LOKALMIX
2.000 Besucher schauten hinter die Kulissen
Oberberg - Nacht der Technik war laut Veranstalter ein voller Erfolg - Etliche Institutionen öffneten ihre Pforten - OA schaute vielerorts vorbei.
Eröffnung
Zur Eröffnung der ersten Nacht der Technik waren zahlreiche Vertreter aus Wirtschaft und Politik ins Gummersbacher Innovation Hub gekommen. Dort gab Koordinator Johannes Schmitt vom Veranstalter VDI und VDE gestern Nachmittag den Startschuss. „Wir freuen uns, dass aus dem Stand heraus 36 Institutionen bereit waren, ihre Pforten für die Besucher zu öffnen“, so Schmitt. Knapp 2.000 Teilnehmer hatten sich bis zum Nachmittag für mindestens eine der drei möglichen Führungen angemeldet, besonders viele junge Leute hätten das Angebot genutzt, um die Chance zu ergreifen, hinter die Kulissen der Betriebe zu schauen.
[Weitere Fotos: Galerie 1 - 5)
„Trotz der ländlichen Idylle sind wir ein herausragender Industriestandort mit hervorragenden Arbeitgebern und Karrierechancen“, warb Kreisdirektor Klaus Grootens (Foto) für die Region und erntete dafür vor allem von den vielen anwesenden Bürgermeistern aus den oberbergischen Kommunen viel Applaus. Immerhin seien es rund 16.000 Unternehmen, die die Region wirtschaftlich stark machten. Dass die IHK den Eintritt für Schüler übernommen hatte, war für den Gummersbacher Zweigstellen-Geschäftsführer Michael Sallmann selbstverständlich. Denn besonders für junges Klientel sei es wichtig, „Wirtschaft zu erleben“. Prof. Dr. Erke Permin vom Campus Gummersbach der Technischen Hochschule nannte einen weiteren Vorteil: „Hier kommen auch Unternehmensvertreter ins Gespräch."
Innovation Hub
Im Netzwerk des Innovation Hub Bergisches RheinLand setzen die 35 angeschlossenen Unternehmen und die TH Köln auf die "Weisheit der Vielen" um die Transformation der Industrie 4.0 zu realisieren und deren gesamtes Potenzial auszuschöpfen. "Daten sind ein neuer Rohstoff", unterstrich Martin Höffer, bei der Führung durch die Modellfabrik des Innovation Hub, wo an 3-D-Druckern für Metall und Kunststoff die komplexen Einsatzmöglichkeiten der Technik demonstriert wurden.
[Weitere Fotos: Galerie 6 bis 11.]
Während der Fertigung von Teilen an Spritzguss-und Fräsmaschine sammeln in der Modellfabrik unterschiedlichste Analysetools eine Vielzahl von Daten, die für die Firmen entweder für die vorbeugende Instandhaltung der Maschinen oder die Steigerung der Wirtschaftlichkeit von Bedeutung sind. An der Station für die "Assistierte Montage" eines Key-Organizers stellten sich die digitalen Montageanweisungen als probates Instrument für die Anleitung neuer Mitarbeiter heraus. Das bemerkenswerte Raum- und Möbelkonzept des InnoHub, setzt auf inspirierende Atmosphäre von Sylt-Style, englischem Gentlemen's Club und offenen Co-Working-Spaces.
Technische Hochschule
Über reges Besucherinteresse konnten sich die Mitarbeiter bei den verschiedenen Laborführungen freuen. So referierte Prof. Dr. Denis Anders, Leiter des Windkanal-Labors für technische Mechanik und Strömungslehre in einer Mini-Vorlesung zur Strömungsmechanik über die Grundlagen und die Geschichte der experimentellen Fahrzeugaerodynamik. Beginnend bei Edmund Rumplers Tropfenwagen, dem ersten, unter aerodynamischen Gesichtspunkten konstruierten Automobil mit einem Strömungswiderstand von 0,28, skizzierte er die Entwicklung hin zum "IAA Mercedes Concept Car", dessen Cw-Wert von 0,19 im Jahr 2015 als unübertroffen galt.
[Der Mathematiker Prof. Dr. Denis Anders faszinierte seine Zuhörer mit profunder Fachkenntnis und interessanten Erkenntnissen aus der Strömungslehre. Weitere Fotos: Galerie 12 bis 16.]
Dass sich die Fahrzeugentwickler zur Verbesserung des Luftwiderstandes ihrer Karossen die Ergebnisse der Windkanalforschungen zunutze gemacht hatten, visualisierte Laboringenieur Markus Baum eindrücklich am Modell eines Pkws mit Wohnanhänger. Im Bemühen um stete Fortentwicklung aerodynamischer Eigenschaften führen die Gummersbacher Wissenschaftler derzeit nicht allein Auftragsforschungen für die Automobilindustrie, sondern auch für den Radsport und die Optimierung von Drohnen durch.
