LOKALMIX
Politik als letzter Türöffner für Platte-Zukunft?
Wiehl – Investorengruppe fühlt sich ungerecht behandelt, möchte aber an dem Grundstück festhalten – Verwaltung kann Vorwürfe nicht nachvollziehen.
Von Lars Weber
Die Enttäuschung über den vorerst gescheiterten Prozess, auf dem Platte-Grundstück ein modernes Wohn- und Geschäftshaus zu bauen, sitzt bei Investor Jens Kleemann, Architekt Nico Burgmer und Steuerberater Dirk Schmittseifer auch knapp eine Woche nach der emotionalen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses noch tief. Darum hat die Investorengruppe Vertreter der Presse in das Architekturbüro Burgmer eingeladen. „Zwei Jahre war das eine einzige Gerüchteküche“, sagt Burgmer. Nun wolle man das Projekt in die Öffentlichkeit bringen und die Hintergründe und Ideen erklären. Außerdem möchten sie deutlich sagen: „Wir fühlen uns von der Verwaltung ungerecht behandelt“, so Dirk Schmittseifer.
Ihre Planungen hätten auf gültigem Baurecht basiert, ihre Bauvoranfrage wäre gemäß dem Bebauungsplan von 1983 zu genehmigen. Durch eine Hinhalte-Taktik der Verwaltung über die zwei Jahre seit dem Kauf des Grundstücks und die planungsrechtlichen und politischen Schachzüge – der Aufstellungsbeschluss für einen neuen B-Plan und die Mehrheit für eine Veränderungssperre – wurde ihnen die Planungsgrundlage im Nachhinein genommen. „Wir sind mit viel Vertrauen in die Verwaltung in das Projekt reingegangen und wollten es auch zusammen verwirklichen“, sagt Kleemann. Dieses Vertrauen sei enttäuscht worden. „Wir wurden an der Nase herumgeführt.“ Für das Ausmaß an Einflussnahme auch bei der Entwurfsplanung fehle das Verständnis. Am Ende hatten Kleemann, Burgmer und Schmittseifer nicht mehr den Eindruck, dass es um eine fachliche Diskussion geht, sondern um persönlichen Geschmack. Schon jetzt ist klar, dass sie sich rechtlich beraten lassen und Schadensersatzansprüche prüfen werden.
Dabei sind sie von ihrem Entwurf überzeugt – schon aus persönlichen Gründen. Denn zwei der Wohnungen in dem Neubau mit insgesamt zwölf Wohneinheiten wollten Kleemann und Schmittseifer selbst beziehen. Dies sei die ursprüngliche Motivation für das Projekt gewesen und unterscheide sie als Wiehler deutlich von Investoren von außerhalb. Die restlichen Wohnungen wären vermietet worden.
[Das ehemalige Hotel Platte befindet sich in keinem guten Zustand. Ein Sanierungsprojekt sei laut der Investorengruppe doppelt so teuer wie ein Neubau und rechne sich nicht.]
Sicher war von Anfang an: Das Bestandsgebäude ist zu verbaut und in einem zu schlechten Zustand, als dass sich eine Sanierung und sinnige Nachnutzung rechnen würde, so die Investoren. Auch aufgrund der persönlichen Nähe zu dem Projekt habe man sich aber viele Gedanken gemacht, wie sich ein Neubau ins Stadtbild einfügen könne. So entstand die Idee, die einzelnen Geschosse nach hinten versetzt anzuordnen, um eine Engstelle oder eine Häuserschlucht zu vermeiden. Zudem werde so der Straßenblick erweitert, statt weiter verengt. Durch die Anordnung zählt das oberste Geschoss baurechtlich nicht als Vollgeschoss, sodass der Neubau 3,5 Etagen zählen würde. Weniger einengend sollte auch der rückwärtige Teil gestaltet werden. Im Vergleich zum Bestand hätte es zwischen dem Neubau und den Häusern in der Straße „Im Weiher“ mehr Raum gegeben.
Der öffentliche Baumbestand sollte laut Burgmer erhalten bleiben. Weiter sollte an der unteren Etage die Naturstein-Fassade der prägenden Kirchenfassade angepasst sein. Farblich wiederum sollte der Bau dem Rathaus gleichen. Gerade die Ansprüche an die Fassade und die besondere Form seien kostspielig. Die Maßnahmen hätten aus Sicht der Investoren aber maßgeblich dazu beigetragen, den Bau in das Stadtbild einzugliedern. Anfänglich planten die drei Männer mit einer Umsetzung des Baus mit rund 5,7 Millionen Euro. Nach zwei Jahren der Planungen und den überall um sich greifenden Baukostensteigerungen rechnen sie inzwischen mit mehr als sieben Millionen Euro.
[Grafik: Burgmer Architekturbüro.]
