LOKALMIX

„Kein gutes Jahr für den Wald“

lw; 15.11.2022, 14:07 Uhr
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Archivfoto: Lars Weber.
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„Kein gutes Jahr für den Wald“

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lw; 15.11.2022, 14:07 Uhr
Oberberg – Um den aktuellen Zustand der oberbergischen Wälder ging es bei der Sitzung des Kreisumweltausschusses – Experten berichteten aus unterschiedlichen Perspektiven.

Von Lars Weber

 

Dem oberbergischen Wald geht es schlecht. Dies ist selbstredend keine neue Erkenntnis. Längst ist die Wiederaufforstung Thema bei Land, Kreis und Waldbesitzern. Die Kreisverwaltung hat die Zukunft des Waldes dieses Jahr zur Gemeinschaftssache erklärt, und gemeinsam mit Vertretern aus Forstwirtschaft, Naturschutz und der Jagd die „Oberbergische Vereinbarung“ unterzeichnet (OA berichtete). Die unterschiedlichen Interessen sollen damit unter einen Hut gebracht werden. Um den aktuellen Zustand der heimischen Wälder und den Problemen von Jägern und Waldbesitzern ging es bei der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses des Kreises. Eingeladen zu dem Thema waren Kay Boenig, Leiter des Regionalforstamtes Bergisches Land, Bernd Steinhausen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Oberberg, und Eckhard Schulte, Chef der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Bergisches Land.

 

Seit dem Jahr 2018 sind die Wälder im Bergischen Land extremen Bedingungen ausgesetzt. Vier der letzten fünf Jahre waren erheblich zu trocken. Auch das aktuelle machte da keine Ausnahme, eröffnete Boenig seinen Vortrag. 2022 sei das wärmste und trockenste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Bergischen Land gewesen. Es habe viele zu wenig Niederschlag gegeben. Die bis in tiefere Bodenschichten reichende Trockenheit schädige gerade ältere Laubbäume wie die Buche. Eine Folge war der frühe Laubfall. „Die Bäume hatten keine Lust mehr“, sagte Boenig. „Es war kein gutes Jahr für den Wald.“

 

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Die Borkenkäferkalamität klinge ab 2024 aus. Der Schadholz-Höhepunkt sei aber bereits 2020 erreicht worden (2,5 Millionen m3/f). Am Ende wird das Ergebnis stehen, dass die Waldbesitzer etwa 90 bis 95 Prozent des Fichtenvorrats verloren haben werden. 2024 wird die Schadfläche etwa 13.600 Hektar betragen, von denen 10.000 aktiv wiederbewaldet werden müssen, sagte Boenig. Die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen reichten von einer erhöhten CO2-Freisetzung über die Schäden am Landschaftsbild bis hin zu der erhöhten Waldbrandgefahr – die wirtschaftlichen Folgen für Waldbesitzer nicht zu vergessen.

 

Der Weg zu einem klimaresilienter, multifunktionalen Mischwald, bei dem die unterschiedlichen Risikofaktoren möglichst gestreut werden, könne nur gemeinsam bewältigt werden, dies schließe Jäger, Waldbesitzer und auch die Bürger mit ein. Gerade die Waldbesitzer seien oft demotiviert, was auch mit den umständlichen Förderungsmodalitäten zu tun hatte. Die „Wiederbewaldung nach der Extremwetterrichtlinie“ wurde aber inzwischen vereinfacht. Aktuell liegen laut Boenig dort 45 Anträge mit knapp 80 Hektar Fläche und einem Fördervolumen von rund 490.000 Euro vor.

 

Rund 8.000 der etwa 15.000 Waldbesitzer im Bergischen vertritt Eckhard Schulte. Der Vorsitzende der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Bergisches Land bestätigte noch einmal, dass „die Fichte bei uns durch ist“. Er selbst habe seinen gesamten Bestand verloren, dabei war die Fichte lange der „Brot-und-Butter-Baum“. Rücklagen zu bilden sei aufgrund der Dumpingpreise ab 2018 nicht drin gewesen. Nun soll die Wiederbewaldung anstehen, aber alles stehe aufgrund der Inflation, des Kriegs und der weiteren Rahmenbedingungen auf der Bremse. Finanzkräftige Waldbesitzer, die bereits jetzt viel Geld in die Hand nehmen können, gebe es nur wenige. „Viele schauen, wo die Reise nun hingeht.“ Schulte warb für weitere Erleichterungen bei den Fördermodalitäten. „Sie sollten weiter entbürokratisiert werden.“ Er stimmte auf zehn harte Jahre ein. „Das Aufforsten muss jetzt begonnen werden.“

 

Ein Thema dabei ist der Wildverbiss. „Das Rehwild ist der größte Feind des kleinen Pflänzchens“, sagte Schulte. Der Schutz der Bäume hänge von vielen Faktoren ab, für die man gemeinsam Lösungen finden müsse, was Jäger Bernd Steinhausen bestätigte. „Es gibt einen Wald mit Wild, dafür gibt es Praxisansätze“, sagte der Chef der Kreisjägerschaft. Dabei geht es unter anderem um den richtigen Jagddruck, um die neuen Bäume zu schützen. Zu viel Jagddruck führt bei den Tieren dazu, dass sie sich stärker fortpflanzen, was es zu verhindern gelte. Nicht effektiv sei es, den eigenen Wald an fremde Jäger zu geben, die sich vor Ort nicht auskennen. Es seien nun Konzepte nötig.

 

Dem stimmte Kreisplanungsdezernent Frank Herhaus zu. Gemäß der Oberbergischen Vereinbarung wolle man sich zum Thema Wildverbiss bald vor Ort treffen, um sich Praxisbeispiele anzuschauen. „Wir werden die Vereinbarung weiter leben und im Gespräch bleiben.“

KOMMENTARE

1

Gibt es in Oberberg eigentlich auch einen Ökologischen Jagdverband?

Das Konzept vom ÖJV NRW bezüglich Wiederaufforstung unsere Wälder in NRW überzeugt mich persönlich als Waldbesitzer .

Das Konzept vom DJV NRW scheint nicht mehr Zeitgemäß zu sein.
Wenn der Wald keine Möglichkeit hat nach zu wachsen, können mittelfristig sowieso keine Jagdtrophäen mehr erlegt werden.

Timo , 15.11.2022, 16:32 Uhr
2

Zitat Steinhausen; "Nicht effektiv sei es, den eigenen Wald an fremde Jäger zu geben, die sich vor Ort nicht auskennen."

Solange die Raffgier der Waldbauern und Genossen bei der Revierverpachtung an hält, ist dieser Satz von Herrn Steinhausen nur Wunschdenken.
Geld regiert, auch bei der Reviervergabe, die Welt.....

Jäger1, 15.11.2022, 18:33 Uhr
3

Wer hat denn die Perspektive des Naturschutzes vertreten? Im Bericht werden nur die wirtschaftlichen Nutzer des Holzes, bzw. der Aufforstung und der Jagd erwähnt. Es fehlen mir da entscheidende Perspektiven und dadurch auch Betrachtungsweisen die ein erfolgreiches Handeln im Sinne von Unterstützung der Natur als Grundlage einer zukunftsfähigen Nutzung der Forsten überhaupt zu ermöglichen.

Uwe Söhnchen, 15.11.2022, 20:41 Uhr
4

Vor diesem Hintergrund fragt man sich, warum die Gemeinde Engelskirchen immer noch an einem Baugebiet in Buschhausen festhält, und dort ca 8ha intakten Wald vernichten will. Das Argument des Ausgleichs zählt nicht, da die zum Ausgleich angebotenen Flächen nie für ein Bauvorhaben vorgesehen waren.

Der Uhu aus Weiershagen, 16.11.2022, 09:10 Uhr
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