LOKALMIX
Moderner und flexibler: Bürgerbus jetzt per Handy bestellbar
Waldbröl – Als erster Bürgerbusverein im Kölner Regierungsbezirk setzen die Waldbröler auf diese Lösung – Kunden dürfen aber auch zum Telefonhörer greifen.
Von Lars Weber
Der alte Plan für den Linienverkehr des Waldbröler Bürgerbusses hat ausgedient. Seit Anfang August ist das Angebot der Ehrenamtler umgestellt worden auf eine Bestellung per App oder per Telefon. Die Testphase ist erfolgreich angelaufen. Gestern hat der Bürgerbusverein Waldbröl nun das Angebot öffentlich im Rathaus vorgestellt. Die engagierten Waldbröler nehmen mit diesem Schritt einen Vorbildcharakter ein: Sie sind die ersten im Regierungsbezirk Köln, die auf eine App setzen. Zur Veranstaltung kamen auch unter anderem Bürgermeisterin Larissa Weber, Kreisplanungsdezernent Frank Herhaus, OVAG-Chefin Corinna Güllner, Thomas Rothe von der Bezirksregierung, lokale Politik und befreundete Bürgerbusvereine.
Der Bürgerbusvereinsvorsitzende Michael Jaeger erinnerte in seiner Präsentation an den Beatles-Song „The long and winding road“. Denn für die Realisierung ihrer Idee hatte es einen langen Atem gebraucht. Bis zu vier Jahre zurück liegen die ersten Gedanken dazu – eine Reaktion auf die Veränderungen in der Nutzung des Angebots. Denn nicht erst mit Corona habe die Zahl an Stammkunden abgenommen, ebenso wie die Zahl an Neukunden. Viele Leerfahrten habe es gegeben, die am Ende des Tages auch bei den ehrenamtlichen Fahrern für Frust sorgten. Dabei sei ein funktionierender Busverkehr bei 64 Dörfern als Ergänzung zur OVAG unverzichtbar. "Ich denke, auch die OVAG ist dankbar dafür, dass es uns gibt und wir seit zwölf Jahren diese Lücke füllen“, so Jager.
Ihnen sei klar gewesen, dass das System flexibler werden muss. Während die Kollegen in Engelskirchen auf telefonische Bestellung setzten, wollten sie die App. Allerdings habe es gedauert, bis OVAG und Kreis davon überzeugt gewesen seien. Bei den vielen bürokratischen Hürden habe vor allem die Waldbröler Stadtverwaltung enorm unterstützt, ebenso wie der Kreis, der für die App-Erstellung mit dem Anbieter PPS Kartenmaterial geliefert habe. Für die App bildete sich extra eine Arbeitsgruppe im Verein um Leo Wehling, Henner Rippel, Dirk Schneider und Werner Hebel , die eng mit den Experten zusammengearbeitet hatte.
Jaeger vergaß aber auch nicht die große Hilfe auf dem Weg dorthin, als beim Brand der Markthalle 2022 alle Busse zerstört wurden. „Wir standen vor dem Nichts!“ Ohne die Stadt, die Waldbröler Geschäftswelt und die befreundeten Bürgerbusvereine in Nümbrecht, Morsbach und Reichshof hätte dieses Ereignis sonst die Endstation bedeuten können.
So geht’s
[So sieht die Benutzeroberfläche aus.]
Abfahrts- und Zielpunktsind sind alle Bus- und Bürgerbushaltestellen im Stadt- und Gemeindegebiet von Waldbröl. Zusätzlich wurden 150 weitere virtuelle Haltestellen in allen Dörfern eingerichtet. Der Waldbröler Bürgerbus fährt von Montag bis Freitag von 8 bis 17. Der Tarif entspricht dem OVAG-Tarif. Im Stadtgebiet von Waldbröl gilt ein Kurzstreckentarif (zurzeit 2,70 Euro), im übrigen Gemeindegebiet Waldbröls die Tarifstufe 1 a (zurzeit 3,10 Euro). Die App erhält man kostenlos über die Homepage des Bürgerbusvereins.
Nach der einmaligen Registrierung mit einer Handynummer und einem selbst gewählten Passwort kann jede Fahrt bis eine Woche im Voraus und bis zu 20 Minuten vor der geplanten Abfahrt gebucht werden. Sollte der Bus zu dem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stehen, gibt die App Alternativen zum gewünschten Zeitpunkt an. Das System im Hintergrund denkt also mit und kombiniert gegebenenfalls auch Fahrten miteinander. Die aktuellen Wünsche und Informationen bekommen die Fahrer direkt in die Busse per Tablet.
Alternativ zur App kann auch von Montag bis Freitag in der Zeit von 9 bis 12 Uhr unter Tel.: 0175/11 66 604 der Bus telefonisch vorbestellt werden. Außerhalb dieser Zeiten ist ein Anrufbeantworter geschaltet, der am Vormittag abgehört wird.
Nun laufe seit drei Wochen der Probebetrieb. Die Tendenz bisher, so Jaeger: „Wir fahren nur noch die Hälfte der bisherigen Linienkilometer, haben aber ein vierfaches der Kundenzahl“. Dies tut natürlich auch der Umwelt gut. Die Hälfte der Kunden waren bislang Neukunden. Dabei werden auch die älteren (Stamm)Kunden mitgenommen, die vielleicht kein Handy haben. Für jene Fahrgäste sitzen Sandra Becker und Birgit Ramb am Telefon, um die Fahrtwünsche zu buchen.
Jaeger glaubt, dass der Bürgerbus gerade bei jüngeren Menschen attraktiver wird. Allerdings gibt es hier noch Diskussionsbedarf bei der Bezahlung. Generell nehmen sie auch Deutschlandticket und Schülerticket an. Während aber kostenfreie Fahrten für Menschen mit Beeinträchtigungen später rückerstattet werden, würden die Ehrenamtler Stand jetzt an Schülerfahrten keine Entschädigung erhalten. Jaeger hofft, mithilfe des Dachverbands der Bürgerbusse bei dieser Frage schnell ein faires Modell finden zu können.
Bürgermeisterin Larissa Weber bezeichnete die Neuerung als „wichtigen Schritt für die Mobilität der Stadt“. Thomas Rothe von der Bezirksregierung hofft darauf, dass das Modell in anderen Kommunen Nachahmer findet. Kreisplanungsdezernent Frank Herhaus lobte den Verein für sein Engagement und seine Idee. Im Rahmen des kreisweiten Mobilitätskonzepts seien die Bürgerbusse ein wichtiger Faktor. OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner verglich das neue Angebot mit dem erfolgreichen Monti-Modell und erinnerte daran, dass damit nicht den Taxi-Unternehmen das Geschäft weggenommen werden sollte.
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