KARNEVAL
„Die Sicherheit der Zuschauer steht an erster Stelle“
Oberberg – Für die Karnevalszüge gelten nach den Anschlägen von Solingen und Magdeburg schärfere Sicherheitsvorschriften – OA hat darüber mit einigen Vertretern oberbergischer Vereine gesprochen.
Nach den Anschlägen von Solingen und Magdeburg wurden die Sicherheitsvorschriften für Großveranstaltungen verschärft. Das wirkt sich auch auf die Karnevalsvereine aus, stellt diese zum Teil vor logistische und auch finanzielle Herausforderungen. Wie der WDR berichtete, stand der Rosenmontagszug im niederrheinischen Neukirchen-Vluyn wegen der neuen Sicherheitsauflagen sogar auf der Kippe.
Wesentlicher Bestandteil des neuen Sicherheitskonzeptes sei, dass alle Einmündungen auf der Zugstrecke mit Fahrzeugen blockiert werden. In Neukirchen-Vluyn hätten die Veranstalter laut eigenen Angaben dafür etwa 90 Fahrzeuge gebraucht. OA hat bei verschiedenen oberbergischen Karnevalsvereinen und auch der Gemeinde Engelskirchen nachgehört, wie sie auf das Thema „Sicherheit bei Karnevalsumzügen“ schauen.
Absperrungen
Fachbereichsleiter Norbert Hamm von der Gemeinde Engelskirchen blickt auf die Züge im Ortszentrum sowie in Ründeroth. Ende des vergangenen Jahres hat das turnusmäßige Treffen zwischen Vereinsvertretern und der Gemeinde stattgefunden, bei dem die Sicherheitskonzepte bei Bedarf angepasst werden. Die vorgeschriebenen Lkw-Sperren finden in Engelskirchen bereits seit einigen Jahren Anwendung. Die Vorgaben mussten laut Hamm nur marginal überarbeitet werden.
Ähnlich sieht das auch bei den Zügen in Denklingen und Lindlar aus. Wie Franz Steinfort von der KG Rot-Weiß Denklingen sagte, würden auch dort die Hauptzufahrten Richtung Waldbröl und Brüchermühle schon seit mehreren Jahren versperrt werden – nicht nur mit Fahrzeugen der Feuerwehr, sondern auch mit Betonklötzen. Abgesperrt werden auch die anderen Zufahrten. Und auch in Lindlar werden die Zufahrts- und Seitenstraßen laut Zugleiter Oliver Knauf schon seit Jahren mit Lkw oder Fahrzeugen des Bauhofs versperrt.
Der erste Karnevalszug der Region wird am kommenden Samstag durch die Waldbröler Ortschaft Schönenbach ziehen. Veranstaltet wird der Umzug von den Karnevalsfreunden Schönenbach. Sie feiern in diesem Jahr ein karnevalistisches Jubiläum, besteht ihr Verein seit nunmehr 22 Jahren. Passenderweise sollen am Sonntag 22 Gruppen durch die Ortschaft gehen. „Das wird der größte Zug, den wir bis dato hatten“, sagte Tim Duisberg, Präsident der Karnevalsfreunde Schönenbach, auf Nachfrage von OA.
Ihr Sicherheitskonzept hätten sie überarbeitet – unabhängig von dem Ereignis in Magdeburg. Viel hätten sie aber nicht verschärfen müssen, der „Hauptzuweg“ zum Zug soll aber erstmals durch ein „großes Zugfahrzeug“ versperrt werden. Die Stadt Waldbröl stelle Absperrungen zur Verfügung. Ob Schönenbach, Lindlar, Denklingen, Ründeroth oder auch Engelskirchen: derartige Probleme wie die veranstaltenden Karnevalisten in Neukirchen-Vluyn sehen die Organisatoren im Oberbergischen im Hinblick auf die Absperrungen aber nicht – wohl nicht zuletzt aufgrund ganz anderer geographischer Gegebenheiten.
