LOKALMIX
„Da hängen Schicksale dran“
Gummersbach – Im Rahmen der „Black Week“ haben Mitarbeiter der Caritas heute in der Innenstadt demonstriert – Teilnehmer haben auf die Missstände im sozialen Bereich aufmerksam gemacht.
„Die Rahmenbedingungen für soziale Einrichtungen in NRW waren schon in der Vergangenheit selten ausreichend. Doch nun sind sie endgültig untragbar geworden“, sagte Caritasdirektor Peter Rothausen heute bei einer Demonstration der oberbergischen Caritas in der Gummersbacher Innenstadt. Ob die Mangelverwaltung, der Fachkräftemangel, Finanzierungslücken oder eine übermäßige Bürokratie: unterm Strich sei die Qualität und auch die Existenz sozialer Dienstleistungen bedroht.
Um auf die Probleme in der Wohlfahrts- und Sozialarbeit aufmerksam zu machen, sind am Vormittag rund 100 Mitarbeiter aus diversen Einrichtungen der Caritas durch die Innenstadt gezogen. Zum Großteil in schwarz gekleidet, gingen die Demonstrierenden in einem Trauerzug von der Wilhelmstraße zur Alten Rathausstraße und der Kaiserstraße hin zum Lindenplatz und über die Moltkestraße zurück zur Wilhelmstraße. Vorneweg trugen sie einen Sarg.
Steigende Kosten würden weniger Mitteln gegenüberstehen, mehr Arbeit weniger Arbeitskräften, mehr Bürokratie weniger Zeit und mehr Bedarfe weniger Angeboten. Deutlich gemacht wurde das bereits im vergangenen Oktober bei einer Großdemonstration vor dem Düsseldorfer Landtag (OA berichtete). „Die warmen Worte der Landespolitik reichen nicht aus, um die existenziellen Probleme zu lösen“, sagte Rothausen. „Bis jetzt ist nichts passiert. Langsam können wir nicht mehr. Das Defizit wird immer größer. Es geht um unsere Klienten, aber auch um unsere Arbeitsplätze.“
[Andrea Missbrandt (r.) und Jan Kaulisch arbeiten bei der Caritas und kritisieren die derzeitigen Rahmenbedingungen.]
Die gesamte soziale Infrastruktur stecke in einer bedrohlichen Krise. Überlastet seien die Mitarbeiter nicht zuletzt aufgrund des Fachkräftemangels. Ab 2026 dürfte sich die Situation mit dem Anspruch auf einen Platz in einer Offenen Ganztagsschule (OGS) verschärfen. „Wir brauchen ausreichend qualifiziertes Personal. Aber es ist immer noch nicht klar, wie dieser Anspruch finanziert werden soll“, sagte Renate Klinnert, die sich in Lindlar nicht nur in der SPD engagiert, sondern auch in der OGS Schmitzhöhe arbeitet. „Viele Eltern sind auf einen Platz angewiesen. Da hängen Schicksale dran“, so Klinnert.
Notwendig sei auch, dass die Attraktivität des Pflegeberufes erhöht werde. Dazu müssten unter anderem die Gehälter in der ambulanten und der stationären Pflege an die der Krankenhäuser angepasst werden. „Außerdem fordern wir mehr Zeit für eine menschliche Pflege“, so Rothausen. Die Pflege sollte nicht unter einem ständigen Zeitdruck stehen, der es kaum erlaube, auf die individuellen Bedürfnisse der Klienten einzugehen. „Die Pflege muss wieder menschlicher werden – und dafür brauchen wir bessere Rahmenbedingungen“, sagte der Caritasdirektor.
[Caritasdirektor Peter Rothausen (l.) hat mit der Abrissbirne die aufgebaute Mauer mit den „Bausteinen der Sozialen Arbeit“ umgestürzt.]
Veranstaltet wurde die Demonstration im Rahmen der landesweiten Kampagne „Black Week“ der LAG Freie Wohlfahrtspflege NRW, die in dieser Woche stattgefunden hat. Initiiert wurde sie von Mitarbeitern der Caritas. Nach dem Trauerzug versammelten sich die Demonstrierenden vor dem Treffpunkt „Mittendrin“, wo eine Mauer bestehend aus den „Bausteinen der Sozialen Arbeit“ symbolisch durch eine Abrissbirne zum Umsturz gebracht worden ist. Außerdem verbrannten die Teilnehmer Blätter, auf denen sie zuvor ihr jeweiliges Arbeitsgebiet geschrieben hatten. „Die soziale Infrastruktur bildet das Rückgrat der Gesellschaft“, sagte Rothausen. „Diese Missstände können und dürfen wir nicht länger hinnehmen.“
KOMMENTARE
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Eine sehr wichtige, NOTwendige Demonstration der Mitarbeiter*innen der Caritas!Die Missstände im gesamten sozialen Bereich sind schwerwiegend - es bedarf jetzt endlich einer Kehrtwende. Das, was seit langem von politisch Verantwortlichen "eingespart" wird, führt zu immer höheren Folgekosten. Es ist in höchstem Maße asozial und verantwortungslos gegenüber den Bedürftigen selbst wie den im sozialen Bereich Arbeitenden. Ich höre gerade parallel im DLF "Umverteilung des Reichtums"....in welche Richtung diese Umverteilung immer mehr geht, weiß jede*r Politiker*in. - Gerade in Zeiten wie diesen, in denen Rechtspopulistische bis Rechtsextreme auf dem "Vormarsch"(!) sind, müssen Demokrat*innen dafür sorgen, dass die sozialen Verwerfungen abgewendet werden - ALLE Solidarischen bitte auf die Straße
Cornelia Lang, 15.06.2024, 11:52 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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