LOKALMIX

„Die Apotheken werden kaputtgespart“

ks; 12.06.2023, 21:50 Uhr
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Fotos: Sebastian Gissinger --- Am Mittwoch bleiben fast alle Apotheken im Oberbergischen geschlossen.
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„Die Apotheken werden kaputtgespart“

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ks; 12.06.2023, 21:50 Uhr
Oberberg – Am kommenden Mittwoch findet ein bundesweiter Protesttag statt – Rund 95 Prozent der oberbergischen Apotheken bleiben geschlossen.

Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung hat die ABDA als Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände den 14. Juni zum Protesttag erklärt. Zahlreiche Apotheken werden am kommenden Mittwoch geschlossen sein – auch im Oberbergischen. „Wir streiken nicht dafür, dass Apotheker mehr Geld kriegen. Wir protestieren dafür, dass genug Geld da ist, um eine vernünftige und wohnortnahe Versorgung der Patienten zu gewährleisten – auch in Zukunft“, sagte Sebastian Gissinger auf Nachfrage von OA. Der Kreisvertrauensapotheker im Oberbergischen wird deutlich: „Es geht um den Erhalt der Apotheken.“

 

Gissinger (Bild) führt zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester die Hirsch-Apotheke in Engelskirchen-Ründeroth – und damit laut eigener Aussage die älteste Apotheke im Oberbergischen. Eröffnet im Jahr 1789 sei diese seit 1902 im Familienbesitz, wird von den Gissingers in vierter Generation geführt.

 

„Rund 300 bis 500 Produkte, die wir sonst vorrätig hatten, haben wir jetzt nicht mehr“, sagte Gissinger in Bezug auf die Lieferengpässe. Während der Pandemie sei von den Apothekern noch Vieles abgefangen worden. „Aber seit einem Jahr ist es ganz extrem – insbesondere was Antibiotika und Fiebermittel für Kinder angeht.“ Damit einher gehen neben einem zusätzlichen Aufwand auch Mehrkosten: Gissinger spricht von 425 Millionen Euro, pro Jahr, deutschlandweit – Zeit, die nicht vergütet wird.

 

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Das Honorar der Apotheken bestehe zu einem wesentlichen Anteil aus einem Festbetrag, der die laufenden Kosten abdecken soll. Dieser Festbetrag sei seit nunmehr zehn Jahren nicht mehr angepasst worden, trotz der zwischenzeitlich immens gestiegenen Kosten. Die Apotheken seien so von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung abgekoppelt. Dies sei inzwischen existenzgefährdend. „Alle 17 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke“, sagte Gissinger – bundesweit so viele wie nie zuvor. Auch im Oberbergischen habe es laut Gissinger vereinzelt Schließungen gegeben: „Ähnlich wie bei Ärzten ist es auch für manche oberbergischen Apotheker schwierig, einen Nachfolger zu finden.“ Darüber hinaus kritisiert der Ründerother auch einen zu hohen bürokratischen Aufwand.

 

Derzeit gebe es im Oberbergischen dem Experten zufolge 62 Apotheken. Am Protesttag werden sich laut Gissinger rund 95 Prozent aller Apotheken im Kreis beteiligen. „Die Apotheken werden kaputtgespart. Für uns ist so kein ordentliches Arbeiten mehr möglich“, sagte der Kreisvertrauensapotheker. Dabei sei der Rückhalt diverser Rückmeldungen zufolge enorm – nicht nur unter Patienten, sondern auch unter Ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung. Sorgen hingegen macht Gissinger zudem der Fachkräftemangel, den es auch in seiner Branche gebe: „Dabei wird der Bereich extrem wachsen. Doch mit zu wenig Personal und einer zu geringen Apothekendichte werden wir die Menschen irgendwann nicht mehr versorgen können.“

 

Gissinger empfiehlt im Hinblick auf den Protesttag, dass sich Patienten ihre Medikamente vorausschauend an anderen Tagen besorgen und Fragen an die Apotheker möglichst vor oder nach dem Protesttag klären sollten. Die Notversorgung werde am Protesttag durch Notdienstapotheken gewährleistet. „Allerdings haben diese nicht regulär geöffnet, sondern sind nur im Notdienst tätig“, betonte Gissinger. Der Notdienst wird am Mittwoch von der Apotheke am Bernberg in Gummersbach, der Adler-Apotheke in Wiehl, der Montanus Apotheke in Lindlar und der Apotheke in Wildbergerhütte in Reichshof übernommen. Weitere Infos zum Notdienst sind über die Website www.aponet.de zu finden.

KOMMENTARE

1

Kaputtgespart? Naja liebe Apotheker... ich kaufe sicher sehr gerne vor Ort und regional ein, aber gerade bei den Apotheken sind die Preisunterschiede zum Onlinehandel oft schier unglaublich bis zu 300%. Klar die haben kein Ladengeschäft und teures Fachpersonal, verdienen aber ja auch noch etwas. Deshalb ist das mimimi der Apotheker für mich nicht nachvollziehbar, nur weil ihr langjährig riesiger Kuchen jetzt etwas beschnitten werden soll.

Werner Leichelt, 13.06.2023, 09:19 Uhr
2

Die Apotheken jammern auf hohen Niveau. Ich bestelle vieles bei Versandapotheken, eben weil unsere Apotheken so teuer sind. Es gibt noch genug Apotheken.

Uwe Märtens, 13.06.2023, 10:18 Uhr
3

In Bezug auf frei verkäufliche Medikamente verdienen stationäre Apotheken jedenfalls mehr als genug. Dafür reicht ein Blick rüber zu den Online-Apotheken, die das gleiche Produkt mit Preisabschlägen von 30-50% verkaufen und auch noch für kleines Geld oder gar kostenlos versenden.

Tobias Schneider, 13.06.2023, 11:26 Uhr
4

Über die im Artikel besprochenen Probleme kann man gerne eine Lösung finden, aber nicht wenn es im Moment dringlichere Probleme in unserem Land gibt. Das sind alles lediglich Luxusprobleme. Viel wichtiger ist die ausreichende Versorgung mit Medikamenten. Zu dem viel besprochenen Fachkräftemangel(den jede Branche plagt) möchte ich sagen, dass ich es auch nicht für sinnvoll und rentabel halte, dass jeder Ort mehr als eine Apotheke benötigt. So gibt es Ründeroth neben der Hirsch-Apotheke auch noch eine weitere Apotheke. Das selbe Spiel auch in Engelskirchen oder Dieringhausen. Eine reduzierte Ladenzahl in Kombination mit gekürzten Öffnungszeiten und evtl. einer 4-Tage-Woche ist sicherlich keine Patentlösung aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Ründerother, 13.06.2023, 23:01 Uhr
5

Liebe Apotheker,
ihr hattet die höchsten Preise in der Coronazeit für FFP 2 Masken.
Mein Bedauern hält sich sehr in Grenzen.

heinz, 14.06.2023, 08:45 Uhr
6

Schon mal eine/n armen Apotheker/in kennengelernt? Nö? Ich auch nicht. Kenne nur Eigenheimbesitzer und Hybrid-SUV-Fahrer. Dieses mimimi der Privilegierten, die dann auch noch die Patienten für ihre Jammern auf höchstem Niveau vereinnahmen wollen: "Wir streiken für euch!" - äh, nein danke. Nicht in meinem Namen.

Bernhard, 15.11.2023, 16:27 Uhr
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