Änderungen des Waffenschutzgesetzes
Senatspräsident Reinhold Müller von den Närrischen Oberbergern sprach außerdem von Änderungen des Waffenschutzgesetzes, was unter anderem auf die Ereignisse von Solingen und Magdeburg zurückzuführen ist. Die Polizei beispielsweise wird nach einem Erlass des Innenministeriums nicht mehr am Anfang und Ende des Zuges oder gar an neuralgischen Punkten eingesetzt, sondern sich erstmals in diesem Jahr unter das feiernde Volk mischen, um auf mögliche Aggressoren schneller reagieren zu können bzw. vor möglichen Angriffen durch Präsenz abzuschrecken.
Personal, welches an anderer Stelle fehlt und durch die verantwortlichen Vereine ersetzt werden muss. Entweder durch eigene Kräfte oder durch private Sicherheitsdienste. „Wir befinden uns zu einer Lösung noch in Gesprächen“, sagte Müller. Wahrscheinlich werde aber ein externes Unternehmen beauftragt. Zugleiter Andreas Trenkmann erwartet laut Müller weniger Teilnehmer als in der Vergangenheit, was vor allem mit deutlich gestiegenen Kosten für Wurfmaterial und Teilnahme begründet ist. Das Anmeldeverfahren sei noch nicht beendet, aber eine Negativtendenz schon jetzt absehbar.
„Wir haben zwischenzeitlich überlegt, durch ein Amtshilfegesuch das Technische Hilfswerk mit ins Boot zu holen“, sagte Norbert Hamm von der Gemeinde Engelskirchen zur geänderten Personalpolitik bei der Polizei. Der Gedanke wurde dann aber schnell wieder verworfen, denn verantwortlich für die Sicherheit der Teilnehmer und Besucher sind während der Umzüge die Vereine und bei entsprechender Unterstützung wäre diese automatisch auf die Gemeinde übergegangen, das möchte man im Rathaus verhindern.
Beim Ründerother Karnevalsverein (RKV) hat man sich bezüglich der personellen Aufstockung für den Umzug am Sonntag bereits festgelegt. „Wir möchten, dass unsere Mitglieder Karneval feiern“, sagte Schirrmeisterin Annette Schoder und hat beim RKV frühzeitig ein privates Sicherheitsunternehmen mit der Zugsicherung beauftragt. Eine weitere Sicherheitsauflage schlägt tief ins Kontor. Mit einer nun separat erforderlichen Betriebserlaubnis für jeden Karnevalswagen steigen die Kosten um 160 Euro pro Gefährt, bislang war eine Vorstellung beim TÜV und der Erhalt einer sogenannten Wiegekarte für 80 Euro für eine Zugteilnahme ausreichend.
„Es ist schon eine Mammutaufgabe, einen Zug auf den Weg zu bringen“, sagte Oliver Knauf, Zugleiter der KG Rot-Weiß Lindlar – nicht zuletzt aufgrund dieser neuen Verordnung der Landesregierung. Dass diese erst so spät – nämlich im Herbst und damit fast in der laufenden Session – gekommen wäre, bezeichnete er als „etwas unglücklich“. Nicht zuletzt seien davon auch die mitlaufenden Gruppen betroffen. Laut Schoder sei diese Auflage wegen einiger Wagenunfälle bei Weinfesten in Rheinland-Pfalz dazugekommen und mache die Organisation nicht einfacher.
Steigende Kosten, weniger Teilnehmer
Beim RKV geht man zur Teilnehmergewinnung neue Wege. „Wir werden nun vermehrt Mitglieder von Sportvereinen zur Teilnahme als Fußgruppe animieren“, verrät die Schirrmeisterin. Denn man möchte dem sinkenden Trend rechtzeitig entgegenwirken und den Gästen auch in Zukunft einen „langen“ Umzug präsentieren. Sie geht davon aus, dass die Kosten für den Verein zur Durchführung gegenüber dem Vorjahr um etwa 2.500 Euro steigen – Wurfmaterial nicht eingerechnet.
Auch Philip Caucal, Präsident der Lindlarer KG, rechnet mit steigenden Kosten für den Umzug. Die Abnahmen der Karnevalswagen würden dabei die größten Kostensteigerungen ausmachen, was das Thema Sicherheit betrifft. Doch eins ist laut Tim Duisberg, dem Präsidenten der Karnevalsfreunde Schönenbach, auch klar: „Die Sicherheit der Zuschauer steht an erster Stelle.“
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