JUNGE LEUTE
Energiewende: Die schwierige Frage nach der richtigen Balance
Marienheide – 75 Schüler nehmen an Umweltbildungsprojekttag teil und setzen sich intensiv mit dem Thema Energie und Umwelt auseinander – Podiumsdiskussion als Abschluss.
Von Lars Weber
Wie umweltfreundlich sind E-Autos wirklich? Welche nachhaltigen Energie-Projekte gibt es in der Region? Und was kann jeder Einzelne tun, um seinen Teil zur Energiewende beizutragen? Diese und viele weitere Fragen sind heute bei einem Umweltbildungsprojekttag an der Gesamtschule Marienheide auf dem Tisch gelandet. Eingeladen zu der Veranstaltung mit dem Motto „Unsere Energiewende in NRW!“ hatte die AggerEnergie mit der Unterstützung der Landesgruppe NRW des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft. Organisiert und umgesetzt wurde sie von dem Verein Die Multivision.
Die Teilnahme war den Schülern freigestellt, letztlich hatten 75 Schüler aus den Jahrgangsstufen 9 bis 13 Lust, sich in das Thema zu vertiefen. Dabei wurde versucht, die Energiewende von möglichst vielen Seiten zu beleuchten, wie Vera Zielberg (AggerEnergie) und Stefan Kayser (MINT-Koordinator an der Gesamtschule) erklärten, die den Projekttag an die Schule geholt hatten. Die Gruppenarbeit der Schüler wurde abgerundet von einer Podiumsdiskussion mit Experten. Ein Überblick über den Tag und die wichtigsten Themengebiete:
Womit haben sich die Schüler beschäftigt?
Der Projekttag sollte den Schülern einen Einblick in die Aufgaben und Möglichkeiten geben, die in den kommenden Jahren auf die Gesellschaft bei der Umsetzung der Energiewende zukommen. Zunächst stand Basiswissen auf dem Programm in Form von einem Quiz, erzählen Lena Höpfner (16) und Vincent Rinker (17) aus der Q2. Daneben wurden verschiedene kurze Filme zum Thema gezeigt und den Schülern eine spezifische Aufgabe gegeben. Die Ausgangssituation: In einer Kommune soll ein möglichst emissionsarmes Neubaugebiet errichtet werden. Die Jugendlichen schlüpften nun in die Rollen der Kommune, einem Kohlekraftwerk, einer Bürgerinitiative und der Stadtwerke.
„Auf diese Weise mussten die Schüler Interessen vertreten, die sie im realen Leben vielleicht nicht teilen“, erklärte Vera Zielberg. Die Aufgabe, auch Argumente für den Betrieb des Kohlekraftwerks zu finden, beispielsweise auch an die dortige Belegschaft zu denken, habe für engagierte Diskussionen gesorgt – „und die Perspektive erweitert“, sagte Lena Höpfner. Weiter bekamen die Schüler Informationen darüber, welche Projekte und Ideen in den Kommunen und im Land verfolgt werden. Vincent Rinker findet dabei vor allem den Ausbau des ÖPNV-Angebots entscheidend. „Gerade auch für Jüngere, die keinen Führerschein haben und auf Bus und Bahn angewiesen sind.“ Aber auch Erwachsene würden sich so eher einmal überlegen, ihr Auto stehen zu lassen.
Wer nahm an der Podiumsdiskussion teil?
Neben Lena Höpfner und Vincent Rinker als Schülervertreter waren mit Christina Schulze und Christoph Dreiner zwei Vertreter der Gemeinde Marienheide dabei. Schulze berichtete unter anderem von dem Interesse Marienheides, ein Carsharing-System mit zwei Autos auf die Beine zu stellen. Für die AggerEnergie trat Jan Sternstein vor die Schüler. Er stellte nachhaltige Projekte vor, bei denen der Energieversorger involviert ist oder war, so die Photovoltaikanlage auf dem Dach der Wiehler Feuerwehr, der Beleuchtungstausch zu LED-Technik in der Schwalbe-Arena oder die Wärme- und Kältezentrale auf dem Steinmüllergelände. Als Umweltschutz-Experte geladen war zudem Michael Schmitz vom Ortsverein Marienheide des NABU.