Als Hauptstreitthema bezeichnen Burgmer, Kleemann und Schmittseifer das Dach. Die Stadt habe immerzu am Satteldach festgehalten. Dabei sprechen für Burgmer die Argumente klar für eine Flachdachlösung. Die Energieeffizienz, der Schallschutz, das bessere Wohnklima und die Höhenoptik zählt der Architekt dabei auf. „Zudem können wir mit Wasserspeichermatten auf dem Dach eine Retensionsfläche mitten in der Stadt schaffen.“
Die Umsetzung ihres Entwurfs ist allerdings in weite Ferne gerückt. Die Veränderungssperre gilt noch ein Jahr. Was der neue Bebauungsplan bringt, ist unklar. Verkaufen wollen die drei Männer das Grundstück aber nicht wieder. Auch wenn der Bauzaun schon bestellt sei und das Corona-Testzentrum bald schließen soll. Das Festhalten an dem Platte-Grundstück heißt auch, dass der Wunsch zu bauen weiter vorhanden ist. Das bestätigen auch Burgmer, Kleemann und Schmittseifer. Da die Verwaltung für sie als Gesprächspartner momentan nicht infrage komme, setzen sie nun auf eine andere Karte: „Wenn auf dem Grundstück noch etwas passieren soll, führt der Weg nur über die Politik“, macht Kleemann klar. Dort hätten sie viel Zuspruch für ihre Ideen erhalten.
Das sagt die Verwaltung
"Die Stadt Wiehl hat großes Interesse an einer zügigen Bebauung des Platte-Grundstücks durch die Investoren", heißt es in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung. "Eine Hinhaltetaktik seitens der Kommune wäre kontraproduktiv. Niemand möchte, dass an dieser Stelle jahrelanger Stillstand eintritt und die Fläche verwahrlost." Allerdings gehe es an diesem städtebaulich wichtigen Standort darum, mit besonderer Sorgfalt und Sensibilität zu planen. Daher habe die Stadt den Investoren bereits kurz nach dem Grundstückskauf Mitte 2020 erläutert, dass eine Studie notwendig ist, um die Rahmenbedingungen für eine Bebauung zu klären.
Die Ergebnisse der von externen Fachleuten erstellten städtebaulichen Studie sei den Investoren im Dezember 2020 vorgetragen worden – verbunden mit dem Hinweis, ihren Entwurf entsprechend der Studie zu überarbeiten. "Das ist leider bis jetzt nicht geschehen. Hier wäre es wünschenswert, dass sich die Investoren auf die Vorgaben aus der Studie zu bewegen."
Was die Gestaltung betrifft, so gehe es der Stadt nicht um Geschmacksfragen, sondern um eine "städtebaulich gute Lösung". Die vorliegende städtebauliche Studie gebe in erster Linie Formen vor und ermögliche vielfältige architektonische Ausgestaltungen. "Die Verwaltung favorisiert zwar eine Lösung mit Satteldach, dies ist aber keine zwingende Vorgabe."
Nach wie vor sei die Stadt Wiehl davon überzeugt, dass es für diesen Standort eine gute städtebauliche und architektonische Lösung gibt – die sowohl die Interessen der Investoren als auch städtebauliche Ziele berücksichtigt. "Dafür müssen die Gespräche fortgeführt werden, unabhängig davon, ob ein Bauzaun zur Sicherung des Gebäudes erforderlich ist oder nicht." Konkret erfolgt derzeit die Erarbeitung des Bebauungsplans Nr. 109 auf Grundlage der städtebaulichen Studie. "In die Aufstellung können übrigens auch Konkretisierungen einfließen, die sich aus möglichen weiteren Gesprächen mit den Investoren ergeben."
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KOMMENTARE
1
Ja ja
In Wiehl wo der Bürgermeister/Verwaltung residieren da muß natürlich was schönes gebaut werden was keinen stört .
In Oberwiehl dagegen kann natürlich gebaut werden was einem gerade in den Sinn kommt.
Zwei Türme die unheimliche gut in das Dorf passen.
Könnte natürlich auch daran liegen wer die bezahlt hat und welchen Einfluss man da nehmen kann
Ein Oberwiehler
2
Warum müssen alle neuen Gebäude aussehen wie große Schuhkartons? Ich wünsche mir eine kreative Lösung, bei der es nicht nur um die maximale Wohnungsanzahl geht, sondern um die Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt. Nehmen Sie die Herausforderung an!
Petra Welter, 10.06.2022, 08:45 Uhr3
Da wird das Wiehler Gymnasium vorher fertig!? Bauvorhaben die größer wie der Rathausvorplatz sind werden aus Angst vor Entscheidung und Verantwortung nie umgesetzt.
Michael Pack, 10.06.2022, 11:05 Uhr4
Also wird die Hütte so lange vor sich hin modern, bis sie endgültig abgerissen werden muss.
Mir persönlich gefällt der Entwurf und die Formsprache.
5
Das geplante Bauvorhaben ist architektonisch ansprechen und passt in Kubus und Gestaltung voll ins Stadtbild. Bin gespannt, welche Gestaltungs- und Bebauungsfestsetzungen der jetzt aufzustellende Bebauungsplan für das Wiehler Zentrum künftig vorgibt, Auf die Diskussion in den Fachausschüssen und dem Rat nach vorheriger Offenlage kann man nur gespannt sein. Das Gymnasium lässt grüßen.
