KAFFEEKLATSCH
Mehr Vogelfreunde braucht das Land
Bergneustadt – Nach 38 Jahren als stellvertretender Vorsitzender des NABU-Landesverbandes NRW arbeitet Heinz Kowalski an einer Vogelschutzstrategie und hofft auf ein Umdenken in Politik und Gesellschaft.
Von Katharina Schmitz
38 Jahre war Heinz Kowalski als stellvertretender Vorsitzender sowie vier Jahre als Vorsitzender des NABU-Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen tätig. Vergangenes Jahr hat er die Verantwortung des Amtes in jüngere Hände gelegt. Doch nach wie vor bringt sich Kowalski, der 1946 in Bergneustadt geboren worden ist, aktiv in den Naturschutz ein – unter anderem als Mitglied des Ehrenpräsidiums des NABU-Bundesverbandes. Ihn bewegt die dramatische Bestandsentwicklung der heimischen Vögel und er wird nicht müde, sich für einen Wandel im Vogelschutz einzusetzen – denn die Entwicklung sei aufzuhalten.
[Kowalski stuft unter anderem die Blaumeise als gefährdet ein.]
Aufgewachsen ist Kowalski in der Bergneustädter Friedhofstraße. Den dortigen Anwohnern sei in seiner Kindheit ein regelrechtes Vogelkonzert geboten worden: „Die Rufe der Eulen drangen von dem parkartigen Friedhof bis in mein Zimmer. Vielen war das unheimlich, doch ich fand es schön.“ Durch seinen Großvater Emil Schalenbach lernte er, wie verletzte Vögel aufgepäppelt werden. „Mein Großvater war sehr naturverbunden. Und auch wir Kinder hielten uns oft in der Natur auf. Mit dem Ohl, dem Bahndamm und dem Friedhof hatten wir unseren Spielplatz“, erinnert sich der heute 74-Jährige.
Der Großvater starb, als Kowalski zehn Jahre alt war – und in der Jugend rückte sein Interesse an der Vogelkunde zugunsten des Sports in den Hintergrund. Erst nach seiner Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten bei der AOK widmete er sich wieder vermehrt der Ornithologie. „Meine Frau Dagmar schenkte mir damals das Buch ‚Die Vogelwelt des Oberbergischen Landes‘ von Wilhelm Jost. Und tatsächlich habe ich Jahrzehnte später zwei weitere Bücher über unsere oberbergische Vogelwelt veröffentlicht“, schildert der Neustädter.
[Auch im Park des Evangelischen Altenheims in der Bergneustädter Altstadt zählt Kowalski Vögel.]
Sein Hobby übte Kowalski auch auf ehrenamtlicher Ebene aus. 1970 trat er dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) bei, der 1990 zum Naturschutzbund Deutschland (NABU) umbenannt und mit dem Naturschutzbund der ehemaligen DDR zusammengeschlossen worden ist. Zwei Jahre zuvor kandidierte er bei der Vorstandswahl des DBV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und wurde gewählt. „Doch wegen meiner beruflichen und ehrenamtlichen Überlastung tauschte ich das Amt vier Jahre später mit dem stellvertretenden Landesvorsitzenden“, blickt Kowalski zurück.
[Während seiner Amtszeit stellte der Ornithologe bezüglich des Vogelschutzes eine negative Entwicklung fest.]
„Wir haben heute 75 Prozent weniger Fluginsekten als noch vor 30 Jahren. Außerdem haben wir viele Brachflächen, eine veränderte Landwirtschaft und zu wenig blühende Wiesen und Wegränder. Das wirkt sich natürlich auch auf unseren Vogelbestand aus.“ Auch Vögel, die im Winter Richtung Süden ziehen würden, seien dort oftmals mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Als problematisch bezeichnet Kowalski außerdem Schottergärten: „Das sind Gärten des Grauens. Viele Leute achten auf eine Bepflanzung mit heimischen Bäumen, Hochstauden und weiteren Pflanzen. Andere legen sich aus Bequemlichkeit Schottergärten an und entfernen Nester – und beklagen sie sich dann über den Verlust von zig Millionen Vögeln.“
Seine Leidenschaft im Bereich der Ornithologie und des Vogelschutzes hat Kowalski nur zum Teil an seine vier Kinder und seine Enkelkinder weitergegeben. So seien seine Nachkommen als Mitglieder im NABU vertreten und hätten sich Anfang Januar im Rahmen der „Stunde der Wintervögel“ erneut an der Vogelzählung beteiligt. Doch vor allem seine Töchter würden sich eher für die Botanik interessieren. Enttäuscht ist Kowalski deswegen nicht: „Jeder muss seinen eigenen Weg finden.“
Sehr erfreut ist er hingegen über die Entwicklung der Mitgliedzahlen des NABU. Mit mittlerweile rund 850.000 Mitgliedern handele es sich beim NABU um den größten Naturschutzverband der Bundesrepublik. Größer sei lediglich die Königliche Gesellschaft für Vogelschutz (RSPB) aus Großbritannien. „Sie verfügen über eine Millionen Mitglieder – doch wenn wir so weiter machen, holen wir die RSPB vielleicht bald ein“, hofft der Ornithologe.
[Auf seiner Runde zum Zählen der Vögel legt Kowalski auch in der Grünanlage Talstraße einen Zwischenstopp sein.]
Nach fast vier Jahrzehnten als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes hat Kowalski im vergangenen Jahr entschieden, nicht mehr für das Amt zu kandidieren: „Eigentlich bin ich ja Ruheständler, aber durch die ganzen ehrenamtlichen Aufgaben kam ich mir gar nicht so vor.“ Trotzdem steht der Bergneustädter seinen jüngeren Nachfolgern mit seiner Erfahrung zur Verfügung. Derzeit arbeitet er an einer Vogelschutzstrategie. Nicht zuletzt verbindet Kowalski damit eine Verschriftlichung seiner Hoffnungen bezüglich der Bestandsentwicklungen: „Für einen besseren Vogelschutz müssen wir auch politische Voraussetzungen schaffen. Es gilt, unter anderem die Landwirtschaft und die Gestaltung der Gärten zu verändern. Nur dann kann es uns gelingen, die negative Entwicklung zu verlangsamen und zu stoppen – vielleicht sogar umzukehren.“
KOMMENTARE
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Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit, Herr Kowalski! Hier an meinem "Gabentisch" kann ich Blaumeisen, Kohlmeisen, Amseln, Kleiber, Rotkehlchen und Buchfinken beobachten. Ab und zu schauen auch Elster und Eichelhäher vorbei. Beim nächsten "Zähltermin" bin ich dabei!
Cornelia Lang, 31.01.2021, 12:17 Uhr2
Wunderbar ,dass es Menschen wie Sie gibt ,Herr Kowalski..Auch bei uns gibt es Amseln,Blaumeisen ,Kohlmeisen,Dompfaff ,Rotkehlchen und Kleiber ...Wenn ich morgens nicht früh genug das Futter für sie rausbringe ,picken sie an die Fensterscheibe ...
Ulrike Küffel, 01.02.2021, 12:28 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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