[Die Schüler lauschten interessiert den Ausführungen der Experten.]
Wo liegen Herausforderungen der Energiewende im Bezug auf den Umweltschutz?
Dass die Energiewende gelingen muss, dass die Gesellschaft weg muss von fossiler Energie, das sei klar, sagte Schmitz den Schülern. Klar sei aber ebenso, dass dieser Weg nicht ohne Eingriffe in die Natur, in die Biodiversität, vonstattengehe. Als Beispiel nannte er unter anderem die Errichtung von Windkraftanlagen, bei der Flächen versiegelt werden und der Artenschutz eine gewichtige Rolle spiele. „Wir benötigen auch Windkraft, aber welchen Preis müssen wir zahlen, welchen Verlust auf Seiten der Natur haben wir dabei.“ Es gehe darum, eine Balance zu finden und die Eingriffe in die Biodiversität so klein wie möglich zu gestalten, fasste Svenja Gelpke vom Verein Die Multivision zusammen, die die Diskussion moderierte.
Wie sinnvoll sind E-Autos?
Das Thema beschäftigte die Schüler sehr und es gab mehrere Äußerungen dazu, in denen die Jugendlichen diesen Weg unter anderem aufgrund des Rohstoffabbaus als falsch kritisierten. Auch hier hieße es abzuwägen, meinten Dreiner und Schmitz. Die Technik sei gut und bringe in Deutschland Vorteile, während der Abbau des Lithiums beispielsweise in Südamerika für Nachteile sorge. Schulze und Sternstein erinnerten daran, dass auch bei Handys Lithium verarbeitet werde und das Internet einer der größten CO2-Emmitenten der Welt sei. Sternstein warnte vor Scheinheiligkeit in dieser Diskussion. Auch andere Technologien hätten zudem ihre Nachteile. „Für die Gewinnung von Wasserstoff wird 50 Prozent der Energie verloren.“ Diese müsse erst einmal produziert werden. „Aber es ist klar, dass bei der E-Mobilität noch nicht alles optimal läuft“, so Sternstein weiter. „Da passiert aber gerade sehr viel. Auch bei den Abbaubedingungen von Lithium.“
[Die Teilnehmer des Projekts stellten den Experten diverse Fragen und hinterfragten einige Aspekte kritisch.]
Was kann man selbst für die Energiewende tun?
Sternstein lobte bei der E-Auto-Debatte einen Schüler, der sich kein neues Handy zugelegt, sondern auf ein gebrauchtes Gerät zurückgegriffen hatte. „Das ist der richtige Ansatz.“ Es müsse darum gehen, den weltweiten Verbrauch an Ressourcen zu reduzieren. Dabei sei Recycling ein wichtiges Thema. „100 Gigatonnen Ressourcen werden weltweit benötigt, nur acht Prozent davon recycelt“, rechnete Schmitz vor. Die Energiewende beginne mit dem Einsparen von Energie. „Wir sollten immer den Fußabdruck hinterfragen, von jedem Produkt, von jedem Einkauf, egal ob Auto, Kleidung oder Lebensmittel.“
Die Energiewende erfordere viele Kompromisse, so Dreiner. Jeder in der Gesellschaft müsse den Mut haben, Neues auszuprobieren. Lena Höpfner sagte, dass sie als „Generation Z“ noch viele Freiheiten genießen würden. Diese müssten sie schützen, für sich und für ihre Kinder später. Sie forderte ihre Mitschüler auf: „Werdet aktiv!“ Dazu, so Vincent Rinker, müssen die Schulen das Thema aber noch stärker aufgreifen und ihnen Wege aufzeigen. In Marienheide wurde heute ein Schritt dazu gemacht.
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