LOKALMIX
Glasfaser bis zur letzten Milchkanne
Oberberg – Die Lücken im Breitbandausbau in den Kommunen Engelskirchen, Lindlar und Marienheide sollen geschlossen werden – Interkommunales Projekt mit dem Glasfaseranbieter „Unsere Grüne Glasfaser“.
Von Peter Notbohm
In rund zwei Jahren soll in den Gemeinden Engelskirchen, Lindlar und Marienheide nach Möglichkeit auch die letzte Milchkanne über einen Glasfaseranschluss verfügen. Entsprechende Pläne für den großflächigen Breitbandausbau wurden am Dienstag im Gummersbacher Kreishaus vorgestellt. Auf Initiative des Oberbergischen Kreises haben sich die drei Kommunen aus der Kreismitte zu dem interkommunalen Projekt zusammengeschlossen. Der Ausbau erfolgt durch den Glasfaseranbieter „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG), ein Joint Venture zweier milliardenschwerer Konzerne. Hinter dem Zusammenschluss stehen die deutsche Versicherungsgesellschaft Allianz und die spanische Telefongesellschaft Telefónica.
Bei dem Projekt geht es vor allem um die bislang unterversorgten Adressen. Neben 25.000 Haushalten sollen auch Industrie und Gewerbe profitieren. In Engelskirchen sollen 7.500 Adressen erschlossen werden, in Lindlar 3.500 und in Marienheide 3.000. Am Ende soll eine fast 100-prozentige Abdeckung erreicht werden.
Das Versprechen der UGG: Der Ausbau findet eigenwirtschaftlich, ohne staatliche Fördermittel statt und ohne vorherige feste Vertragszusagen statt. Insgesamt wird ein hoher zweistelliger Betrag investiert. Auf den Steuerzahler und die beteiligten Kommunen sollen keine Kosten abgewälzt werden. Dieser unbürokratische Weg soll die Bauzeit maximal verschlanken und möglichst ab Februar 2025 soll die schnelle Datenautobahn allen Bürgern zur Verfügung stehen. Auch ein Preisversprechen gibt es. Die Preise sollen ähnlich wie heute aussehen. „Glasfaser ist die Technologie der Zukunft und soll ein Produkt für Jedermann sein. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Wir erschließen nicht nur die Innenstadtkerne, sondern auch in die ländliche Fläche“, sagt Ralf Stratmann von der UGG.
Auch Kreisplanungsdezernent Frank Herhaus, der beim heutigen Startschuss Landrat Jochen Hagt vertrat, betonte die Bedeutung eines flächendeckenden Glasfaserausbaus: „Spätestens die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass dieser zwingend notwendig ist. Darüber hinaus ist es für die beteiligten Kommunen im Kampf um Betriebe ein wichtiger Standortfaktor.“ Anders als im ersten interkommunalen Projekt vor wenigen Jahren wird es dieses Mal kein Mischangebot geben. Hatte die Telekom damals noch zu 60 Prozent Vectoring und zu 40 Prozent Glasfaser verbaut, handelt es sich nun um reinen Glasfaserausbau. „Das bedeutet ein Umdenken“, erklärt OBK-Gigabitkoordinator Stefan Syrek, „wir reden dann nicht mehr von schlecht- oder unterversorgt, sondern versuchen jeden zu versorgen. Das ist die Aufgabe.“
Das FTTH-Zugangsnetz der UGG ist so konzipiert, dass alle Kabel und Leerrohre vollständig erdverlegt werden. Jedes Grundstück wird dabei erschlossen, für die Ausbauarbeiten benötigt die UGG allerdings – genau wie jeder Mitbewerber - eine Genehmigung, um den Anschluss auch herstellen zu dürfen, da hierfür Privatgrund betreten werden muss. Gibt es diese nicht, werden lediglich Leerröhrchen an der Grundstücksgrenze für ein passives Netz verlegt, um spätere Straßenarbeiten zu vermeiden. Das spätere Netz wird einen Open Access haben. Das heißt Kunden müssen sich nicht zwingend an die Telefonica binden, auch andere Anbieter können sich auf den Leitungen einmieten.
Insgesamt 300 Gemeinden hätten sich inzwischen für die UGG entschieden, sagt Stratmann. Bundesweit hatte es zuletzt Kritik wegen Pannen beim Ausbau und später beim Kundenservice gegeben. Laut der „WirtschaftsWoche“ hat die UGG sich inzwischen in sieben Gemeinden von ihrem Ausbauversprechen distanziert.
Das soll in den drei oberbergischen Kommunen aber auf keinen Fall passieren, sagt Stratmann: „Dort haben sich Gemeinden Rosinen herauspicken wollen und haben weitere Aufträge an andere Unternehmen vergeben. Das war dann für uns eigenwirtschaftlich nicht mehr zu stemmen.“ Aus diesem Grund sind die bereits ausgebauten Innenlagen der drei Kommunen aus der UGG-Kalkulation auch herausgenommen, da es keinen Sinn mache, dieses erneut zu erschließen. Lob gab es in diesem Zusammenhang für den Oberbergischen Kreis, der sehr gute Vorarbeit bei den Adresslagen geleistet habe.
Norbert Hamm, Allgemeiner Vertreter der Gemeinde Engelskirchen, und die beiden Bürgermeister Dr. Georg Ludwig (Lindlar) und Stefan Meisenberg (Marienheide) freuen sich schon auf den Ausbau. „Wir versprechen uns vor allem ein schlankeres Verfahren. Im ersten interkommunalen Projekt haben wir die Breitbandversorgung verbessert, nun soll der nächste Schritt folgen“, sagt Ludwig. Auch Meisenberg betont die guten Erfahrungen aus dem ersten Verfahren: „Man sollte dieses Projekt auch im Zusammenhang mit dem Thema Mobilität sehen. Mit einem entsprechend ausgebauten Glasfasernetz wird es nicht mehr notwendig sein, dass der Oberberger fünf Mal die Woche nach Köln zur Arbeit fahren muss, sondern vielleicht nur noch zwei oder drei Mal.“
Alle Bürger, die an das Netz der UGG angebunden werden sollen, werden von den Gemeinden angeschrieben. Ende dieses Monats gibt es in allen drei Kommunen eine Auftaktveranstaltung, in der es erste Informationen zu den Bauarbeiten und den Tarifstrukturen geben wird. Diese finden jeweils um 19 Uhr am 27. März in der Aula des Schulzentrums Walbach, am 28. März im Pädagogischen Zentrums der Gesamtschule Marienheide und am 29. März im Lindlarer Kulturzentrum statt. Die Teilnahme ist vor Ort oder online möglich.
KOMMENTARE
1
Klingt doch alles sehr gut, jetzt würde mich nur noch interessieren wie viel ein hoher zweistelliger Betrag ist.
Totty, 14.03.2023, 23:08 Uhr2
Dann hoffe ich sehr, dass nun auch die Ortschaften Vordersteimel, Hintersteimel und Hülsen in Engelskirchen angeschlossen werden. Hier kann man momentan noch nicht einmal ein YouTube Video ohne Unterbrechung gucken.
Hintersteimler, 15.03.2023, 08:57 Uhr3
Ich würde sofort Glasfaser nehmen.
Leider wurde mir von UGG mitgeteilt auf meine Anfrage hin, dass unsere Adresse in Remshagen nicht ausgebaut wird (laut der aktuellen Planung). Ich stell mir mal eine Milchkanne vor die Tür evtl klappt es ja dann.
LG
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