LOKALMIX
Merkurhaus verschwindet Schnitt für Schnitt
Waldbröl – Abriss des ungeliebten Gebäudekomplexes im vollen Gange – Bis voraussichtlich Juli soll nichts mehr zu sehen sein (mit Video).
Von Lars Weber
Seit einigen Wochen hat die Firma Freimuth schweres Geschütz aufgefahren, um dem ungeliebten Merkurhaus in Waldbröl zu Leibe zu rücken – ein 125 Tonnen schweres Geschütz, um genau zu sein. Der sogenannte Longfront-Abrissbagger ist die Attraktion auf der Baustelle, täglich bleiben viele Waldbröler und Besucher stehen, um sich die Arbeit genauer anzusehen. „Mit der Betonschere, die vorne montiert ist, kommt der Bagger bis in eine Höhe von 40 Metern“, sagt der Polier Hartmut Douwes. Ganz so hoch muss er in Waldbröl nicht. Die sieben Etagen plus Dachgeschoss des Merkurhauses sind knapp 30 Meter hoch.
Begonnen hat der Abriss im Oktober des vergangenen Jahres. Die Gebäude wurden zunächst entrümpelt und entkernt, bevor es an die Asbestsanierung der Mitte der 1970er-Jahre hochgezogenen Gebäude ging. Nicht nur die Platten am Gebäude selbst waren betroffen, auch im Innern fand sich Asbest in Fußböden oder Belägen, so Douwes. Überraschungen gab es wenige. Unter dem Estrich wurde belastetes Ölpapier gefunden, erzählt der Polier – ein Fall für den Sondermüll. „Alles wurde bis Februar fachgerecht entsorgt.“ Anschließend wurden unter anderen die Betumenbahnen auf den Dächern abgefräst, bevor Anfang März mit den eigentlichen Abrissarbeiten begonnen werden konnte.
Da kommt der „Longfront“ ins Spiel, der seitdem mit seiner riesigen Betonschere die Gebäudeplatten kleinschneidet. Dabei spritzt die Schere gleichzeitig Wasser auf die zu bearbeitenden Stellen. „Auf diese Weise halten wir die Staubentwicklung gering“, so Douwes. Zwei weitere Bagger „kehren“ den Schutt zusammen und zerkleinern die Teile noch einmal. Dabei werden Stahl und Beton voneinander getrennt. „Das ist die Vorbereitung für die Brechanlage, der Beton kann im Straßenbau wiederverwendet werden.“ Und auch in Waldbröl kommt er als Füllmaterial für die Keller noch einmal zum Einsatz. Fünf Arbeiter arbeiteten jeden Tag zehn Stunden daran, dass das Merkurhaus bald Geschichte ist. Am Ende werden rund 15.000 Kubikmeter Baustoffe abgerissen worden sein. „Gerade sind wir bei etwa 5.000.“
[Hartmut Douwes beaufsichtigt den Abriss des Merkurhauses.]
Das Schwerste an den Arbeiten sei die Nähe zu den Gebäuden in der direkten Nachbarschaft des Merkurhauses. „Die sollen ja alle stehenbleiben“, erklärt Douwes mit einem Lächeln. Während fast der gesamte Abriss ohne Sperrungen auskommt, werden die Bagger in etwa einem Monat bis zu jenem Gebäudeteil vorgedrungen sein, der an die Kaiserstraße grenzt. „Dort wird es vermutlich eine Teilsperrung geben“, sagt Douwes. Anschließend geht es auf die Zielgerade. Der Polier hofft, dass bis Juli alles fertig ist. „Wir hinterlassen hier am Ende eine tragfähige Schotterfläche.“ Der Abriss kostet rund 1,5 Millionen Euro.
Wann es danach mit der Entwicklung weitergeht, hängt von mehreren Faktoren ab. Ein Teilstück wird die Stadt Waldbröl gestalten, unter anderem soll ein Platz für unterschiedliche Veranstaltungen entstehen. Die Pläne des Büros ASS werden gerade im Bezug auf die Grünflächen vom Büro AGL aus Krefeld weiter verfeinert. Parallel dazu läuft die Suche nach einem oder mehreren Investoren für die drei Flächen an der Kaiser- und der Bahnhofstraße, in die das Gelände aufgeteilt wurde. „Es gab schon Gespräche“, sagt Jan Kiefer, Stadtplanung Waldbröl. Einen Abschluss gebe es aber noch nicht.
[Sicht von der Droste-Hülshoff-Straße mitten hinein in die Wohnungen des Merkurhauses, die vor Beginn des Abrisses bereits zwölf Jahre leer standen.]
Doch auf diesen kommt es an, damit die Vorstellungen der Investoren und die Pläne der Stadt aufeinander abgestimmt werden können und die Politik diese verabschieden kann. Eines ist klar, wie Christoph Peikert, Leiter des Waldbröler Gebäudemanagements, sagt: „Die Entwicklung der öffentlichen Fläche wird erst begonnen, wenn die Projekte drumherum stehen oder im Bau begriffen sind.“
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KOMMENTARE
1
Ist den Naturschützern und Verantwortlich vor Ort bewusst das dort diverse Vögel brüten und aktuell zu beobachten immer wieder durch Balkone und Fenster ins noch vorhandene Gebäude aus- und einfliegen ...?
M. Paschke, 30.04.2020, 07:19 Uhr2
Beobachte den Abriss auch regelmäßig und mir sind die Tiere auch schon aufgefallen!
Ilka Falk, 30.04.2020, 17:20 Uhr3
Die seit Wochen andauernde Entkernung des Gebäudes ist den Vögeln ebensowenig verborgen geblieben wie der Krach der Baumaschinen. Die wissen durch Oberberg Aktuell über den bevorstehenden Abriss Bescheid, haben den Umzug längst geplant u. holen z. Zt. nur ihre Sachen.
4
Es verschwindet endlich der größte Schandfleck von Waldbröl.Mfg Dirk Neusinger
Dirk Neusinger, 04.05.2020, 17:34 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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