LOKALMIX

Oberbergischer Dom: Die Glocken bekommen neue gute Stube

lw; 31.12.2021, 13:26 Uhr
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Fotos: Lars Weber --- Die tonnenschweren Glocken hängen im Moment in der leeren Glockenstube mit Spannbändern an den eingezogenen Stahlträgern.
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Oberbergischer Dom: Die Glocken bekommen neue gute Stube

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lw; 31.12.2021, 13:26 Uhr
Gummersbach – Sanierung der evangelischen Kirche kommt voran – Holzbalken im Turm in keinem guten Zustand – Suche nach weiteren Förderprogrammen.

Von Lars Weber

 

Stumm sind die vier Glocken des Oberbergischen Doms, also der evangelischen Kirche in Gummersbach, über Weihnachten geblieben. Jener Zeit also, in der auch gerne mal die Tradition des Beierns gepflegt wurde, das manuelle Anschlagen der Glocken. Freilich war dieses Weihnachtsfest nicht das erste, das ohne Glockengeläut aus dem Kirchturm auskommen musste. Seit Herbst 2018 ist es still geworden in der Glockenstube, die Sanierung des Turms läuft seit Anfang 2019. Seitdem gab es so einige Überraschungen für die Verantwortlichen der evangelischen Kirchengemeinde Gummersbach. Trotzdem: Zumindest das Projekt Kirchturm biegt nun auf die Zielgerade ein.

 

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An der Fassade ist die meiste Arbeit bereits gemacht. 70 Prozent der Steine wurden ausgetauscht. Auch der Grundputz ist angebracht. Es fehlen nur noch zwei weitere Schichten Feinputz und der weiße Anstrich, erzählen Baukirchmeister Frank Vogt und Pfarrer Markus Aust. Doch bevor diese Aufgabe erledigt werden kann, ist Mitte November die letzte große Phase der Kirchturmsanierung gestartet. Das Gerüst wurde bis zum Wetterhahn erhöht. „Gut 40 Meter ist es jetzt hoch“, sagt Vogt. Zugleich wurde in einer spektakulären Aktion mit einem Spezialkran die Glockenstube mit Doppel-T-Trägern gesichert (OA berichtete).

 

Die Glockenstube ist sozusagen das Sorgenkind im Moment. Eine Untersuchung hatte erhebliche Schäden am Holz gezeigt – bis in die Spitze hinein. Vogt zeigt dabei das erste Balkenstück, was aus der Glockenstube entnommen wurde. Es liegt im Moment im zur Kirche benachbarten Gemeindehaus. Das Stück Holz sieht an zwei Seiten, die nach außen sichtbar waren, als es noch verbaut war, zwar mitgenommen, aber noch intakt aus. Wenn Vogt den Balken jedoch auf die anderen Seiten dreht, ist das Ausmaß des Schadens mit bloßem Auge sichtbar. Das Holz bröckelt bei jeder Bewegung des Balkens, es scheint, als ob es sich nur vom Ansehen immer weiter auflöst. Der Staubsauger steht deshalb immer griffbereit, wenn das Holz ausgepackt wird. „Mir wurde schlecht, als ich die Schäden zum ersten Mal gesehen habe“, sagt Vogt. Schließlich lagerte auf diesen verfaulten, verpilzten Balken das gesamte Ständerwerk samt Glocken.

 

[Die Balken sind in keinem guten Zustand.]

 

Dementsprechend musste gehandelt werden. Alle Holzbalken, die statisch von Bedeutung sind, wurden abgebaut und in eine Halle verfrachtet, um sie dort fachgerecht zu sanieren. Dabei werden Balken aus Frankreich eingesetzt, die die Fachfirma auftreiben konnte. „Es soll alles erhalten werden, was geht. Und alles ausgetauscht werden, was muss“, erklärt Aust. Denn selbstredend steht das älteste Gebäude der Kreisstadt unter Denkmalschutz. Und der zuständigen Behörde ist es wichtig, dass möglichst viele Balken, teils noch aus dem 15. Jahrhundert, erhalten bleiben. Die Glockenstube ist gerade fast leer. Wo sonst viele Balken dem Gebilde Stabilität gaben, hängen die vier Glocken – die schwerste wiegt zwei Tonnen – an Spannbändern an den eingezogenen Stahlträgern.

 

[Querschnitte vom Turm: Die roten Stellen bedeuten, dass dort etwas passieren muss.]

 

Sobald die Glockenstube wieder intakt ist, verlagern sich die Arbeiten noch weiter nach oben. Der Turmhelm wird dabei aufgemacht, alle Balken des Daches werden überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht oder saniert. Dabei wird das Dach auch abgedeckt werden müssen. „Wir brauchen Einblick in das Spinnengeflecht“, sagt Aust. Gerade die letzten vier bis fünf Meter werden dabei herausfordernd, da die Konstruktion nur von außen zu begutachten sein wird. Innen ist es an dieser Stelle schon zu eng. Bei diesen Arbeitsschritten soll auch ein neuer Zugang von innen zum Dach geschaffen werden, um die Kontrolle in Zukunft zu erleichtern.

 

Die Kosten für das Projekt sind angesichts der vielen Überraschungen immer weiter gestiegen. Anfänglich waren 800.000 Euro nur für den Kirchturm eingeplant gewesen. Die Sanierung der gesamten Kirche sollte 2,8 Millionen Euro kosten. Inzwischen rechnet die Gemeinde mit 2,3 Millionen Euro für den Kirchturm allein. Die Gesamtsanierung wird nun – inklusive Turm – auf 7,2 Millionen Euro geschätzt. „Allerdings ohne Überraschungen“, sagt Aust. Dass es nicht bei diesen Kosten bleiben würde, ist also mehr als nur wahrscheinlich.  

 

[Pfarrer Markus Aust (l.) und Baukirchmeister Frank Vogt.]

 

Zumindest die Finanzierung für den Turm stehe aber. Allein an privaten Spenden seien 460.000 Euro zusammengekommen, für die die Verantwortlichen sehr dankbar sind. Hinzu kommen 200.000 Euro Landesmittel, 700.000 Euro vom Kirchenkreis und ein Kredit über 250.000 Euro. Der Rest werde Rücklagen entnommen. Zudem steht die Gemeinde im Austausch mit der Stadtverwaltung, die zugesagt habe, bei der Suche nach weiteren Fördertöpfen unter die Arme zu greifen. „Für Kirchensanierungen sind keine Mittel bei der Städtebauförderung vorgesehen“, erklärt Aust. Viel Hoffnung hat er gerade nicht auf weitere Fördermittel. „Beim Bund, beim Land oder der Stiftung Denkmalschutz gibt es gerade keine passenden Programme.“

 

Die Fertigstellung des Turms soll bis Ende 2022 erfolgt sein. Das ist die Hoffnung von Vogt und Aust. Bis dahin soll der Turm wieder in seinem signifikanten Weiß über der Stadt strahlen. Und auch die Glocken sollen wieder läuten – und das Weihnachtsfest endlich wieder begleiten. In einem Jahr werden es die Gummersbacher wissen.

KOMMENTARE

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Danke für diese Einblicke durch Oberberg Aktuell! Und danke für das Engagement der Beteiligten! Schon jetzt freue ich mich darauf, die Glocken wieder läuten zu hören. Ihr Klang fehlt unserer Stadt.

Frank-Michael Rommert, 01.01.2022, 12:29 Uhr
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