KULTUR
Historisch-poetisches Porträt mit Sängerin Adrienne Haan
Bergneustadt - Im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ fand im Krawinkelsaal das Konzert „Tehorah“ statt.
Von Vera Marzinski
„In diesem Jahr feiern wir 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland und setzen mit diesem Konzert klar ein Zeichen gegen Antisemitismus“, sagte Sängerin Adrienne Haan anlässlich des Konzerts unter dem Motto „Tehora“ im Bergneustädter Krawinkelsaal. Ein musikalisch-poetisches und historisches Porträt über Liebe, Hoffnung und Vergebung mit Liedern jüdischer Komponisten und Librettisten auf Deutsch, Jiddisch und Hebräisch. Zur Erinnerung an die Gefallenen, Verbannten und Hinterbliebenen des Holocausts, aber gleichzeitig, um eine Zukunft anzustreben, in der die Welt und ihre Menschen in Frieden vereint werden.
„Tehorah“ bedeutet auf Hebräisch „rein“ und ist eine herzzerreißende, vielversprechende musikalische Geschichte über Krieg, Verlust, Hoffnung, Liebe und Vergebung. Veranstaltet wurde der Abend vom Schauspielhaus Bergneustadt und gefördert vom Bundesministerium des Innern. „Jüdisches Leben ist verbunden mit Schuld und Demut, aber es ist viel viel mehr“, sagte Bergneustadts Bürgermeister Matthias Thul. Dies sollte sich an diesem Abend noch zeigen. Die Eröffnungsrede hielt der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Dr. Felix Klein, der an diesem Abend auch die zweite Geige im Ensemble „Diplomatisches Streichquartett Berlin“ spielte.
[Dr. Felix Klein, Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung , betonte, dass der Konzertabend ein Zeichen der Hoffnung auf Frieden zwischen den Völkern setzen und ein historisch-poetisches Porträt zeichnen wolle.]
Fast alle Jüdinnen und Juden, deren Stücke sie vortrugen, haben die Shoah überlebt – doch viele andere seien der Vernichtungsmaschinerie nicht entkommen, betonte Klein. Mit Konzert solle man eine Ahnung davon erhalten, „was unser Land verloren hat - menschlich und kulturell.“ Der Antisemitismus sei vielerorts wieder spürbar, gerade deshalb müsse man an diese gefallenen und getöteten Menschen erinnern.
Lieder, die den Holocaust überlebten, voller Kraft, Lebendigkeit und Leidenschaft folgten in dem zweiteiligen Programm, leidenschaftlich interpretiert von Adrienne Haan. Friedrich Holländers „Ich weiß nicht, wohin ich gehöre“ und „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ ebenso brillant wie das „Deutsche Kabarett Medley“ oder Kurt Weills „Seeräuber-Jenny“ mit dem Text von Bertolt Brecht.
Vom grünen 1920er-Charleston-Kleid wechselte Haan nach der Pause zum noblen anthrazitfarbenen Abendkleid. Sehr gefühlvoll bot sie die teilweise melancholischen Lieder von Chava Albertstein, Sasha Argov und anderen auf Jiddisch, Hebräisch oder Deutsch dar. Begleitet von Benjamin Schaefer am Flügel und dem Diplomatischen Streichquartett mit Henriette Scheytt, Dr. Felix Klein, Ernst Herzog und Gabriella Strümpel. Beeindruckend auch „Lili Marleen“ in mehreren Sprachen – denn dieses Lied war die Hymne aller Soldaten, aller Länder, so die Sängerin.
[Benjamin Schaefer (v.li.), Henriette Scheytt, Dr. Felix Klein, Ernst Herzog, Adrienne Haan und Gabriella Strümpel.]
Adrienne Haan, die die deutsche und die luxemburgische Staatsbürgerschaft besitzt, zog nach dem Abitur nach New York City und absolvierte dort ihre Schauspiel- und Musicalausbildung an der renommierten American Academy of Dramatic Arts und an der Juilliard School. Haan ist weltweit mit einem Repertoire unterwegs, das die Musik der 1920er und 1930er Jahre, französische Chansons, Jazz, Blues, Klezmer bis hin zu Broadway-Klassikern sowie hebräische und andere internationale Lieder umfasst. Die international erfolgreiche Sängerin und Musikerin war nicht nur die Solistin, sondern ist auch verantwortlich für das Drehbuch und die Regie des Konzertes – uraufgeführt 2015 in der berühmten New Yorker Carnegie Hall.
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