KULTUR

Mit „Es hört nicht auf!“ den Nerv der Zeit getroffen

krj; 27.04.2024, 11:40 Uhr
Fotos: Martin Szepat --- Kabarettist Wilfried Schmickler rockte Bergneustadt.
KULTUR

Mit „Es hört nicht auf!“ den Nerv der Zeit getroffen

krj; 27.04.2024, 11:40 Uhr
Bergneustadt - Wahrheits-Scharfrichter Wilfried Schmickler reiste um die Welt.

von Kathrin Roloff-Jamin

 

Im gut besuchten Krawinkelsaal in Bergneustadt erlebten die Zuschauer einen Freitagabend der Extraklasse. Der Kabarettist Wilfried Schmickler gab sich die Ehre, unterhielt sein Publikum mit kurzweiligen Anekdoten, Reimen und Zitaten, gespickt mit einer guten Portion Wahrheit: „Ich bin fest entschlossen, ihnen in den nächsten zwei Stunden Vergnügen zu bereiten“. Und das tat er, ungeschönt, ungeschminkt, bisweilen komisch und eben ehrlich. Schön aus dem Leben gegriffen bekamen unter anderem die Themen Politik, Corona oder die Deutsche Einheit ihr Fett weg.

 

Nachdem Schmickler sein „allerliebstes, liebstes Bergneustadt“ grüßte, bekam das Publikum gleich ein „Grußwort“ des Bundespräsidenten um die Ohren gehauen, dass mit „gemeinsam zusammenrücken, miteinander, füreinander, unter- und aufeinander“ endete. Und dann gab es gleich noch ein schmeichelndes „you are never walk alone“ und die berühmte Textzeile des Roy-Black-Schlagers „Du bist nicht allein, wenn Du träumst heute Abend“ hinterher.

 

Dem Publikum gefiel die gnadenlose Abrechnung des Kabarettisten mit Politikern und Parteien. So brachte das Thema „geistiges Eigentum“ oder „geklaute Texte“, wie Schmickler sagte, großartige Lachsalven hervor. Denn: „Wir wollen klarstellen, dass viel von dem, was ich von mir gebe, gar nicht von mir ist“. Und doch gibt es natürlich auch etwas, das von ihm ist: „Donald Trump ist im Schwarzwald unterwegs und sieht einen Burger King. Er geht hinein, stellt sich an und plötzlich drängelt sich jemand vor. Trump sagt zu ihm: Moment mal, America first! Darauf der Herr: Moment mal, ich bin Förster!“.

 

Beim Thema Stimmung wurde der Kabarettist politisch: „Klima ist eine Katastrophe, der Finanzminister demonstriert auf Sylt, dass er komplett oben ohne ist, Annalena Baerbock versucht, per Anhalter nach Berlin zu kommen und in Düsseldorf regiert ein Honigkuchenpferd im Konfirmationsanzug“. Immer wieder agierte Schmickler zwischen Tisch und Mikrofon, sang sogar über die „Irren und Idioten“. Sein Kampf gegen Ungerechtigkeiten im Land, gegen soziale Ungleichheit und gegen Hass und Intoleranz ist bekannt und da nahm er auch kein Blatt vor den Mund. Niemand soll hinterher sagen: „Wir haben das alles nicht gewusst“, sagte Schmickler und schoss gleich das Rudi Assauer-Zitat hinterher: „Wenn der Schnee schmilzt, sieht du wo die Scheiße liegt“.

 

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Er strapazierte wunderbar nicht nur die Lachmuskeln, sondern auch das Gehirn. Wenn er dann zum Thema Deutsche Einheit sagte: „Es wird Zeit, dass wir das dämliche Ossi- und Wessi-Gequatsche einstellen“ oder die Fähigkeit des Finanzministers Christian „Bambi“ Lindner infrage stellte, der einst sagte: „Lieber gar nicht regieren, als schlecht regieren“. Schmickler ergänzte mit „Heute macht er beides“.

 

40 Jahre Bühnenerfahrung haben Wilfried Schmickler einen besonderen Blick auf die Welt verliehen. Er sieht sich deshalb als Reisender in Sachen „Verfreundlichung der Welt“, der tut, was er kann: seriös unterhalten, gut gelaunt rumnörgeln, abendfüllend aufheitern, mit Text-Kaskaden, Schmäh-Tiraden und Spott-Gesängen. Der Kölner trifft mit seiner Show „Es hört nicht auf!“ den Nerv der Zeit und engagiert sich sozialpolitisch. Immer wieder äußerte er sich besorgt über rechtsextreme und rechtspopulistische Tendenzen.

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