durch Waldbröl zu den ehemaligen Häusern der jüdischen Familien geführt werden, erhalten Informationen über das Schicksal der Familien und können interaktiv Fragen und Aufgaben zum erlangten Wissen beantworten. Beispielsweise wurde die Familie Bettelheiser in Waldbröl Opfer der Nacht der Novemberpogrome 1938, als das Schaufenster ihres Modegeschäftes zerstört und der Besitzer auf offener Straße misshandelt worden ist. Trotz Augenzeugen wurden die Täter nie ausfindig gemacht. Weitere Recherchen zu aktuellem jüdischen Leben in der Umgebung Waldbröls, dem noch ausstehenden Stolperstein für die Familie Bettelheiser und einige Interviews stehen aktuell noch aus, um die Ausstellung zu erweitern.

 

[Die Schüler haben den Preis in Berlin entgegengenommen.]

 

Die Ausstellung steht aktuell in der Gesamtschule Waldbröl und wurde im November bereits bei der Verleihung des Jugendkulturpreises des „Netzwerks gegen Rechts“ des Oberbergischen Kreises ausgestellt. Die Schüler hoffen, dass sie ihre Arbeitsergebnisse bald auch im Rathaus für die breite Öffentlichkeit anbieten können. Nach der Preisverleihung dankte Friedländer den Schülern nochmals für ihr Engagement und mahnte, wie wichtig es ist, sich für die Menschlichkeit zu engagieren. Alisa Beumer lud im Austausch mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas diese kurzerhand nach Waldbröl ein, um sich die Ausstellung dort anzuschauen. Bas sicherte zu, die Einladung gerne anzunehmen und ihr Heimat-Bundesland zu besuchen, um die Wanderausstellung „Von Mäusen und Katzen – Antisemitismus in und um Waldbröl“ zu erleben.

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