JUNGE LEUTE
Mit Spaß und Neugier berufliche Chancen erkennen
Wiehl – Staatssekretär Matthias Heidmeier besuchte die Sekundarschule in Bielstein, um sich den Berufswahlparcours aus nächster Nähe anzuschauen.
Von Lars Weber
Der Fachkräftemangel hat inzwischen nahezu alle Wirtschaftssektoren erfasst, von kleinen und mittleren Unternehmen in Industrie und Handwerk bis hin zum Pflegebereich. Die Probleme fangen schon beim Nachwuchs an. Die Zahl der Bewerber um Ausbildungsplätze sinkt seit Jahren, und das teils dramatisch. Die Situation ist im Oberbergischen so, aber auch im ganzen Land. Weil es in der Region aber den Verein Oberbergische Koordinierungsstelle Ausbildung (ok Ausbildung) gibt, der mit passgenauen und praxisorientierten Angeboten Schülern bei der Wahl des Berufs hilft, ist heute Matthias Heidmeier (CDU) an der TOB Sekundarschule in Bielstein zu Gast gewesen. Heidmeier ist Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW – und holte sich beim etablierten Berufswahlparcours der ok Ausbildung Anregungen, wie der Kontakt zwischen jungen Menschen und Unternehmen gelingen kann.
Seit 2006 wird der Berufswahlparcours bereits an der Sekundarschule durchgeführt. Mit dabei sind Unternehmen aus Industrie, Handwerk und Dienstleistung, in diesem Jahr 16 Stück. Ausbilder und Azubis laden dabei die Jahrgänge 8 und 9 an ihre Stände ein. Nicht nur, um ihnen Berufsbilder zu erklären, sondern sie praktisch mit einzubinden in kleinere Aufgaben, die typisch sind für den jeweiligen beruflichen Alltag. Heute wurden in der Aula Verbände angelegt, Fensterrahmen gestrichen, Sortiermaschinen überprüft oder gelötet – letzteres wohlgemerkt im Freiem vor dem Schulgebäude.
Die enge Verzahnung zwischen dem Verein ok Ausbildung, der Schule und den Unternehmen macht dieses und weitere Angebote – wie zum Beispiel einen Workshop mit Experten aus einem Betrieb in den Schulen - möglich. Dass die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in der Region früh erkannt wurde, zeigt auch die 2005 gegründete Ausbildungsinitiative Oberberg, bei der von der IHK über die Kreishandwerkerschaft bis zur Agentur der Arbeit sämtliche wichtigen Partner versammelt sind. Vertreter von ihnen waren auch heute zum Gespräch mit dem Staatssekretär gekommen. Die Politik war außerdem mit Bundestagsmitglied Dr. Carsten Brodesser (CDU) sowie den Landtagsabgeordneten Christian Berger (CDU) und Marc Zimmermann (Grüne) vertreten.
„Das Fehlen von Fachkräften und Auszubildenden fällt beim Industriestandort Oberberg sehr auf“, sagte Wilfried Holberg, Vorstandsvorsitzender des Vereins ok Ausbildung. Die leeren Plätze zu besetzen, „das ist unsere Triebfeder“. Schulleiterin Anita Kallikat ergänzte: „Wir möchten verhindern, dass die Schüler nach der Schule in die Warteschleife geraten.“
[16 Mitgliedsunternehmen des Vereins ok Ausbildung aus den Bereichen Kunststoffverarbeitung, Automotive und Metallverarbeitung, des Gesundheitswesens sowie ein Malerbetrieb präsentierten sich in der Aula der TOB.]
Heidmeier zeigte sich angetan von den Möglichkeiten. „Das ist es, was wir landesweit anstreben.“ Anderorts gebe es teils Vorbehalte über Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen. Dabei sei dies wichtig, um den Jugendlichen zum einen die Bedarfe aufzuzeigen, zum anderen aber auch die Chancen und Möglichkeiten zu präsentieren. „Da gibt es eine große To-Do-Liste.“ Allein 43.000 Jugendliche im Land landeten aus unterschiedlichen Gründen im Übergangssystem „Kein Abschluss ohne Anschluss“ zwischen Schule und Beruf. Dieses System weiterzuentwickeln, zu verbessern und eben Schulen mit der Wirtschaft enger zu vernetzen ist ein Ziel der Landesregierung. „Dafür nehmen wir 50 Millionen Euro in die Hand“, so Heidmeier.
Ein wichtiger Ansatz sei zudem, die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung nicht nur zu fördern, sondern sogar als erstes Bundesland gesetzlich zu verankern. Die Jugendlichen und auch ihre Eltern müssten erkennen, welche Chancen zum Aufstieg in der Ausbildung stecken. „Der Weg in die Köpfe ist aber nicht einfach.“ Dieser müsse aber gefunden werden. „Sonst schaffen wir die kommenden Herausforderungen nicht“, sagte Heidmeier und nannte als Beispiele den Einbau von Wärmepumpen oder den Aufbau von Windkraftanlagen.
Gehemmt würden viele Schüler bei der Entscheidung „Was will ich später mal machen?“ allein schon von der Vielzahl an Möglichkeiten, sagte Claudia Fuchs, Leiterin der Kommunalen Koordinierungsstelle Übergang Schule Beruf des Oberbergischen Kreises und Geschäftsführerin der ok Ausbildung. „Bei einem Angebot wie dem Berufswahlparcours werden Hemmschwellen abgebaut im Kontakt zu den Firmen und die jungen Menschen finden auf praktischem Weg heraus: Was macht mir Spaß?“
[Gelötet werden durfte bei der Firma ONI, wo Ausbilder Berthold Hock interessierten Schülern wie Lukas (15) über die Schulter schaute und ihnen den richtigen Umgang beibrachte.]
Und der Spaß, die Neugier und die Konzentration auf die praktischen Aufgaben war den Schülern anzusehen. „Wir haben eine gute Resonanz heute“, sagte Ralf Lütz, Ausbildungsleiter bei Hans Berg in Reichshof. „Im Vergleich zu öffentlichen Messen bereiten sich die Schüler besser vor, sie gehen mit einem anderen Ernst hier rein.“ Dass das Konzept ankommt, zeigte sich aber nicht nur an den Gesichtern der Schüler. „Allein bei ONI sind heute schon etliche Praktikumsplätze vergeben worden“, erzählte Claudia Fuchs. Der Staatssekretär nahm dementsprechend viele positive Impulse mit für die politische Arbeit nach Düsseldorf. „Der Berufswahlparcours ist ein vorbildliches Angebot.“
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