LOKALMIX
Jungfernfahrt: Startschuss für die neuen Wasserstoffbusse
Oberberg – Auf dem Betriebshof der OVAG in Wipperfürth-Hämmern wurde heute einer der ersten emissionsfreien Busse der Verkehrsgesellschaft vorgestellt.
Auf Oberbergs Straßen sind seit heute ganz neue Fahrzeuge unterwegs: die ersten emissionsfreien Busse der OVAG. Vorgestellt wurde einer der ersten Wasserstoffbusse der Oberbergischen Verkehrsgesellschaft am heutigen Vormittag auf dem Betriebshof der OVAG in Wipperfürth-Hämmern. Dass kurz nach Beginn des Pressetermins ein Bus aus der dortigen Abstellhalle rollte, war so gut wie gar nicht zu hören. Was stattdessen auffiel, war dessen Optik – neben dem neuen Design nicht zuletzt das ungewöhnlich hohe Dach.
„Mit der Inbetriebnahme der 15 ersten Wasserstoffbusse starten wir in eine emissionsfreie Mobilität im Oberbergischen Kreis. Wir machen damit einen ersten großen Schritt für einen nachhaltigen ÖPNV in der Region“, sagte Landrat Jochen Hagt. Bis zur Inbetriebnahme waren laut OVAG- Geschäftsführerin Corinna Güllner viele Vorarbeiten notwendig – so wurde etwa eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, Genehmigungen eingeholt, Busse sowie eine Tankstelle europaweit ausgeschrieben, Dienstpläne angepasst, Mitarbeiter geschult und vieles mehr.
Vor der Abstellhalle erklärte Corinna Güllner, wie so ein Wasserstoffbus überhaupt funktioniert. Konkret handelt es sich bei dem Fahrzeug um den Typ „Urbino 12 hydrogen“ des polnischen Busherstellers Solaris, der laut eigenen Angaben bereits mehr als 250 Wasserstoffbusse an Omnibusbetriebe in Deutschland ausgeliefert hat. Auf dem Dach des Fahrzeugs wird der Wasserstoff gespeichert und dann in eine Brennstoffzelle geleitet. Diese generiert den Strom für die Fahrmotoren. Die einzigen Nebenprodukte sind Abwärme und Wasserdampf.
Die Solaris-Wasserstoffbusse haben ein Hybridsystem – und sind damit nicht nur mit modernen Brennstoffzellen mit einer Gesamtleistung von 70 kW ausgestattet, sondern auch mit Traktionsbatterien. Diese können die Brennstoffzelle in Zeiten des Spitzenstrombedarfs unterstützen. Der Antrieb der Fahrzeuge erfolgt über einen 160 kW starken elektrischen Zentralmotor. Ein vollgetankter Bus hat eine Reichweite von bis zu 350 Kilometern, auch die Topografie im Oberbergischen ist für den Bus kein Problem. Außerdem kann er bis zu 80 Stundenkilometer erreichen.
„Die Mobilität im ländlichen Raum ist kein einfaches Thema“, sagte Jochen Hagt. Es gebe eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Der Oberbergische Kreis sei so groß wie das Land Berlin, hat aber deutlich weniger Einwohner. Am Ende sei es also nicht zuletzt eine Frage der Finanzierung. Unterstützt wurde die OVAG hier vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV). „Die OVAG steht stellvertretend für alle Verkehrsunternehmen, die den Umstieg auf Busse mit elektrischem Antrieb vollziehen und damit eine Vorbildfunktion einnehmen“, sagte Dr. Sven Halldorn, Abteilungsleiter im BMDV. Über eine Förderrichtline des Ministeriums wurde die OVAG mit 4,3 Millionen Euro unterstützt.
„Ohne die üppige Förderung durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wäre die Beschaffung der Busse nicht möglich gewesen“, sagte Corinna Güllner. Ebenso wichtig sei aber auch das Engagement der oberbergischen Politik. „Ohne Unterstützung des Oberbergischen Kreises als Aufgabenträger sowie den weiteren Gesellschaftern der OVAG wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen.“ Dazu zählt sowohl der finanzielle Aspekt – immerhin müssen 20 Prozent der Mehrkosten gegenüber der Beschaffung von Dieselbussen sowie die Mehrkosten im laufenden Betrieb gegenüber der bisherigen Dieselflotte durch Eigenmittel gestemmt werden – aber auch das Mittragen der Strategie für einen nachhaltigen ÖPNV im Oberbergischen.
