LOKALMIX

Die Engel von der Intensivstation

bv; 24.12.2020, 14:00 Uhr
Fotos: Krankenhaus Gummersbach --- Alle Hände voll zu tun hat auch an den Weihnachtstagen Intensivpfleger Thomas Wolbert im Gummersbacher Krankenhaus.
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Die Engel von der Intensivstation

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bv; 24.12.2020, 14:00 Uhr
Oberberg - Die Corona-Pandemie ist auch für das Pflegepersonal enorm belastend - Thomas Wolbert, Stationsleiter am Gummersbacher Krankenhaus, berichtet von seinem etwas anderen Weihnachtsfest (mit VIDEO).

Von Bernd Vorländer

 

Sich vom Duft eines Weihnachtsessens betören und die Leckereien auf der Zunge zergehen lassen, das Fest der Feste mit allen Corona-bedingten Einschränkungen dennoch genießen. Zusammensein mit denen, die man liebt, auftanken, sich an Kleinigkeiten erfreuen. Für viele von uns ist das selbstverständlich. Für andere sind das  fromme Wünsche, denn ihr Plan weist für die Festtage Arbeit aus. Das gilt für Polizisten, Feuerwehrleute, Pflegekräfte - und für Thomas Wolbert. Er hat eine besonders herausfordernde und verantwortliche Tätigkeit, ist er doch an allen drei Weihnachtstagen auf der Intensivstation des Gummersbacher Krankenhauses im Dienst.

 

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Und dort ist die Corona-Pandemie eben nicht nur ein sachlicher Bericht im Fernsehen oder eine Schlagzeile in der Zeitung, sondern der Kampf von Menschen, die mit dem Tod ringen - jeden Tag. Ein emotionaler Ausnahmezustand für alle, die unmittelbar beteiligt sind, natürlich für die Familien, aber auch für die Ärzte, die Pflege- und Reinigungskräfte. Der Tod hängt immer wie ein Damoklesschwert über der Arbeit auf einer Intensivstation. "Das ist belastend, das geht nicht spurlos an einem vorüber", sagt Thomas Wolbert leise.

 

 

Demut ist demnach das eine, der Kampf um Leben das andere. Von den 14 Intensivbetten im Gummersbacher Krankenhaus sind bis zu acht mit Corona-Patienten belegt. Um sich selbst zu schützen und um ihnen bestmögliche Hilfe zukommen zu lassen, wird großer Aufwand betrieben. Vor jedem Besuch in einem Zimmer müssen alle Pflegekräfte die komplette Schutzkleidung überziehen, Material und Geräte desinfizieren. Physisch gehe man dabei bis an die Grenzen, weiß Wolbert. Aber auch psychisch sind die Anforderungen immens, denn die Angst vor einer Infizierung mit dem Virus läuft auf jeder Schicht mit. "Wir gehen deutlich kaputter nach Hause", so der Stationsleiter. An Weihnachten hat man das Personal auf der Intensivstation um 25 Prozent aufgestockt.

 

 

 

Und wenn man dann nach der Arbeit wieder in den eigenen vier Wänden angekommen ist, benötigt man echte Entspannung und eine Familie, die die anstrengende Tätigkeit würdigt und die Belastung kennt. Wolberts Frau kommt aus derselben Branche und weiß, wie groß die Herausforderungen sind, die ihr Mann und seine Kollegen jeden Tag zu schultern haben. Das hilft. "Man muss es schaffen, die  Emotionen und das Leid, das man mitbekommt, zu verarbeiten und daheim zu entspannen. Sonst hat man für den nächsten Tag keine Kraft mehr", ist Thomas Wolbert überzeugt.

 

Wie viel ist seine Arbeit eigentlich wert? Im Frühjahr war der Zuspruch enorm, Menschen klatschten dem Pflegepersonal auf den Balkonen Beifall, es gab das Versprechen finanzieller Sonderzuwendungen. Zwischen 300 und 600 € sind bei den Beschäftigten in den Krankenhäusern angekommen. "Ich weiß nicht, ob es die Pflege diesmal schafft, nicht in Vergessenheit zu geraten." Wolbert weist darauf hin, dass deutschlandweit das Personal in den Krankenhäusern seit Jahrzehnten zusammengekürzt wurde. Und das bei einem Anstieg der Arbeitsintensität durch immer ältere und multi-erkrankte Patienten.

 

Trotz allem: Auch Thomas Wolbert geht wie die allermeisten seiner Berufskollegen immer noch gerne zur Arbeit. Der Dienst am Menschen, das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und die "Belohnung", wenn ein Intensivpatient nach geraumer Zeit gesund vor einem stehe, seien Antrieb, den Beruf auch als Berufung zu verstehen. "Wir wissen, dass Weihnachten 2020 viel Arbeit auf uns wartet - aber wir machen das wirklich gerne."

 

KOMMENTARE

1

Hut ab! Wir sind stolz und Danke an alle die zum Weihnachtsfest für uns alle da sind.

Michael , 24.12.2020, 14:10 Uhr
2

Ich finde es super, dass Herr Wolbert offen und ehrlich hier über die Pflegesituaton spricht. Ich klatsche nicht, den ich kenne den tatsächlichen Wert der Pflegekräfte. Mit Klatschen ist das nicht getan. Es braucht dringend und zwingend entsprechende Reformen. Der Fachkräftemangel in der Pflege ist kein Corona Phänomen, sondern ein weit davor geschaffenes wirtschaftliches Problem. Pflegekräfte brauchen endlich den Status, den sie verdient haben. Nicht nur die Pflegekräfte sind von dieser Misere betroffen, sondern auch Notfall- und Rettungssanitäter, Hebammen und andere nichtärztliche Berufsgruppen. Liebe Pflegekräfte, Kräfte des Rettungsdienstes und Fachkräfte anderer nichtärztlicher Gesundheitsfachberufe, bleibt gesund! Liebe Politik, reagiert endlich, zeitnah und nachhaltig!

F. B., 24.12.2020, 21:17 Uhr
3

Ich wünsche allen frohe Weihnachten ? und viel Kraft und Erfolg. Und bleibt gesund
LG ? ? Grüße

Petra Bravin, 24.12.2020, 21:45 Uhr
4

Ihnen allen gebührt Respekt, Dank und Wertschätzung. Frohe Weihnachten.

P.K., 24.12.2020, 21:50 Uhr
5

DANKE das es euch alle gibt!!!!


Trotz allem frohe Weihnachten!

Marie Lange, 25.12.2020, 08:14 Uhr
6

Mein größten Respekt an die Fachkräfte in den Krankenhäusern. Es ist ein Armutszeugnis, dass in so einem wohlhabenden Land wie Deutschland selbst das Gesundheitswesen auf Profit getrimmt ist. Zu leiden haben am Ende nämlich vor allem des Personal & die Patienten. Die Privatisierung von Krankenhäusern ist das die größte Schandtat der Kohlregierung, die mir einfällt. Mit kranken Menschen sollte der Geldertrag nicht im Vordergrund stehen !
Wird Zeit für eine progressive Regierung auf Bundesebene, die auch mal visionär denkt.

Engelskirchener_1, 25.12.2020, 11:57 Uhr
7

Ein sehr guter Beitrag von der Situation auf der Intensivstation. Ich wünsche allen Mitarbeitern viel Kraft .Liebe Grüße von Siggi

siegfried peil, 25.12.2020, 13:59 Uhr
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