Ein Wiehler, 10.06.2022, 13:01 Uhr6
Die Kritik der Investoren teile ich nicht. In über 30 Jahren Tätigkeit als Insider in der Immobilienbranche, habe ich die Wiehler Bauverwaltung als fair und ausgewogen erlebt. Es ist ein schwieriger Job. Immer gilt es zwischen Einzel- und Gemeinschaftsinteressen abzuwägen und meist schimpft einer. Ich hätte den Job nicht machen wollen. Das im inneren Stadtzentrum, nach den gewaltigen gestalterischen Veränderungen wie in Oberwiehl geschehen, mit größerer Vorsicht operiert wird, kann ich gut nachvollziehen und empfinde es im Sinn der Allgemeinheit als positiv.
Uwe Groß, 10.06.2022, 18:29 Uhr7
Für mich erscheint bereits auf dem Foto das Gebäude mit Flachdach als Störfaktor. Es gibt zahlreiche gute Beispiele an Bauten MIT einem Satteldach An so einer exponierten Lage finde ich es gerade wichtig, die umliegende Formensprache aufzunehmen - nicht nur im Material - damit das Stadtbild in dieser Region erhalten bleibt.
8
wieso ist dies in Oberwiehl erlaubt und es interessiert kein Schwein aus der Politik. Wieso werden riesen Bunker in Oberbantenberg gebaut und es interessiert kein Schwein aus der Politik. Aber vor der eigenen Haustüre den Hafen aufreißen SUPER! Genau das zeigt die Misswirtschaft die seit BB in Wiehl herrscht.
Wiehler Bürger, 10.06.2022, 19:14 Uhr9
Na, ob die Investoren gut beraten sind, sich an die Politik zu wenden? Allerdings stimmt es nachdenklich, wenn der Architekt einen Entwurf nach geltendem Planungsrecht gestaltet und dieser dem Konsortium um die Ohren gehauen wird. Man mag zu dem geplanten Gebäude stehen, wie man will (mir gefällt es nicht sonderlich). Aber man darf doch erwarten, wenn man sich an den geltenden Bebauungsplan hält, dass das Bauvorhaben auch genehmigt wird.
Wiehler, 10.06.2022, 19:31 Uhr10
Wie sehen denn die Pläne der Verwaltung aus. Ein Bild währe hier mal sehr gut um einen Vergleich zu bekommen.
Locke, 11.06.2022, 10:51 Uhr11
Der Bebauungsplan zum "Areal Platte" ist am 16. Juni 2020 beschlossen worden.
Ich hätte nun erhofft, dass seitdem mehrere Vorabskizzen von den Bauwilligen zeitnah bei der Verwaltung der Stadt Wiehl eingereicht worden wären, um Schwierigkeiten bei der Eingliederung in das Umfeld ebenso zeitnah ausräumen zu können. Hätte, wäre, vergossene Milch. Nun gibt es sehr spät einen Vorschlag seitens der Investoren, und eine zweifache Öffentlichkeitsbeteiligung wurde im Juni 2020 beschlossen. Das dauert so oder so. Da die geschätzten Baukosten von aktuell ca. 7 Mio. Euro für ca. 12
Wohnungen vielleicht schon die ca. 10% für den Grunderwerb beinhalten:
Es wäre schon enttäuschend, sollte der brutalistisch anmutende Bau nicht allerwenigstens zu 100% energetisch neutral und damit zukunftsfähig sein...
12
Ratschlag für die Investoren. Einfach mal die Architekten der wundervollen Kleinode in Oberwiehl befragen, wer hier die Satteldachkonstruktion geliefert hat, die letztlich die Verwaltung bzw. den Bürgermeister überzeugt hat. Ironie aus.
Es stellt sich die Frage, mit welchen Hütchenspieler Tricks die Verwaltungsleitung der Stadt Wiehl weiterhin Entscheidungen und letztlich Verantwortung - nicht nur in diesem Fall - verweigern möchte (DBG, Krematorium etc.). Zumal die aktuelle Situation durch entschlossenes handeln der Verwaltung gar nicht entstanden wäre. Ach was schreibe ich, entschlossen und aktueller Wiehler Bürgermeister.
Fällt mir spontan der gerne von meinem Geschichtslehrer zitierte Spruch am DBG Wiehl ein
Wo die Sonne der Kultur tief steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten.
13
Ratschlag an die Investoren andere verträgliche Architektur entwickeln. Ein bisschen Bruchsteinriemchen im Sockelbereich machen den sehr massiven Baukörper auch nicht verträglicher. Die Dachform wurde nur gewählt um oben eine Wohnung mehr unter zu bringen. Schade das Architektur immer nur auf mehr Fläche genieren aus ist. Vielleicht aber auch einen Workshop veranstalten wo Bürger und Fachleute aus der Region beteiligt sind. Es wird keinen Entwurf geben der allen zusagen wird. Sich jetzt auf stur zu stellen ist mit Sicherheit nicht die richtige Einstellung.
, 14.06.2022, 12:25 Uhr14
Der überflüssige Bauzaun steht, „verschönert“ das Stadtzentrum und steigert sicherlich massiv die Sympathiewerte der Investoren.
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