LOKALMIX
Coronavirus: Bürgertelefon klingelt alle zwei Minuten
Oberberg – Das Bürgertelefon im Gummersbacher Kreishaus dürfte derzeit eine der meistangerufenen Telefonnummern im Kreis sein – Oberberg-Aktuell blickte hinter die Kulissen.
Von Peter Notbohm
Sie sind wahre Kommunikationsweltmeister, die 27 Frauen und drei Männer, die sich seit Donnerstag vergangener Woche am Bürgertelefon des Oberbergischen Kreises um die Sorgen, Nöte und Fragen der oberbergischen Bürger im Zusammenhang mit dem Coronavirus kümmern. Am heutigen Freitagmorgen klingelte das Telefon zwar auch immer wieder, im Vergleich zum gestrigen Ansturm auf die Leitungen des Kreises wirkte das aber fast schon wie ein laues Lüftchen.
Nachdem die vorsorgliche Schließung der Schulen in Eckenhagen und Marienheide und der Kindertagesstätte „Arche“ in Marienheide öffentlich gemacht worden war, hatte das zehnköpfige Team innerhalb von zwei Stunden über 100 Anrufe zu bearbeiten – am Ende des Tages waren es über 300 geführte Telefonate. Das Spektrum der Fragen ist dabei weit gestreut: Meldeten sich zur Einrichtung des Bürgertelefons vergangene Woche vor allem noch viele Italien-Skiurlauber, wollen die Menschen mittlerweile wissen, wie sie sich in einzelnen Fällen verhalten sollen, wo sie sich testen lassen können, was man vorsorglich unternehmen kann oder wie es mit der Krankschreibung aussieht. Aber nicht nur Bürger holen sich Rat, auch das Marienheider Rathaus gehörte gestern zu den Anrufern und auch viele Arbeitgeber wollen wissen, wie sie mit dem Virus in ihren Firmen umgehen sollen.
Zu Spitzenzeiten sitzen bis zu zehn Mitarbeiter an den Apparaten, dazu kommt ein Leiter, der die eingehenden Anrufe bündelt und koordiniert. Die Frequentierung des Bürgertelefons hängt dabei auch von den täglichen Veröffentlichungen der Pressestelle des Kreises sowie den allgemein kursierenden Gerüchten ab. Dem Bürgertelefon kommt dabei eine Art Pufferfunktion zu, denn gesundheitsspezifische Fragen werden schnell an das zuständige Gesundheitsamt weitergeleitet: Wurden zu Beginn noch etwa ein Drittel aller Anrufe an die dortigen Telefone durchgestellt, ist es mittlerweile etwa jeder zweite Anruf, da diese immer fachspezifischer werden.
Myriam Moro ist eine der Mitarbeiterinnen, die die Gespräche entgegennimmt. Sie und die meisten ihrer Kollegen sind normalerweise für das Jugendamt tätig, arbeiten unter der Woche in zwei Schichten und sind durchaus krisenerprobt. Denn bei aller Ernsthaftigkeit, die bei den Telefonaten herrscht, auch der Humor kommt bei ihnen trotzdem nie zu kurz. „Männer werden hier gerne gesehen“, witzelt eine Mitarbeiterin mit Blick auf das deutliche Frauenübergewicht an den Apparaten. Den Risikozettel mit dem Fragenkatalog kennt inzwischen jeder auswendig – ein Update durch das Gesundheitsamt erhalten sie trotzdem zwei Mal täglich.
Verwundert zeigt man sich im Raum darüber, wie unterschiedlich das Thema Coronavirus in den Kreisen behandelt wird. Während der oberbergische Kreis mit Einrichtung des Krisenstabes NRW-weit als erster Kreis ein Bürgertelefon angeboten und damit eine Vorreiterrolle eingenommen hat, herrsche bei manchem Nachbarkreis durchaus noch Nachholbedarf. Ob das auch der Grund ist, warum nicht nur oberbergische Bürger, sondern auch Menschen aus anderen Kreisen sich im Gummersbacher Kreishaus melden? Anfang der Woche habe es sogar einen Anrufer aus Hamburg gegeben, der sich informieren wollte und nach einer Google-Suche beim hiesigen Bürgertelefon gelandet war.
