LOKALMIX
Milchtankstelle: Neue Wege eingeschlagen
Gummersbach - Mit der Einrichtung einer Milchtankstelle in Hardt-Hanfgarten geht das Landwirt-Ehepaar Merten neue Wege, auch um die wirtschaftliche Existenz zu sichern.
Von Leif Schmittgen
Die Kunden standen heute Morgen vor dem neuen Verkaufshäuschen auf dem Hof des Landwirt-Ehepaars Holger und Melanie Merten Schlange. Dabei war die neu installierte Milchtankstelle noch gar nicht offiziell durch die Kreisveterinäre Dr. Stefan Kohler (Amtsleiter) und Nicole Arnold (Sachgebietsleiterin Lebensmittelüberwachung) abgenommen. Dass dies reine Formsache- und eine persönliche Abnahme in der Regel nicht zwingend erforderlich ist, war allen Beteiligten bewusst. Allerdings wurde der Anlass genutzt, um öffentlichkeitswirksam auf die „neuen Wege“, die man auf dem „Mertenhof“ geht, aufmerksam zu machen. Rund 200.000 Euro wurden auf dem Betrieb in Hardt-Hanfgarten investiert, um die wirtschaftliche Existenz auf sichere Füße zu stellen.
Dafür wurde nicht nur die Tankstelle, an der sich die Abnehmer für einen Euro pro Liter die unpasteurisierte Frischmilch selbst zapfen können, in der neugebauten Hütte installiert. Diese beherbergt seit dem Sommer auch einen Verkaufsautomaten, an dem man ebenfalls im SB-Verfahren weitere vom Hof stammende Produkte erwerben kann. Dazu gehören zum Beispiel Nudeln und die dazu passendende Bolognese-Soße, aber vor allem Eier. Dafür hat das Ehepaar, das den Hof in dritter Generation seit 2017 betreibt, ebenfalls Geld in die Hand genommen und in einen vollautomatischen mobilen Hühnerstall investiert. In diesem öffnen sich die Türen autark und auch die Futterzuführung erfolgt ohne eigenes Zutun. Damit die rund 450 Hühner auch ausreichend grasen können, wird der Standort des Stalls im Wochenrhythmus verändert.
Rund 400 Eier wandern seit dem Sommer täglich über die SB-Ladentheke: „Wir können den Bedarf an Eiern schon jetzt kaum decken“, sagte Holger Merten freudig. Auf ähnlich guten Absatz hofft er bei der Milch: 50 Liter pro Tag sind angepeilt. Dass die Kunden das Geschäftsmodell der Direktvermarktung annehmen, spricht offensichtlich für das Geschäftsmodell, das allerdings aus der Not heraus geboren wurde. „Bei rund 30 Cent pro Liter Milch, ist es schwierig, über die Runden zu kommen“, meinte Melanie Merten. Erschwerend kommt für die Landwirte hinzu, dass sich die Subventionsrichtlinien zur Milchviehhaltung verändert haben.
Die Milchtankstelle
Die neu angeschaffte Milchtankstelle auf dem Mertenhof hat zwei Tanks mit je 50 Litern Fassungsvermögen für Rohmilch. Diese wird bei rund drei Grad Celsius permanent gekühlt.
Wer kein passendes Behältnis hat, kann Glasgefäße am Automaten erwerben. Nach jedem Zapfvorgang wird die Anlage automatisch gereinigt, außerdem ist der Verkaufsraum, der von 6:30 bis 21 Uhr geöffnet ist - zur Einhaltung der Hygienevorschriften - videoüberwacht.
Täglich werden zusätzlich die Leitungen im Inneren gereinigt. Damit das Ehepaar und die Nachbarn nachts nicht gestört werden, wurden die Verkaufszeiten eingeschränkt.
Galt die Anzahl von den Mertens heute gehaltenen 20 Rindern vor 40 Jahren noch als groß, musste der Bestand, um an nötige Gelder zu gelangen, in den Betrieben deutlich erweitert werden. Die Folge war entweder die komplette Abschaffung der Milchviehhaltung oder eben die Aufstockung. In Hardt-Hanfgarten entschied man sich für einen anderen Weg und öffnete damit offensichtlich erfolgreich neue Einnahmequellen zur Existenzsicherung.
[Foto: Melanie Merten --- Der mobile Hühnerstall.]
KOMMENTARE
1
Eine tolle Idee, ich wünsche euch viel Erfolg!
Maiki, 11.11.2020, 07:33 Uhr2
Ein interessantes Angebot. Auch ich werde in den nächsten Tagen vorbeischauen und Milch sowie sowie Glasbehältnis käuflich erwerben. Des weiteren interessieren mich auch die anderen angebotenen Produkte.
Pe, 11.11.2020, 17:45 Uhr3
War gestern um 19:00 Uhr da. Sehr ansprechend. Milch lecker. Leider war de Kühlschrank halb leer. Es gab keine Eier mehr. Nachfüllen ist angesagt, wenn die Umsätze stimmen sollen. Und etwas Köse im Angebot fände ich auch klasse. Grundsätzlich finde ich das Konzept sehr gut und nutze es schon länger. Musste bisher nur immer weit fahren. Jetzt nicht mehr.
Weiter so! Den Euro für einen Liter unverfälschte Milch bezahle ich gerne. Damit unterstützen wir die Landwirtschaft direkt.
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