Unitechnik
Es ist noch gar nicht so lange her, dass das neue Digi:Lab des Wiehler Familienunternehmens Unitechnik in Betrieb genommen wurde. Es war also gestern etwas Besonderes, dass der Spezialist für Automatisierungslösungen für innerbetriebliche Logistik und Produktion die Tore für die zahlreichen Interessierten öffnete. Da Unitechnik die Softwarelösungen für ihre Kunden selbst entwickelt, bedarf es natürlich einer Menge Innovation – und die zeigt das Digi:Lab eindrucksvoll. Gleich mehrere Angebote hatte der Mittelständler für die Interessierten im petto, alles überschrieben mit dem Thema „Digitaler Zwilling“.
[Mit VR-Brillen konnten die Besucher von Unitechnik in die Welt der Logistikzentren eintauchen, so wie hier der 13-jährige Maximilian. Weitere Fotos: Galerie 17 bis 21.]
Mithilfe von digitalen Simulationen und Modellen wird dabei nicht nur daran gearbeitet, dass die geplanten, riesigen Anlagen später nach dem Bau beim Kunden auch wirklich laufen. Es kann mit den Systemen auch direkt der Echtzeitbetrieb überprüft und gegebenenfalls nach Fehlern gesucht werden. Gestern wurde zum Beispiel in die Wipperfürther Firma Voss geschaltet – wo alles reibungslos funktionierte. Faszinierend auch der Workshop mit Virtual-Reality-Brillen, bei dem die Interessierten virtuell als Kommissionierer in einem Hochregallager mit anpacken durften. Außerdem machten an einer weiteren Station angehende Fachinformatiker an einem Fischertechnik-Modell und künftige Elektroniker mit kniffligen Aufgaben an Schaltsystemen in der Ausbildungswerkstatt Lust darauf, diese Berufe zu ergreifen.
Feuerwehr
Zwischen den Unternehmen und Bildungseinrichtungen wirkt die Feuerwehr Wiehl im heutigen Angebot fast wie ein Exot. Dabei passt das Thema natürlich bestens zur Feuerwehr, deren Fahrzeuge und Gerätehäuser vollgestopft sind mit moderner und spannender Technik. Vor allem, wenn man über ein relativ neues Gebäude und Einsatzgerät verfügt wie die Wiehler Löschgruppen Oberwiehl und BPW am Standort Bremigswiese. Das Gebäude wurde 2019 in Betrieb genommen.
[Ein Traum wird wahr: Jonah (3) freute sich total, sich gemeinsam mit seinen Eltern Maik und Lia in ein echtes Feuerwehrauto setzen zu dürfen. Weitere Fotos: Galerie 22 bis 26.]
Die Interessierten durften gestern einen Blick hinter die Kulissen werfen und die Fahrzeuge genauer in Augenschein nehmen. Den „Alleskönner“, das Hilfeleistungslöschfahrzeug, den LF20 mit Fokus auf Einsätze bei Industrie oder bei Waldbränden, den TSFW mit Schaumlöschanlage oder natürlich die Drehleiter. Wie funktioniert eine Wärmebildkamera, wie ein Hydraulikspreizer? Anschauen, reinsetzen, anfassen, ausprobieren und auch ein Feuer löschen, die Besucher bekamen das volle Programm geboten – zumindest, wenn das Wetter mitspielte.
OVAG
Einmal selbst hinter dem Steuer eines Busses sitzen: dieser Traum ist gestern für viele Besucher der OVAG wahr geworden. Die Oberbergische Verkehrsgesellschaft hatte auf ihren größten Betriebshof nach Gummersbach-Niederseßmar eingeladen. Vor Ort hatten die Besucher die Gelegenheit, den OVAG-Fahrschulbus über das Gelände zu steuern – ein echtes Highlight, wie Philipp Rumpel und Leon Agertz fanden. Insgesamt wurden an dem Abend vier Führungen geboten – so zum Beispiel die Simulation des Arbeitstages eines Busfahrers. Carsten Thomas, Teamleiter der Leitstelle, schlüpfte in die Rolle; OVAG-Betriebsleiter Sami Dinc führte über das Gelände und beantwortete zahlreiche Fragen.
[Vor der Halle 1 hatte die OVAG ein monti-Fahrzeug abgestellt, an dem sie über den zusätzlichen Fahrdienst informierte und für neue Mitarbeiter warb. Weitere Fotos: Galerie 27 bis 31.]
Für die Teilnehmer ging es vorbei an der Leitstelle, den Dienstplan in der Hand, hinein in den Aufenthaltsraum, wo an einem meterlangen Glaskasten Informationen zu aktuellen Baustellen und Umleitungen aushängen. Anschließend ging es in die Halle 2 mit ihren 55 Parkplätzen. Am Abend standen dort nur vereinzelt Busse, ein Großteil war im Rahmen der Nacht der Technik auf Oberbergs Straßen unterwegs. Nach einem kurzen, sicherheitsrelevanten Check fuhr Thomas mit den Teilnehmern über das Gelände – und dabei auch durch eine dritte Halle, in der die Busse täglich betankt und gewaschen werden.