Auch Landrat Jochen Hagt lobt die Mitarbeiter für ihr hohes Engagement und die gute Arbeit: „Wir nehmen die Sorgen unserer Bürger ernst und wollen damit die Möglichkeit bieten, Informationen aus erster Hand zu erhalten.“ Im Internet gebe es zwar mittlerweile auf jeder zweiten Seite Quellen und Verhaltenshinweise, „aber Menschen sprechen immer noch lieber mit Menschen.“ Der Kreis orientiere sich eng an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und auch bei der Bevölkerung herrsche ein hohes Level an Sensibilität für das Thema. Ein Bürgertelefon werde schließlich nur äußerst selten eingerichtet – zuletzt war dies beim Großbrand einer Lagerhalle in Radevormwald im September 2018 der Fall.
Dass nicht jede Frage unmittelbar beantwortet werden und es manchmal zu Wartezeiten kommen kann, dafür erbittet man sich aber auch Verständnis. Gerade beim Gesundheitsamt führe man sehr individuelle Anamnesegespräche, „in denen wir nichts übersehen wollen“, wie Kaija Elvermann, Leiterin des Gesundheitsamtes des Oberbergischen Kreises, sagt. Stand heute Morgen gelten weiterhin fünf oberbergische Mitbürger gemäß den Kriterien des Robert-Koch-Instituts offiziell als mit dem Virus infiziert – in allen Fällen zeigen die Patienten aber nur milde Symptome.
Aus Vorsichtsmaßnahme befindet sich zudem derzeit eine dreistellige Zahl an Menschen im Kreisgebiet in (häuslicher) Quarantäne. Mit diesen versuchen die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes in „engmaschigem Kontakt“ zu bleiben. „Denn wir wollen Niemanden alleine lassen“, sagt Elvermann. Das ist auch Landrat Jochen Hagt wichtig: „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit und dabei unterstützen uns auch die Mitarbeiter am Bürgertelefon mit ihrer guten Arbeit.“
Das Bürgertelefon des Oberbergischen Kreises kann unter Tel.: 02261/88 38 88 bis auf Weiteres zu folgenden Zeiten erreicht werden:
• Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr
• Samstag und Sonntag, 12 bis 18 Uhr
Die Kreisverwaltung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass am Bürgertelefon keine individuelle medizinische Beratung zum Coronavirus stattfinden kann. Insbesondere bei Fragen zu einer möglichen Infektion müsse ein Arzt kontaktiert werden, wo Patienten Informationen zum weiteren Vorgehen erhielten.
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hat darüber hinaus ein Bürgertelefon zum Coronavirus unter der Nummer 0211/855 47 74 geschaltet.
KOMMENTARE
1
Corona rauf und runter, ich stelle gerade eines fest, siebenundzwanzig Frauen und drei Männer, für mich als Mann ist klar, wer kompetent ist und Probleme lösen kann ... Frauen, zu den Gedanken igendwelcher Machos, das ist ernst gemeint
Harrry, 06.03.2020, 20:16 Uhr2
Sollten sie sich doch demnächst auch mal SO,um in Not geratene Kinder sorgen....
MdotL, 07.03.2020, 07:16 Uhr3
Man kann es nicht mehr hören und viele Leeute drehen total am Rad. Es werden Hamsterkaufe getätigt, die sinnlos sind, vieles wird abgesagt oder geschlossen. In meinen Augen wird hier maslos übertrieben und unötig Panik verbreitet. Es ist ein normaler Virus, wie jeder andere auch. Bei der Grippe, die zur Zeit um Umlauf ist, sind schon um die 200 Personen gestorben, 2,9 Millionen sind in Behandlung, hiervon hört man kaum etwas.
Hans, 08.03.2020, 06:19 Uhr4
In Anbracht der meines Erachtens recht ernsten Sitaution sollten sich die Verfasser 1 und 2 ihre Kommentare sparen und vielleicht mal fragen, wieviel nachgewiesende Fälle es im Oberbergischen gibt, welche Übertragungswege ermittelt wurden und wieviele Menschen konkret sich in häuslicher Quarantäne befinden und welche Orte besonders betroffen sind???
PL, 08.03.2020, 11:54 Uhr5
Lieber Hans, hoffentlich haben Sie recht. Ich befürchte jedoch, dass Sie mit Ihrem Relativieren falsch liegen werden. Schauen Sie nach Italien und andere Länder. Hören Sie mal genau hin, was Wissenschaftler sagen ... so einfach, wie Sie meinen, wird es nicht werden..
PL, 08.03.2020, 19:33 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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