LOKALMIX
Auf neuen Wegen zur besseren Patientenversorgung
Oberberg – Nächste Phase bei „Oberberg FAIRsorgt“ startet im April – Interessierte Pflegebedürftige dürfen sich melden – Ein Ziel: Menschen wohnen länger in den eigenen vier Wänden.
Von Lars Weber
Einen langen Atem mussten alle Beteiligten von „Oberberg FAIRsorgt“ bis heute beweisen, nun wird es langsam richtig spannend. Schon seit 2016 ist das Projekt in der Verwaltung des Oberbergischen Kreises Thema. Von Anfang an ein Ziel: Die Beteiligten aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich zu vernetzen, um es pflegebedürftigen Menschen möglichst lange zu ermöglichen, zu Hause zu leben. 2018 wurde ein Förderantrag beim Innovationsfonds des Bundes eingereicht, der Anfang 2019 positiv beantwortet wurde. Das Fördervolumen: stolze 11,2 Millionen Euro. Die Vorbereitung der Versorgungsphase hat auch aufgrund der Pandemie etwas länger gedauert. Nun soll es im April losgehen, wie unter anderem Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach und Projektleiterin Dr. Jessica Möltgen heute ankündigten.
Wer und was steckt hinter dem Projekt?
Neben dem Oberbergischen Kreis sind das Klinikum Oberberg, die AOK Rheinland-Hamburg, die Uni Köln und das Projektmanagement HRCB dabei. Hinzu kommen Ärzte, Geriatrien, ambulante Pflegedienste, Ergo- oder Physiotherapeuten oder auch Apotheken, die mitmachen können und sich miteinander vernetzen, um dem demografischen Wandel, dem Ärzte- und Fachkräftemangel in ländlichen Regionen und der teils defizitären Versorgung einen neuen Weg der Patientenversorgung entgegenzuhalten.
Rund 850 akut oder latent pflegebedürftige Patienten können bei „Oberberg FAIRsorgt“ mitmachen, die in drei Phasen versetzt ins Projekt starten. Jedem Patienten wird ein Fallmanager zur Seite gestellt, der als direkter Ansprechpartner fungiert. Zwischen zwölf und 15 Monaten läuft die Betreuung bis September 2022, alles wird genau dokumentiert und anschließend in der Evaluationsphase bis Mitte 2023 bewertet.
Was bedeutet das für die Teilnehmer?
Auf jeden Patienten soll ein Versorgungsplan genau zugeschnitten werden. Zu Beginn gibt es deshalb einen ausführlichen Gesundheitscheck, bei dem alles auf dem Prüfstand steht, zum Beispiel auch die Einstellung mit Medikamenten. Dabei tritt der Hausarzt mit anderen Beteiligten wie dem ambulanten Pflegedienst in Kontakt, man tauscht sich aus und entscheidet gemeinsam, welches die optimale Versorgung ist. Unter anderem können Werte wie Blutdruck oder Gewicht täglich überprüft und bei Abweichungen schnell reagiert werden. So sollen etwa Krankenhausaufenthalte oder auch Krankentransporte reduziert werden, weitere Kernziele von „Oberberg FAIRsorgt“.
Der Fallmanager der Patienten, laut Dr. Möltgen „Kernstück des Projekts“, bespricht mit diesen jeden Schritt genau und versucht auch auf Wünsche einzugehen. Sieben dieser Fallmanager wird es geben. Eine weitere Besonderheit für die Patienten und deren Angehörige: Es gibt eine spezielle Telefonnummer, mit der auch außerhalb der Sprechzeiten ein Arzt zur Verfügung steht. Dieser weiß über die Patienten Bescheid. Möglich macht das eine digitale Plattform, in der datengeschützt alle medizinischen Informationen der Patienten zusammenlaufen können. Der Patient hat dabei volle Kontrolle darüber, welche Daten verarbeitet werden.
Wo liegen für Ärzte und andere Teilnehmergruppen die Vorteile?
Dr. Ralph Krolewski, Vorsitzender des Oberbergischen Hausärzteverbands, freut sich über die weitere Vernetzung der Akteure. Die Berührungspunkte zwischen Ärzten, Pflegediensten oder Ergotherapeuten gebe es heute schon, über das Projekt kann über die Plattform aber besser zusammen, zielführender und zeitsparender gearbeitet werden, was bei überfüllten Praxen wichtig sei. Den besseren Austausch sieht auch Uwe Söhnchen, der Pflegedienste im Oberbergischen betreibt, als großen Vorteil. Gleichzeitig bekommen die Patienten durch die Fallmanager mehr Fürsorge und Zuwendung, so Dr. Krolewski. Auch dadurch, so Söhnchen, werden Angehörige etwas entlastet, die nicht vergessen werden sollten.
Dr. Achim Viktor, Kardiologe am Klinikum Oberberg, ist davon überzeugt, dass schon alleine durch die Transparenz bei der Medikamentenvergabe den Patienten einige Krankenhausaufenthalte erspart bleiben könnten. Hinzu komme unter anderem durch den direkten Draht zu Ärzten über das Telefon, dass auch Rettungsdienste entlastet werden. Nicht zuletzt werde die Versorgungslandschaft im Oberbergischen so vernetzt, wie es vorher nicht der Fall war. Ralf Schmallenbach weist darauf hin, dass der Erfolg des Projekts vor allem am Zugewinn der Betreuung der Menschen gemessen werden sollte und nicht daran, wie viel vielleicht die Krankenkasse einspart.
Wer kann teilnehmen? Und wie?
Möglich ist die Teilnahme für Menschen, die akut oder latent pflegebedürftig sind, also einen Pflegegrad oder eine chronische Erkrankung haben, die zu dauerhafter medizinischer oder pflegerischer Versorgung führt. Die Teilnehmer müssen älter als 65 Jahre sein, im Oberbergischen Kreis wohnen und bei der AOK Rheinland/Hamburg versichert sein. Laut einer Erhebung erfüllen rund 18.000 Oberberger diese Voraussetzungen, sodass die anvisierten rund 850 Teilnehmer zügig zusammenkommen sollten. Neben den anderen Faktoren ist es entscheidend, dass der jeweilige Hausarzt bei „Oberberg FAIRsorgt“ auch mitmacht.
Wer Interesse an dem Projekt hat, kann sich direkt an den jeweiligen Hausarzt wenden oder auch an das Team von „Oberberg FAIRsorgt“. Weitere Informationen inklusive erklärender Videos und Kontaktdaten gibt es hier.
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