LOKALMIX

„Das ist keine Gehaltserhöhung, sondern nur ein Inflationsausgleich“

pn; 22.02.2023, 11:11 Uhr
Fotos: Peter Notbohm.
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„Das ist keine Gehaltserhöhung, sondern nur ein Inflationsausgleich“

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pn; 22.02.2023, 11:11 Uhr
Oberberg – Im Rahmen der Warnstreiks der Gewerkschaft ver.di legten heute Krankenhaus-Beschäftigte an den Standorten Gummersbach, Waldbröl und Marienheide ihre Arbeit nieder.

Von Peter Notbohm

 

Vor der zweitägigen Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes kam es am heutigen Mittwoch auch im Oberbergischen zu Warnstreiks. Die Gewerkschaft ver.di hatte an den beiden Standorten des Klinikums Oberberg in Gummersbach und Waldbröl sowie an der psychiatrischen Klinik in Marienheide die Beschäftigten aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Die Organisatoren um Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff gingen von etwa 60 Teilnehmern aus.

 

Sie stehe hier noch einmal nicht für eine Gehaltserhöhung, sondern nur für einen Inflationsausgleich betonte Nicole Schrade, Stationsleitung der Palliativstation des Krankenhauses in Waldbröl: „Ich spreche nicht von einem angemessenen Gehalt, denn dann würde ich mehr als die 10,5 Prozent haben wollen!“ In den vergangenen Jahren sei für ihren Berufsstand viel geklatscht worden und es habe noch mehr Schulterklopfer gegeben, das fülle angesichts steigender Preise aber weder ihren Kühlschrank noch ihren Tank. Für sie liegt der Fehler im System: „In einem Sozialstaat sollte ein Krankenhaus keine Gewinne erzielen müssen.“

 

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Auch der Betriebsratsvorsitzender am Gummersbacher Krankenhaus Stefan Marzari sprach von einem wichtigen Zeichen in Richtung des Arbeitgebers: „Dass in der ersten Verhandlungsrunde behauptet wurde, es gebe kein Geld und uns noch nicht einmal eine Lohnerhöhung angeboten wurde, ist eine Frechheit. Gerade wenn es vor kurzem noch hieß, wie systemrelevant wir seien.“ Man erhoffe sich einen ähnlichen Abschluss, wie ihn zuletzt die IG Metall und IG Chemie erzielen konnten. Ansonsten drohe ein weiterer Aderlass in der Pflege: Immer mehr Beschäftigte suchen sich andere Jobs.

 

[Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff fordert mehr Lohn für die Beschäftigten.]

 

„Man spielt mit dem Beruf der Pflege. Das nutzt der Arbeitgeber auch aus“, meint Marzari. Es sei schwierig in einem sozialen Beruf in den Streik zu treten, „schließlich sind wir keine Maschinen, die man einfach abschalten kann. Wir müssen laut werden, um sichtbar zu sein“. Der Bevölkerung sei lange genug vorgegaukelt worden, dass jeder Beschäftigte den Pflegebonus erhalten habe. Er ist sich sicher, dass die Zustimmung unter den Beschäftigten wachsen wird, wenn die Politik nicht reagiert.

 

In den seit Januar laufenden Tarifverhandlungen fordert ver.di für die rund 2,4 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst ein Lohn-Plus von 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich mehr. Der Abschluss soll eine Laufzeit von zwölf Monaten haben. Die Arbeitgeber lehnen dies ab. Der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Niklas Benrath ließ bislang offen, wann es ein Angebot der Arbeitgeber geben wird. Die zweite Verhandlungsrunde findet am Mittwoch und Donnerstag statt. Ver.di-Chef Frank Werneke hat schon eine Urabstimmung über einen Streik zur Erzwingung der Forderung in den Raum gestellt, falls die Verhandlungen in der dritten Runde Ende März scheitern sollten.

 

Am Kreiskrankenhaus machte sich der Streik bereits heute bemerkbar. Im Vorfeld hatte es – wie üblich - eine Notdienstvereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und dem Sprecher von ver.di gegeben. „Die Notfallversorgung ist gewährleistet. Elektive Operationen wurden im Vorfeld verschoben. Die Patienten wurden darüber rechtzeitig informiert“, hieß es von einer Sprecherin des Klinikum Oberberg.

KOMMENTARE

1

Nur so geht es! Ich bin froh, dass die Betroffenen auf sich aufmerksam machen, um etwas zu verändern. Die Zustände in Deutschland sind beschämend! Der Beruf der Schwestern, Pfleger und Ärzte gehört zu den wichtigsten überhaupt und sollte anständig entlohnt werden. Zudem müssten die Kliniken ihre Gewinne offenlegen müssen, so dass transparent wird, in welche Quellen die Gelder der Krankenkassen fließen.

Petra Welter, 22.02.2023, 12:03 Uhr
2

Mich wundert es immer wieder, wie schnell es zu einer Einigung kommt, wenn am Flughafen gestreikt wird! Egal welche Berufsgruppe, sobald nicht mehr reibungslos geflogen werden kann, gibt es sehr schnell , sehe viel mehr Geld! In der Pflege dümpeln wir immer im niedrigen einstelligen Bereich herum, der dann auch noch auf mindestens 2 Jahre verteilt wird! Es gibt einfach keine Lobby solange Politiker nicht wie der Normalbürger behandelt werden und für die immer sofort Behandlung und Hilfe mit allem Komfort bereitstehen. Die werden niemals 4 Stunden in der Notaufnahme sitzen oder ein halbes Jahr auf einen Arzttermin warten, da wird sofort gesprungen und von Notstand keine Spur!! Aber Hauptsache es wird geklatscht, damit ist der Pflege sehr geholfen.

Anja Baumert, 22.02.2023, 17:20 Uhr
3

Auch im Gesundheitsektor müssen sich die Kollegen organisieren und in die Gewerkschaften eintreten. Nur so kann Protest in die Politik und auf die Staße getragen werden. Der Druck auf die Arbeitgeber muss durch Arbeitskampf erfolgen. Sonst wird in 100 Jahren noch geklatscht.

Christian Baumann, 23.02.2023, 10:03 Uhr
4

Ich kann meinen beiden Vorrednerinnen nur zustimmen.
Es ist mehr als traurig wie hier mit wichtigen Berufszweigen umgegangen wird. Und es zeigt natürlich einmal mehr die unverhohlene Doppelmoral in diesem Land und unserer Politiker.
Mein Verständnis und meine Unterstützung haben Sie auf alle Fälle.

Nicht in der Pflege tätig, 23.02.2023, 13:01 Uhr
5

In anderen Ländern bringt man den Personen in diesem Berufs Bereich unter anderem auch Respekt in Form einer ehrlichen Bezahlung entgegen. Die Abwanderung der Fachkräfte ist ja dadurch überall sichtbar. Wieso frage ich mich braucht es überall Überdurchschnittlich Verdienende Vorstände ?
Das was hier in Deutschland im Gesundheitswesen abläuft ist einfach nur ein Schande.

Ehemaliger Patient, 23.02.2023, 19:30 Uhr
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