Klinikum Oberberg
Im Kreiskrankenhaus Gummersbach zeigte man drei verschiedene Aspekte eines Krankenhausbetriebs: Prof. Dr. med. Stefan Saad, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie, erklärte den Besuchern die Feinheiten der sogenannten Laparoskopie. Dabei werden die OP-Instrumente und einer Kamera über sehr kleine Einschnittstellen (minimal-invasiv) in den Körper eingeführt. Nach den Erläuterungen des Mediziners durften die Besucher selbst Hand anlegen und in Zweierteams ein Gummibärchen aus einem Dummy-Bauch herausoperieren.
[Prof. Dr. Stefan Saad zeigte moderne OP-Techniken.Weitere Fotos: Galerie 32 bis 34.]
Dr. Frieder Haneberg von der Radiologischen Kooperationspraxis am Kreiskrankenhaus Gummersbach erklärte die Funktionsweise eines hochmodernen Kernspintomographen. Dieser ermöglicht detaillierte Einblicke in Organe und Gewebe, sodass sich Erkrankungen frühzeitig erkennen lassen. Die Besucher konnten sogar selbst das extrem starke Magnetfeld hautnah erleben und die Kraft mit verschiedenen magnetischen Gegenständen testen. Portemonnaies mit Chipkarten sowie Handys und Uhren mussten aber draußen bleiben, denn diese reagieren sehr empfindlich auf Magnetismus. Die Führung endete mit einem Ort, an dem selbst die meisten Mitarbeiter des Krankenhauses in der Regel noch nie gewesen sind. In der Technikzentrale im Keller erklärten die Haustechniker die Wege der Energie-, Wasser- und Heizungsversorgung im Krankenhaus und die Funktionsweise des Blockheizkraftwerks.
Teratron
Das Unternehmen Teratron ist einer der vielen sogenannten Hidden Champions in der Region. Ein Unternehmen, dessen Produkte auf der ganzen Welt verbaut und von Millionen Menschen genutzt werden, ohne dass diese davon wissen oder die Firma selbst kennen. „Unsere Lösungen sind immer in anderen Produkten verbaut“, erklärte Vertriebsleiter Sven Buschbeck. Teratron stellt so gesehen keine eigenen Produkte her, sondern entwickelt und produziert Elektronikkomponenten und passende Software speziell auf Kundenanfrage – insbesondere im Bereich von Schließ- und Sicherheitstechnik.
[Michael Marquart (links) und Sven Buschbeck in der Fertigungshalle von Teratron. Weitere Fotos: Galerie 35 bis 37.]
Namenhafte Kunden wie die Autobauer VW und BMW oder die Landmaschinenhersteller John Deere und Claas setzen auf Technik made in Gummersbach. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1999 im GTC Gründer- und TechnologieCentrum Gummersbach und zog vor wenigen Jahren in einen brandneuen Firmensitz im Industriegebiet Herreshagen. Dort arbeiten rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen. Wie in vielen Branchen wird Nachwuchs dringend gesucht, insbesondere im Bereich der IT: „Unsere Arbeit wird immer softwarelastiger“, berichtete Buschbeck. Mit der Teilnahme an der Nacht der Technik und Kooperationen mit z.B. der TH Köln am Standort Gummersbach möchte die innovative Firma ihren regionalen Bekanntheitsgrad steigern.
Fazit
Organisator Johannes Schmitt (Foto) ist am Tag danach begeistert: „Wir haben 2.000 angemeldete Teilnehmer gezählt, das entspricht etwa 5.000 Besuchen in den Betrieben“. Bis zu drei Touren konnte sich jeder Teilnehmer aussuchen, hinzu kamen Institutionen, wo keine Anmeldung erforderlich war. Die genauen Zahlen würden erst in den nächsten Tagen vorliegen. Auch die Resonanz der Unternehmen sei durchweg positiv: „Anders als in anderen Regionen haben im Oberbergischen sogar erste Bewerbungsgespräche stattgefunden“. In Köln zum Beispiel läge die Motivation der Teilnahme eher im technischen Interesse des Besuchers als bei der Suche eines Arbeitsplatzes. Viele Familien hätten das Angebot wahrgenommen, um sich generationsübergreifend ein Bild für die berufliche Zukunft des Nachwuchses zu machen. Begeistert war Schmitt auch, wie groß das Interesse von Kommunalpolitikern und Wirtschaftsvertretern an der Veranstaltung war: „Hier ist man viel näher am Menschen als in der Großstadt", so sein Eindruck. Gerne komme man im Zwei-Jahres-Rhythmus ins Oberbergische zurück.
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