LOKALMIX
Ein Plädoyer für die Zukunftsfreude
Wiehl - Samuel Koch hielt in der vollbesetzten evangelischen Kirche seinen Vortrag „Das Leben geht weiter als man denkt – ein Plädoyer für die Zukunftsfreude“.
Von Vera Marzinski
Für die Reihe „Treffpunkt Kirche“ konnte der Förderverein der Evangelischen Kirchengemeinde Wiehl Samuel Koch als Redner gewinnen – der hielt seinen beeindruckenden Vortrag „Das Leben geht weiter als man denkt – ein Plädoyer für die Zukunftsfreude“ in der vollbesetzten evangelischen Kirche Wiehl.
Zur Einführung gab es einen Film über das bisherige Leben von Samuel Koch. Immer in Bewegung bei Sport und Akrobatik, erfolgreicher Turner und Schauspielschüler. Der Unfall bei „Wetten dass?“ vor 15 Jahren veränderte sein Leben grundlegend. Doch er hat das Schauspielstudium abgeschlossen, christliche Werte sind seine Grundlage. Mit einem Prolog aus dem Theaterstück „Judas“ - Samuel Koch spielt in dem Monologstück von Lot Vekemans die titelgebende Figur des Judas Ischariot – zu Glaube und Zweifel, begann Koch den Abend. Und er betonte: „Das Leben geht weiter, als man denkt“.
Mit leuchtenden Augen schaute er sich erst mal die vollbesetzte Kirche an - mit Amphitheater-ähnlicher Bestuhlung, wie er fand. Die weißen Platten hinter ihm wären keine Whiteboards, auf die er etwas schreiben würde. Es waren Heizplatten, denn da das Titan in seiner Halswirbelsäule etwas wetterfühlig sei, müsse er es doch immer ein wenig warm haben.
Mit viel Humor und Charisma zog er die Gäste in der Kirche zwei Stunden in seinen Bann, mit einem Vortrag, der es in sich hatte und anschließender Fragerunde mit den Besuchern der Veranstaltung. An diesem Reformationstag wolle er nicht wie Luther 75 Thesen anbringen, sondern in drei Schritten aufzeigen, was bei einer Krise passiere, denn die nächste Krise komme bestimmt, erklärte er zu Beginn. Von der Reaktions- zur Akzeptanzphase bis zur Aktionsphase gehe diese Struktur. Bevor man reagieren könne, käme jedoch die Schockphase. Das Gehirn müsse irgendwie darauf reagieren. Er sprach über den Zustand nach seinem Unfall, da habe er zunächst jegliches Zeitgefühl verloren.
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[Zum Buch halten hatte Samuel Koch jemanden mit Buchhaltungserfahrung gesucht und wählte Lars Strempel aus, der gerade selbst ein Buch schreibt und Koch für ein Vorwort anfragte.]
Es folgte eine Schilderung der Phasen, die er nach dem Unfall durchlebt hatte und was ihm Mut machte. In jahrelanger Verarbeitung habe er gelernt, nicht nur den Blick darauf zu richten, was nicht mehr gehe, sondern darauf, was noch möglich sei, denn: „Das Akzeptieren ist ein Prozess, kein Schalter, den man einfach umlegt“.
Eigentlich wollte er laufend aus der Klinik gehen, erzählte Koch. Frustriert, planlos kam er dazu, Gott zu fragen, weshalb das passiert sei. Denn: „Wenn etwas defekt ist wie das Rückenmark, wende ich mich an den Hersteller“. Doch er habe auch Dankbarkeit über die Schönheit der Schöpfung, über die Luft zum Atmen und innere Freude empfunden, als er auf dem Balkon der Schweizer Klinik - im Rollstuhl gefesselt - saß.
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[Früher habe er Medaillen gesammelt, heute sammle er Begegnungen, verriet Koch und dass er in der Schauspielerei ähnlich wie beim Turnen komplett vergesse, was mit ihm sei.]
Wichtig seien offene Augen, Ohren und Herz, betonte er. Aber er habe es nie für möglich gehalten, dass er komplett bewegungslos Freude empfinden und seinen Zustand akzeptieren könne. „Schwerelos“ heißt eins seiner Bücher, aus dem er unterstützt von Lars aus dem Publikum die Geschichte zur Akzeptanzphase las. Da träumte Eva davon nach Italien zu reisen - und kam nach Holland. Eine unfreiwillige Planänderung, aber „wenn Du Dein ganzes Leben damit verbringst, fortan um den verlorenen Traum zu trauern, wirst Du vermutlich nie die Schönheit von Holland wirklich entdecken!“, betonte er.
"Denn wenn ich mein Leben damit verbringe, darüber zu trauern, was wohl sein könnte, wird man nie die Freuden und Schätze entdecken, die in der anderen Lebenssituation zu finden sind", fügte Samuel Koch hinzu. Aber Schmerz und Trauer müsse man Zeit geben. Ein Prozess, der bei ihm immer und immer wieder stattfinde. Vor allem nicht darauf zu schauen, „was kann ich nicht mehr“, sondern „was kann ich“. Der Wert eines Menschen hänge nicht von der Leistung oder der Nützlichkeit ab. Deshalb heiße es im Englischen vermutlich auch „human being“ und nicht „human doing“.
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[Eindeutig außergewöhnlich sei Samuel Koch, dass betonte auch Reinhard Schmidt, Vorsitzender Förderverein evangelische Kirche, der zum „Treffpunkt Kirche“-Abend, der von der Sparkasse Gummersbach, Volksbank Oberberg, Wiehl enthindert und der Buchhandlung Hansen & Kröger sowie vom Förderverein unterstützt wurde, begrüßte.]
Mit dem Spruch „Du bist eins plus!“, habe sein Vater ihm bereits als Kind vermittelt, er sei schon wertvoll, weil er sei. Resilienz-Ratgeber sah Koch sehr kritisch, aber für die Gäste hatte er noch einen Tipp: Jeden Abend aufschreiben, wofür man dankbar sei. Das mache insofern Sinn, dass selbst wenn auch 90 Prozent des Tages schlecht war, immer noch 10 Prozent Gutes zu entdecken sei. Zum Abschluss würdigte Pfarrer Michael Striss das Durchhaltevermögen von Samuel Koch und seinen Weg, anderen mit seiner Geschichte Mut zu machen.
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