JUNGE LEUTE
Junge Ukrainer zeigen ihr Technik-Gespür an TH
Oberberg – Elf Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums nehmen an zweitägigem Workshop an der TH Köln am Campus Gummersbach teil – MINT-Kenntnisse bei dem Pilotprojekt im Fokus.
Von Jonas Steinbach und Lars Weber
Experimente sehen und verstehen. Eigene Berechnungen anstellen und überprüfen – und das nicht nur mit modernster Technik, sondern auch noch in der eigenen Sprache. Für elf ukrainische Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums sieht so heute und morgen der Alltag aus. Denn dank eines Pilotprojekts arbeiten die Jugendlichen aus den Klassen 8 bis 11 gerade an der TH Köln in Gummersbach an dem Themenfeld Thermo- und Fluiddynamik mit zwei Professoren zusammen. Initiiert wurde dies von der Hochschule in Zusammenarbeit mit dem Oberbergischen Kreis über das Bildungsbüro Oberberg als Geschäftsstelle des zdi-Zentrums investMINT Oberberg. Finanziell unterstützt wird das Projekt von der Wipperfürther Hans-Hermann-Voss-Stiftung. Ein erklärtes Ziel ist es, den jungen Ukrainern Perspektiven in den MINT-Berufen aufzuzeigen. Ein weiteres ist es, dass sich das Workshop-Angebot verstetigt. Interessierte Schulen können sich melden.
Die Idee zu dem Angebot kam von der TH. Genauer gesagt von den beiden Professoren Dr. Igor Shevchuk und Dr. Denis Anders, die die Schüler auch an beiden Tagen betreuen. Beide wüssten selbst wie es ist, wenn man in ein Land kommt und die Sprache nicht kennt. Anders kam als Kind Anfang der 1990er-Jahre aus der damaligen Sowjetunion, der Ukrainier Shevchuk ist seit rund 20 Jahren in Deutschland. Ihre biografischen Erfahrungen fließen auch in den Umgang mit den Schülern ein. Diesen möchten sie mit dem Workshop aufzeigen, welche spannenden Berufs- und Studienangebote es hier vor Ort gibt, sie lernen außerdem über die Schule hinaus Ansprechpartner kennen.
Die Konzentration auf die MINT-Fächer, also Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, hat dementsprechend auch die Nachwuchsförderung zum Hintergrund, weshalb das Bildungsbüro Oberberg als Geschäftsstelle des zdi-Zentrums investMINT Oberberg kaum von dem Projekt überzeugt werden musste. Die Stärkung der MINT-Kompetenzen aller Schüler ist dort ein Schwerpunkt, so Anke Koester, Leiterin des Amts für Schule und Bildung beim Kreis. Schließlich benötigt Oberberg mit seinem industriellen Schwerpunkten unter anderem im Stahl- und Kunststoffbereich hier Verstärkung.
„Angewandte Thermo-/Fluiddynamik – Phänomene aus Alltag und Technik verstehen“ lautet der Titel des Workshops. Anhand ausgewählter Praxisbeispiele gab es heute zunächst eine spielerische Einführung in das Thema. Dabei wurde zum Beispiel ein Modell-Auto samt Wohnwagen in einen Windkanal gestellt und die Schüler sollten überlegen, wie die Aerodynamik verbessert werden kann. Auch Experimente zur Impulserhaltung oder das Messen der thermophysikalischen Eigenschaften von Stoffen steht auf dem Programm.
[Die Schüler bei der Arbeit (oben) und gemeinsam mit Prof. Dr. Igor Shevchuk (v.li.), Laboringenieur Markus Baum und Prof. Dr. Denis Anders.]
Dr. Anders und Dr. Shevchuk haben viel Aufwand betrieben, um „ihren“ Schülern zwei spannende Tage zu bereiten. Sämtliche Unterlagen und Folien sind auf russischer und ukrainischer Sprache. Sie haben auch recherchiert, wie der Lehrstoff in der Ukraine und Russland vermittelt wird. „Die Sprache ist ein Türöffner“, sagt Dr. Anders. Von der Schule sei ihm gesagt worden, dass manche Schüler dort im Unterricht eher zurückhaltend seien. Mit der Sprachbarriere aus dem Weg präsentierten sich die Jugendlichen an der TH anders. „Sie sind wissbegierig und haben ein Gespür für die technischen Zusammenhänge“, so Dr. Anders, was vermutlich auch damit zusammenhänge, dass in ihrer Heimat beispielsweise mehr Physik oder Naturwissenschaften auf dem Lehrplan stehe als in Deutschland.
Der Workshop habe aber auch abseits der Lehrinhalte wichtige Ziele. Zum Beispiel zeige sich, wie gut die Kinder und Jugendlichen zwischen zwölf und 16 Jahren zusammenarbeiten, obwohl sie teils auch russische Wurzeln hätten. Sie konzentrieren sich völlig auf die physikalische Arbeit. Politische Themen seien da außen vor. Es herrsche eine sehr offene und positive Stimmung, es werde viel gelacht. „Die Teilnehmer lernen auch Vorbilder kennen“, meint Koester mit Blick auf die Professoren. Aber sie würden auch viel von den Kindern lernen, so die beiden Wissenschaftler, so bewiesen sie bei der Lösungssuche bei Aufgaben eine hohe Kreativität.
Wenn dieser erste Workshop vorbei ist, soll das Angebot aber noch lange nicht beendet sein. Der derzeitige finanzielle Rahmen erlaube zunächst einen weiteren zweitägigen Workshop, für den sich Schulen melden dürfen. Die Hoffnung aller Beteiligten ist es aber, das Angebot zu verstetigen. „Wir würden die Workshops später gerne für sämtliche Schüler und ganze Klassen zugänglich machen“, sagt Koester.
Schulen, die Interesse an dem Workshop haben, wenden sich per E-Mail an Dr. Denis Anders oder Anke Koester.
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