JUNGE LEUTE
Das Korrespondenten-Dasein als Geschenk
Gummersbach – Hörfunkjournalist Ralph Sina hat heute anlässlich des Europatages das Kaufmännische Berufskolleg Oberberg besucht.
Eine gefühlt grenzenlose Freiheit ohne Kontrollen, eine Währungsunion und Reisen ohne Roaming-Gebühren: für viele junge Europäer ist das selbstverständlich, für ältere Generationen keineswegs. Auch Ralph Sina, der zwar auf Lehramt studiert, sich aber für ein Berufsleben im Journalismus entschieden hat, kennt noch andere Gegebenheiten. Anlässlich des heutigen Europatages, der an die Schuman-Erklärung von 1950 und damit die Ursprünge der Europäischen Union erinnert, hat der Hörfunkjournalist das Kaufmännische Berufskolleg Oberberg in Gummersbach besucht – und sagte: „Die Zeit in Afrika und in Amerika hat mich zum Europäer gemacht.“
[Ralph Sina hat heute im Forum des Kaufmännischen Berufskollegs Oberberg einen Vortrag gehalten.]
Rund 160 Schüler saßen dem ehemaligen Korrespondenten gegenüber, der von außergewöhnlichen Begegnungen und Ereignissen zu berichten wusste. Dabei lauschten die Jugendlichen einer Stimme, die vielen Oberbergern wohl aus dem Radio bekannt ist. Sina stammt aus dem Ruhrgebiet, hat in Münster studiert und war als politischer Korrespondent des WDR auf drei Kontinenten tätig. Nach fünf Jahren in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ging es für den „Radio-Menschen“ nach Washington, anschließend leitete er von 2014 bis 2021 das WDR-Hörfunkstudio in Brüssel. Für Sina ist klar: „Wir leben hier im Paradies. Der Ort des Grauens von 1945 ist für viele Menschen ein Sehnsuchtsort geworden.“
Heute seien es die Menschen in Europa gewöhnt, dass „der Laden ruhig“ ist. Doch mit Blick auf die Biographie seines Vaters, der beide Weltkriege erlebt habe, sei dies keinesfalls selbstverständlich. Zusammen mit den Schülern thematisierte Sina den Krieg in der Ukraine, sprach über Putin und dessen Zeit in Deutschland, und sparte dabei nicht an Selbstkritik: so hätten es die Medien in den vergangenen Jahren versäumt, kritisch über die Abhängigkeiten von Russland zu berichten – ein Fehler, der sich nun vor dem Hintergrund der Abhängigkeiten von China nicht wiederholen dürfe.
Auf die Nachfrage, wann denn der Krieg in der Ukraine endlich aufhören würde, antwortete der Journalist ehrlich: „Das weiß ich nicht. Das weiß niemand.“ Die Hoffnung darauf, dass der Krieg in absehbarer Zeit endet, bezeichnete er jedoch als gering. Doch „wenn die Ukraine ihren Verteidigungskrieg verliert, dann ist Europa fundamental gefährdet.“ Letztlich gehe es dem Journalisten zufolge um die Existenz der Europäischen Union. Dabei sprach er auch über die nächste Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten und wie sich diese auf das Kriegsgeschehen in Europa auswirken könne.
[Die Schüler setzten sich heute auch im Rahmen eines Workshops mit der EU auseinander.]
Schulleiter Rainer Gottschlich freute sich über Sinas Besuch auf dem Hepel. Vor einem Treffen mit dem „Arbeitskreis Internationales“ habe er auf dem Weg zur Schule Sinas Stimme im Radio gehört. Spontan sei die Idee entstanden, den langjährigen Korrespondenten im Rahmen des Europatages zur Veranstaltung „Zeitenwende in Europa – Zusammen in die Zukunft!“ nach Gummersbach einzuladen. Gottschlich sah die heutige Veranstaltung als Auftakt dafür, den Europagedanken verstärkt im Bildungsplan des Berufskollegs zu integrieren – und damit langfristig zahlreichen Schülern mit einer Förderung von Erasmus+ einen Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen.
Nach dem Vortrag widmeten sich die Schüler aus insgesamt sieben Klassen im Rahmen eines Workshops dem Themenfeld Europa. Dabei entwickelten sie auch Themenschwerpunkte, die nach den Sommerferien innerhalb einer Unterrichtsreihe behandelt werden sollen. Holger Scheel, Ute Schmidt und Katrin Winkel arbeiten als EU-Koordinatoren der Schule derweil daran, in diesem Jahr noch einen Antrag bei der Nationalen Agentur des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn zu stellen, um so ab dem kommenden Jahr leichter und unbürokratischer auf Fördermittel zugreifen zu können.
[In Kleingruppen erarbeiteten die Schüler Themenschwerpunkte, die abschließend in einem Galeriegang präsentiert worden sind.]
Sina legte es den Schülern nahe, die Möglichkeiten von Erasmus+ oder des Interrail-Tickets zu nuten und die kulturelle Vielfalt innerhalb der EU kennenzulernen. Welche Vorzüge Europa – trotz all der bestehenden Probleme und Schwierigkeiten – biete, würden viele erst in der Ferne erkennen. Als Korrespondent tätig gewesen zu sein, sei für ihn ein „riesen Geschenk“ gewesen. So habe er durch seine Arbeit Momente erlebt, die man für Geld nicht kaufen könne. Auch wenn er seine Zeit in den Staaten genossen habe, so habe er Europa mit seinem „irren Wohlstands- und Strukturiertheitsniveau“ vermisst. Und so sagte Sina abschließend: „Man muss aus Europa weggehen, um es lieben zu lernen.“
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