LOKALMIX
Nervenkitzel und pure Leselust mit Bestseller-Autorin Tess Gerritsen
Wiehl - Im Rahmen einer exklusiven Lesung ihres Neulings „Die Sommergäste“ weckte die international bekannte Schriftstellerin Tess Gerritsen pure Leselust unter den Gästen im Bielsteiner Burghaus.
Von Ute Sommer
Dass amerikanische Weltbestseller-Autorinnen auf Lesereisen Präsentationen in Großstädten wie Hannover, Hamburg, Erfurt oder München veranstalten, gilt in Literatur-affinen Kreisen als die Regel. Die Ausnahme von besagter Regel allerdings erlebten gestern rund 100 Glückspilze, die Karten für die Wiehler Lesung von Tess Gerritsen in der Bielsteiner Burg ergattert hatten, zu der die Buchhandlungen Hansen & Kröger geladen hatten.
Die prominente Vertreterin der Literaturszene veröffentlichte bisher 32 Romane, von denen einige als Vorlage zur Kultserie Rizzoli & Isles dienten. Als eine Station auf ihrer sechs-tägigen Deutschland-Tour besuchte Gerritsen gestern das Burghaus, wo sie in Begleitung von Moderatorin Margarete von Schwarzkopf und Hörbuchsprecherin Julia Nachtmann die Neuerscheinung „Die Sommergäste“ promotete, der Ende Mai erschienen bereits Platz drei der Bestsellerliste belegt.
„Live und in Farbe“ gelang dem eloquenten Trio mühelos das Meisterstück, das Interesse und die Aufmerksamkeit des Auditoriums auch über die Sprachgrenze hinweg hochzuhalten. Als Gegenüber ihrer alerten Interviewerin und Übersetzerin Margarete von Schwarzkopf gestattete die Spannungsautorin Gerritsen im lockeren Plauderton Einblicke in ihre private Lebenswelt in Camden/Maine, deren Einwohnerschaft im Wesentlichen aus pensionieren CIA-Spionen besteht, ihre frühere Berufstätigkeit als Ärztin und ihr daraus resultierendes Misstrauen gegenüber der scheinbaren Allwissenheit von Medizinern.
Diente diese Skepsis bereits 2001 als Vorlage ihres Medical-Thrillers „Die Chirurgin“ inspirierte die geheimnisumwitterte Vergangenheit der Camden-Nachbarschaft zum neuen Thriller, in dessen Mittelpunkt ein befreundetes Quintett von verrenteten Spionen gehört, die sich als „Martini-Club“ in die Aufklärung mysteriöser Ermittlungsfälle einschalten. Packend und in drastischer Sprache fasziniert bereits der, sich an realem Geschehen orientierende Prolog des Romans, in dem ein Attentäter mit einem Lieferwagen in eine Menschenmenge rast. Der Anschlag geschieht in Purity, einem beliebten Ferienort für wohlhabende Amerikaner.
Als kurz darauf ein Mädchen aus einer der Urlauberfamilien verschwindet, spitzt sich der Spannungsbogen zu und die dem Dolce Vita zugeneigten Senioren-Spione Maggie, Declan, Ben, Ingrid und Lloyd treten auf den Plan. „Die Figur von Maggie war als Stimme in meinem Kopf“, erläuterte die 71-jährige Schriftstellerin, die im dichten Plot der “Sommergäste“ ganz nebenbei die unterschätzten Kompetenzen von Silver-Agern hervorhebt. Hinter dem harmlos klingenden Titel verbergen sich gleichzeitig auch soziale-, familiäre und gesellschaftliche Bruchlinien, die im Zusammenspiel mit tiefgründig angelegten Charakteren Höchstspannung und subtilen Nervenkitzel liefern.
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