LOKALMIX
Hat die Friedenseiche eine Zukunft?
Bergneustadt – Eins der Wahrzeichen der Feste droht gefällt werden zu müssen – Experte sieht keine Zukunft – SPD will eine Zweitmeinung einholen.
Von Peter Notbohm
Drei stattliche Friedenseichen prägen mit ihren mächtigen Kronen das Bild der Bergneustädter Innenstadt. Die Bäume sind etwa 150 Jahre alt und wurden als Gedenkbäume an einen gewonnenen Krieg, in diesem Fall an das Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71, gepflanzt. Ihr Stamm ist etwa dreieinhalb Meter dick. Viele Bergneustädter haben einen emotionalen Bezug zu den langjährigen Wegbegleitern. Doch die Friedenseiche im ‚Schmittenloch‘ blickt einer ungewissen Zukunft entgegen und war Thema der gestrigen Ratssitzung im Krawinkelsaal.
„Der Baum ist abgängig und hat keine Zukunft mehr“, erklärte der Baumsachverständige Florian Bremicker (Foto). 70 Prozent der Krone seien bereits abgestorben, die Wurzeln zudem von Pilzen befallen. Eine visuelle Kontrolle sei nicht mehr möglich. Ein sogenannter Zugversuch werde von Fachfirmen ebenfalls abgelehnt. Hierbei würde ein Seil um den Baum gespannt, zudem Messsensoren angebracht. Die Ergebnisse eines leichten Zuges würden anhand der Daten anschließend auf Orkanstärke hochgerechnet und Auskunft über die Stand- und Bruchfestigkeit der Eiche geben.
Ein Erhalt als stehender Totbaum ist aus Bremickers Sicht ebenfalls nicht sinnvoll. Die Standsicherheit sei nicht gegeben, es gebe Totholz bis in den Schlagastbereich. Aufgrund des Publikumsverkehrs müsste man sehr viel Geäst herausschneiden. „Sinnvoller wäre es, einen Bodenaustausch zu machen und einen neuen Baum nachzupflanzen“, so der Baumpfleger. Eine Lösung mit der sich die SPD nicht wirklich anfreunden wollte. „Ich will diesen Baum einfach nicht aufgeben“, sagte Detlef Kämmerer. Er habe im Vorfeld mit Thomas Zeuge vom Bauhof Bergneustadt gesprochen, dieser habe ihm versichert, dass ein Zugtest möglich sei. „An der Expertise dieser Firma bin ich interessiert“, ergänzte er und führte zudem an, dass es auch schon Diskussionen um die Fällung der Bäume am Friedhof gegeben habe, diese heute aufgrund guter Pflege aber noch stehen würden – ausgerechnet für diese Pflege war allerdings Florian Bremicker mitverantwortlich, was der Diskussion schnell die Schärfe nahm.
[Große Teile der Baumkrone sind bereits abgestorben.]
Aus Sicht von Wolfgang Lenz (FDP) und Reinhard Schulte (CDU) stellte sich vor allem die Kostenfrage. „Wenn wir hier über 800 Euro reden, kann man sicherlich eine zweite Meinung einholen. Wenn wir aber über einen mittleren vierstelligen Betrag sprechen, sollten wir ihn fällen, denn auch ein kleiner Baum kann Frieden bringen“, meinte Lenz. Schulte sprach von einem „Denkmal Bergneustadts“, wollte aufgrund der bereits bestehenden Expertise Bremickers aber ebenfalls der Stadtkasse nicht zu tief in die Tasche greifen. Der Baumpfleger nannte anschließend Zahlen. Ein normaler Zugversuch würde zwischen 1.500 und 2.000 Euro kosten, die Situation im ‚Schmittenloch‘ stelle sich allerdings schwieriger dar. Man müsse mindestens von dem Doppelten ausgehen, da ein Ankerpunkt gesucht werden müsse, zudem wäre eine Prüfung alle zwei Jahre nötig. „Alle Firmen haben abgewunken, weil sie seriös gesagt haben, dass der Baum abgängig ist“, bekräftigte Bremicker nochmals.
Daniel Grütz (SPD) brachte eine Verweisung in den Umweltaussschuss ins Gespräch. Dort könne man nach Einholung eines Angebots der Firma aus Othetal mit konkreten Zahlen arbeiten. Hierfür stimmten letztlich 16 Ratsmitglieder, 14 wollten eine direkte Entscheidung. Die Verwaltung wurde beauftragt, ein Angebot einzuholen. Ein neuer Baum mit entsprechender Bodensanierung wird nach Angaben Bremickers wohl etwa 3.000 Euro kosten.
KOMMENTARE
1
Wenn man diese Baummaßnahme rein wirtschaftlich- sowie auch sehr sachlich völlig korrekt ansieht, so ist eine komplette Neuanpflanzung incl. neuem Klasse Bodensanierung der wesentlich positivere- sowie auch sehr wirtschaftlich kostengünstigere Weg! - alles andere ist völlig rausgeschmissenes Geld durch die Verwaltung Bergneustadt!
Klaus Herden, 07.10.2021, 14:23 Uhr2
Es ist -wie meistens- eher gegen den Baum und wird fragwürdig begründet. Wirtschaftliche Überlegungen spielen in derartigen Fällen gerne die übergeordnete Rolle und werden hinter "sachverständigen" Meinungen versteckt. Das war bei den Mammutbäumen in Hülsenbusch vor ein paar Jahren ganz genau so. Einer der beiden Bäume wurde in einer dreisten Nacht- und Nebelaktion gefällt, der andere konnte gerettet werden. Das erste Gutachten damals empfahl ebenso wie im Fall der Friendeseiche die Fällung - und stellte sich als völlig falsch heraus. Die SPD tut sehr gut daran, eine weitere Meinung einzuholen. Wir müssen endlich lernen, nicht ALLES allein aus ökonomischer Sicht zu sehen.
F Lothar Winkelhoch, 07.10.2021, 14:23 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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