[Außen geräuschlos, innen hört man das Summen der Klimaanlage.]
Stationiert sind die Busse auf dem Betriebshof in Wipperfürth-Hämmern. Betankt werden die Busse in der Anfangszeit über eine mobile Tankstelle von Air Liquide, einem französischen Hersteller für Gase. Hierfür wird der Wasserstoff in Trailern angeliefert und über eine Umfülltafel direkt aus dem Trailer in den Bus gefüllt. Daniel Schäfer, der bei der OVAG vor etwa vier Jahren als Projektleiter eingestellt worden ist, laut Corinna Güllner „unser Mann für Wasserstoff“ sei, demonstrierte den Tankvorgang. 15 Minuten werden zum Volltanken benötigt. 15 Fahrzeuge sollen täglich betankt werden – heißt: pro Tag werde ein neuer Trailer benötigt.
Zum Einsatz kommt dabei erneuerbarer Wasserstoff, der mit Windenergie produziert wird. „Den benötigten Wasserstoff produzieren wir unter Einsatz von regenerativem Strom in unserer PEM-Elektrolyse-Anlage in Oberhausen“, erklärte Oliver Meier, Director Hydrogen Energy Central Europe. „Die Betankung über die Umfülltafel ist dabei eine kostengünstige Möglichkeit, um die Zeit bis zur Inbetriebnahme einer stationären Tankstelle zu überbrücken.“ Diese soll – wenn alles nach Plan läuft – im Jahr 2026 in Betrieb genommen werden.
[Zum Auftakt kamen viele aus der oberbergischen Politik, Gesellschafter, Aufsichtsräte und Projektpartner.]
Die erste offizielle Jungfernfahrt im Linienbetrieb erfolgte heute auf der Linie der 336 – und damit einer stark frequentierten Strecke, nicht zuletzt der Lieblingsstrecke von Daniel Schäfer. Los ging es um 12:41 Uhr vom Wipperfürther Busbahnhof nach Gummersbach. Hinterm Steuer saß Thomas Möser. Ausgestattet sind die neuen Busse unter anderem mit einem modernen Fahrassistenzsystem, einem Notbremssystem, einem Spurhalter. Außerdem haben sie einen Müdigkeitserkenner und einen Geschwindigkeitsassistenten. „Das erleichtert das Fahren und trägt zur Sicherheit bei“, sagte die OVAG-Chefin. Darüber hinaus verfügen die Wasserstoffbusse auch über digitale Seitenspiegel.
Wenn der Wasserstoffbus fährt, könnte man als Fahrgast fast meinen, in einer Straßenbahn unterwegs zu sein – vom Fahrgefühl kommt es dem zumindest ziemlich nahe. Innen haben die Busse außerdem zwei sogenannte Sondernutzungsflächen, Sitze für Mobilitätseingeschränkte, die sich optisch abheben, taktile Haltestangen an den Türen, eine Ambientebeleuchtung mit blauen LED-Leuchten und USB-Boxen zwischen den Sitzen. Zwei Wasserstoffbusse sind nun erstmal auf den oberbergischen Straßen unterwegs. Die restlichen 13 werden derzeit noch ausgestattet und sollen in den nächsten Wochen sukzessive in den Regelbetrieb gehen.
Wer mehr über die neuen Wasserstoffbusse erfahren möchte, hat dazu im Rahmen der „Nacht der Technik“ die Möglichkeit, die am Freitag, 9. Mai, stattfindet. Besuchen können Interessierte dann den Betriebshof Gummersbach und einen exklusiven Blick hinter die Kulissen werfen. Außerdem wird es eine Führung zum neuen Wasserstoffantrieb geben. Weitere Informationen zu den Wasserstoffbussen sind auch unter ovaginfo.de/zukunft zu finden.
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