LOKALMIX

„Das Loslassen fällt schwer“

ls; 08.03.2025, 12:00 Uhr
Foto: Leif Schmittgen --- Peter Rothausen räumt sein Büro und schwelgt dabei mit OA in Erinnerungen.
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„Das Loslassen fällt schwer“

ls; 08.03.2025, 12:00 Uhr
Oberberg - Seit 1988 ist Peter Rothausen für die Caritas im Einsatz, davon 27 Jahre als Chef - Am 4. April sagt er altersbedingt Adieu - Ein Rückblick mit Höhen, Tiefen und Kuriositäten.

Von Leif Schmittgen 

 

Zurzeit ist auch der oberbergische Caritasverband von Kürzungen betroffen, unter anderem steht die Existenz des Möbelkaufhauses auf der Kippe (OA berichtete). Eine der wohl schwersten beruflichen Stunden von Peter Rothausen zum Abschied, den er sich wahrlich anders vorgestellt hat. Diesen bangen Zeiten stehen aber auch freudige Ereignisse bevor. Rothausen hofft, dass seine Verabschiedung im neuen Pfarrsaal zwischen Seniorenheim und St. Franziskus-Kirche stattfinden kann, denn die Eröffnung würde den Abschluss seines beruflichen Lebenswerks bilden. 

 

OA schaut vor dem Abschied zurück auf eine lange Laufbahn im „Dienste für den Menschen“, die ihren beruflichen Anfang in der Leimicke in Gummersbach-Dümmlinghausen nahm. In Bergneustadt geboren, wuchs Peter Rothausen nur einen Steinwurf von der Grenze zur „Feste“ entfernt auf. „Dort wohnten sowohl Lehrer als auch Arbeiter“, erinnert sich Rothausen an einen dörflichen Schmelztiegel der 1960er-Jahre. Immer mal wieder kam es zu Reibereien verschiedener Lager. Der junge Rothausen sprang als Schlichter oft in die Bresche und beruhigte die „Streithähne“. „Wahrscheinlich liegen dort die frühen Wurzeln meiner sozialen Ader“, sagt er mit einem Schmunzeln. Dem Besuch in der damaligen Volksschule folgte der Gang auf die Hauptschule in Derschlag. Zunächst schien Rothausens beruflicher Weg sich weit weg von einer sozialen Tätigkeit zu ebnen.

 

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Er entschied sich zunächst dazu, den damaligen Beruf des Drehers zu ergreifen und holte in Wipperfürth und Dieringhausen Schulabschlüsse von Mittlerer Reife und Abitur mit der Fachrichrichtung Maschinenbau nach. Nach dem Beginn einer Lehre merkte Rothausen schnell, dass er eine andere Richtung einschlagen musste, um zur inneren Zufriedenheit zu gelangen, und begann 1982 das Studium zur Sozialpädagogik in Köln, das er mit dem Diplom abschloss.

 

„Ich hatte einen guten Draht zu einem Professor“, beschreibt er seinem beruflichen Praxiseinstieg. Denn er vermittelte dem Absolventen einen Kontakt zur Stadt Leverkusen, nachdem Rothausens Anerkennungsjahr bei einer Gummersbacher Einrichtung wegen persönlicher Differenzen kurzerhand beendet wurde. Doch Rothausens Ausflug in die Chemiemetropole sollte nur von kurzer Dauer sein. Denn schon bald heuerte der Gummersbacher zunächst in Engelskirchen an, wo er 1988 mit dem Aufbau eines Jugendzentrums betraut wurde. „Mich als Berufsanfänger mit einer solchen Aufgabe zu betrauen, macht mich bis heute froh“, beschreibt der 66-jährige einen seiner beruflichen Höhepunkte.

 

Ein weiterer war sicherlich die Ernennung zum Caritasdirektor zehn Jahre später, nachdem er sich bei der Jugend mit der Durchführung von regelmäßigen Discoveranstaltungen beliebt gemacht hatte. „Damals kamen bis zu 600 Leute“, schwärmt er. Für  seinen Arbeitgeber Caritas setzte Rothausen Projekte in Lindlar und Nümbrecht erfolgreich um, sodass die damalige Chefetage schnell auf den emsigen Sozialarbeiter aufmerksam wurde und sein beruflicher Aufstieg seinen Lauf nahm.

 

Das wohl langlebigste Projekt war für den Macher die Konzeption des vor einigen Monaten eröffneten Seniorenzentrums „St. Elisabeth“ im Herzen von Gummersbach (OA berichtete). Die eingangs erwähnte Einweihung zum Abschluss wäre das Sahnehäubchen in Rothausens Laufbahn. Für den Erhalt der Einrichtung möchte der scheidende Direktor bis zum letzten Arbeitstag und darüber hinaus kämpfen: „Ich verzichte gerne auf Geschenke zum Abschied und bitte deshalb jeden meiner Gäste für die Fortführung der Kaufhäuser zu spenden“, so sein Herzenswunsch.

 

In einer ähnlichen Situation wie heute sei man vor rund 20 Jahren gewesen, als man durch die Hartz IV-Reform etliche Projektgelder verlor. „Damals musste ich betriebsbedingte Kündigungen aussprechen“, beschreibt Rothausen die seinerzeit notwendigen Entscheidungen als die schwärzeste Stunde seiner Laufbahn. Rothausen blickt aber auch auf Kurios-Lustiges zurück: Bei einem Klientenbesuch, der wegen Schulden in Beugehaft saß, musste er austreten und schloss nichts ahnend die Toilettentür hinter sich. Im Gefängnis ließ sich diese sicherheitsbedingt allerdings nicht mehr öffnen. „Nach rund 20 Minuten wurden meine Hilferufe erhört und ich wurde befreit“, erzählt er lachend.

 

Rothausen hinterlässt seinen Nachfolgern eine große Aufgabe. „Ich hoffe, dass Gelder in den nächsten Jahren wieder verstärkt den Menschen zugutekommen und nicht für administrative Zwecke aufgewendet werden müssen“, so sein frommer Wunsch. Er selbst habe sich immer vom Glauben leiten lassen und während seiner Tätigkeit Verzicht geübt, zum Beispiel auf teure Dienstwagen verzichtet und das Geld für bedürftige Menschen starkgemacht. „Ich wollte mich immer für andere einsetzen und dabei unbedingt für die Kirche arbeiten“, sagt Rothausen, der auch deshalb mehreren Abwerbeversuchen anderer Institutionen standgehalten und der Caritas die Treue gehalten habe.

 

Mehr und mehr Erinnerungen verschwinden während des Gesprächs vom Schreibtisch gen Aktenvernichter. „Heute ist ja alles digital und meine Aufzeichnungen werden nicht mehr benötigt“, sagt er schwermütig. Er geht mit weinenden Augen in den Ruhestand, wohlwissend, dass er neuen Ideen Platz machen muss. Einen Schritt in die Digitalisierung hat der alte Chef noch angestoßen: Die Live-Übertragung von Gottesdiensten in die Zimmer der immobilen Bewohner: „Umsetzen aber müssen das andere."

 

Im April plant Rothausen Urlaub an der Nordsee, um sich anschließend Gedanken um ein mögliches ehrenamtliches Engagement zu machen, um sich weiterhin für andere Menschen einzusetzen. Nach der offiziellen Verabschiedung feiert Peter Rothausen mit Kollegen und „seinen“ ehemaligen Jugendlichen übrigens am alten Standort in Engelskirchen, ein DJ wird dort am Abend der alten Zeiten wegen auflegen.

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