LOKALMIX

Klimawandel: Bergneustadt will klimaneutral werden

pn; 17.08.2023, 15:10 Uhr
WERBUNG
Symbolfoto: Gerd Altmann auf Pixabay ---- Ende des Monats soll der Rat der Stadt Bergneustadt das Integrierte Klimaschutzkonzept beschließen.
LOKALMIX

Klimawandel: Bergneustadt will klimaneutral werden

  • 3
pn; 17.08.2023, 15:10 Uhr
Bergneustadt – Mit ehrgeizigen Zielen ist gestern das Integrierte Klimaschutzkonzept von Klimaschutzmanager Marc-Leon Sattler vorgestellt worden – Ausschuss vermisst Bürgerbeteiligung.

Von Peter Notbohm

 

Im Jahr 1940 erlebte die Stadt Bergneustadt ihr kältestes Jahr. Laut Daten des Deutschen Wetterdienstes und Berechnungen der Zeit erreichte das Thermometer damals durchschnittlich gerade einmal 6,4 Grad Celsius. Das wärmste Jahr ist dagegen noch nicht lange her: 2018 waren es im Durchschnitt 10,3 Grad. Die Folgen des Klimawandels sind weltweit verheerend: Überschwemmungen, Hitzewellen, Dürren und Starkregenereignisse hat es zwar schon immer gegeben, nehmen in ihrer Häufigkeit aber stetig zu.

 

Damit Bergneustadt klimaneutral wird, haben Klimaschutzmanager Marc-Leon Sattler bzw. seine Vorgängerin Nora Leidig gemeinsam mit Politik, Verwaltung und Bürgern seit dem 1. Oktober 2021 ein Integriertes Klimaschutzkonzept (IKSK) entworfen, das am Mittwochabend im Ausschuss für Umwelt und Zukunftsfragen erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Darin enthalten sind ehrgeizige Ziele: Bis 2045 will man in der Feste die von der Bundesregierung vorgeschriebene, sogenannte „Netto-Null“ bei der Treibhausgasneutralität erreichen. Schon in den kommenden beiden Jahren sollen jährlich 25.000 Tonnen CO2 eingespart (130.000 auf 105.000) und der Strombachverbrauch um 30 Gigawattstunden (GWh) reduziert (420 auf 390) werden. Bis 2035 soll der Treibhausgasausstoß sogar auf 57.500 Tonnen halbiert und der Stromverbrauch auf 255 GWh gesenkt werden.

 

WERBUNG

„Wir haben viel zu tun“, begann Sattler seine Präsentation. Schließlich strebt die Bundesregierung bis 2050 eine negative Bilanz an und Bergneustadt will das daran halten. Insgesamt 27 Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern sieht das IKSK vor. Von Kommunaler Verwaltung über Mobilität, Wirtschaft, Energieversorgung, Bauen und Sanieren sowie Nachhaltigkeit. Konkrete Maßnahmen können unter anderem LED-Beleuchtung in öffentlichen Gebäuden sein. So hat der Umbau in der Burstenhalle jährlich eine Einsparung von 35.520 kWh und eine CO2-Reduzierung von 15,7 Tonnen zur Folge. Die Kosten in Höhe von 17.100 Euro werden vollständig durch Fördermittel finanziert.

 

Das große Schwierigkeit: Ohne den Bürger wird es nicht gehen. Politik und Verwaltung tragen nur einen winzigen Beitrag bei. Entsprechend begrenzt sind die Handlungpotentiale auf kommunaler Ebene. Vorgesehen sind vor allem der Ausbau erneuerbarer Energien im Bereich der Strom- und Wärmeversorgung. Hier hat die Stadt nach Berechnungen der Essener Ingenieurgesellschaft „Gertec“ aber nur ein Gesamtpotential von jeweils 60 GWh/Jahr.

 

Gerade einmal zwei Prozent des Energieverbrauchs gehen in Bergneustadt laut den Berechnungen des Fachbüros auf kommunale Einrichtungen zurück. Die Löwenanteile tragen private Haushalte (39 Prozent), Wirtschaft (34 Prozent) und Verkehr (25 Prozent). Bei den Treibhausgas-Emissionen entfallen sogar nur ein Prozent auf kommunale Einrichtungen. Darum müsse die Stadtverwaltung für den Bürger mit gezielten Maßnahmen auch als Vorbild etabliert werden, erklärt Sattler: „Wir müssen dazu anregen, den bestmöglichen Weg zu gehen.“

 

Ob es gelingt den Bürger bei der Transformation mitzunehmen? Die Ausschussvorsitzende Heike Schmid (CDU) äußerte Zweifel: „Ich halte Klimaschutz für wirklich wichtig. Allerdings habe ich den Eindruck, dass bereits die Auftaktveranstaltung am Bedarf der Bürger vorbeiging. Die Bürger müssen aber mitspielen.“ Sie kritisierte, dass außer Ratsmitgliedern und der Verwaltungsmitarbeitern maximal eine „handvoll interessierte“ Bürger sich beteiligt habe: „Machen wir uns nichts vor, den meisten ist das Thema egal. Die großen Sorgen der Bürger bildet das Klimaschutzkonzept nicht ab, egal wie sinnvoll es ist.“

 

Henning Gauer (Grüne) sprach von einer „Frage der Betroffenheit“: „Würden wir diese Diskussion aktuell in Slowenien führen, wären wir betroffen. Uns geht es einfach zu gut.“ Für Christian Hoene (FDP) ist das IKSK ein Leitfaden, um die Ziele zu erreichen: „Ich denke wir und die Bürger sind für das Thema sensibilisiert, am Ende will der Bürger aber nicht dahin gedrückt werden, was er nicht bezahlen kann.“ Stephan Hatzig (SPD) warnte, dass Starkregenereignisse wie zu Beginn der Woche zunehmen werden: „Wir sollten versuchen, auf unserer kleinen Ebene zu tun, was wir machen können.“

 

Das Integrierte Klimaschutzkonzept soll ein lebendiges Konzept sein, betonte Klimaschutzmanager Sattler. Auf Wunsch des Ausschusses soll es halbjährlich geprüft und anhand des technischen Fortschritts weiterentwickelt werden. Im Blick hat man dabei vor allem die neuen geplanten Abstandsregeln für Windkraftanlagen, denn bislang bietet Bergneustadt kaum Potential für Windenergie oder Photovoltaikflächen. Der Ausschuss empfahl das IKSK einstimmig an den Rat. Dort soll es am 30. August beschlossen werden.

KOMMENTARE

1

"Darin enthalten sind ehrgeizige Ziele: Bis 2045 will man in der Feste die von der Bundesregierung vorgeschriebene, sogenannte „Netto-Null“ bei der Treibhausgasneutralität erreichen. "

Da die Ziele genau so vorgeschrieben sind, sind sie nicht besonders ehrgeizig, sondern gerade das Minimum dessen, was man von einer Kommune erwartet. Dennoch lobenswert, dass die Stadt das Thema anscheinend ernst nimmt. Die Bürger*innen mitzunehmen ist eine Aufgabe aller demokratischen Parteien, also auch der CDU.

TG, 17.08.2023, 16:55 Uhr
2

Sehr hoffe ich, dass alles sehr gut läuft mit dem Klimaziel.
Eine tolle Sache, zumal auch eine positive wirtschaftliche Entwicklung daran hängt.
Wenn das jedoch so in dem Tempo wie mit der "Verglasfaserung" läuft,
sehe ich jedoch schwarz. Ehrlich.

Harald Häck, 17.08.2023, 19:33 Uhr
3

Klimaneutral bedeutet nicht CO2-frei

Die Begriffe CO2-frei und klimaneutral werden oft miteinander verwechselt, bezeichnen jedoch unterschiedliche Facetten im Klimaschutz.

Hans-Jürgen Welke, 17.08.2023, 21:07 Uhr
0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG