LOKALMIX

Re-Start an Förderschulen: „Es ist so kompliziert“

lw; 12.05.2020, 16:04 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Noch ist absolut unklar, wie es an den beiden Förderschulen weitergeht. Die Leitungen warten auf Antworten aus Düsseldorf.
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Re-Start an Förderschulen: „Es ist so kompliziert“

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lw; 12.05.2020, 16:04 Uhr
Wiehl – Unterricht an Helen-Keller- und Hugo-Kükelhaus-Schule in Oberbantenberg steht noch weitgehend still – Warten auf Entscheidungen des Ministeriums.

Von Lars Weber

 

Mitte März wurden alle Schulen in NRW geschlossen. Seitdem gab es verschiedene Experimente in Sachen Digitales Lernen oder auch Hausaufgaben per Post. Nach und nach wurden Pläne erarbeitet, um die Schüler wieder in die Klassen zu bekommen, erst jene der Abschlussklassen beziehungsweise die Viertklässler in den Grundschulen. Vergangene Woche hat das Land dann den Fahrplan der Schulöffnungen weiter präzisiert, sodass Lehrer, Eltern und Schüler zumindest ansatzweise eine Perspektive haben, wie es die nächsten Wochen bis zu den Sommerferien weitergeht. Dies gilt aber nicht für Förderschulen mit den Schwerpunkten auf der geistigen beziehungsweise der körperlichen und motorischen Entwicklung. Für diese Schulen soll ein Expertenteam der Landesregierung Regeln und Richtlinien festlegen. Die Helen-Keller- und die Hugo-Kükelhaus-Schule wissen also noch nicht, wie es genau weitergehen soll.

 

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Die Helen-Keller-Schule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung besuchen 170 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sechs und 20 Jahren. Von der Vorstufe an können die Schüler theoretisch bis zum Abschluss der Berufspraxisstufe auf der Schule in Trägerschaft des Oberbergischen Kreises bleiben. Doch seit Mitte März sind nur die wenigen Schüler der Notbetreuung regelmäßig dort. Häufiges Desinfizieren und Händewaschen stehen bei der 1:1-Betreuung an der Tagesordnung, beschreibt Schulleiterin Lydia Follmann das Treiben in der Schule momentan. Um das Einhalten der Abstände zu vereinfachen, geht es bei gutem Wetter oft nach draußen. Doch ein guter Teil des so wichtigen sozialen Miteinanders bleibe auf der Strecke. Zum Beispiel das gemeinsame Ritual des Frühstücks, bei dem sonst alle einander geholfen und auch miteinander geteilt haben, musste verändert werden. Jetzt bringt sich jeder Schüler sein Essen mit und isst für sich. Die Kinder seien zwar noch an einem Tisch, aber eine wichtige soziale Komponente fehle, erklärt Follmann. „Das ist sehr traurig.“

 

Den Schülern und teils auch den Eltern wurden in den vergangenen Wochen dicke Lernpakete und Instruktionen geschickt. In den vergangenen drei Wochen richteten die Lehrer und die Schulleitung eine digitale Plattform ein, über die individuelle Lerngruppen gebildet werden können, die Lehrer aber auch einzeln mit Schülern und Eltern in Kontakt treten möchten. Über das Angebot kann aber auch die Leitung zum Beispiel mit den Hausmeistern kommunizieren.

 

[Lydia Follmann, Leiterin der Helen-Keller-Schule.]

 

Follmann findet es zwar gut, dass sich aufgrund des Virus die Möglichkeit ergeben hat, solch ein digitales Angebot zu installieren. „Wir würden aber natürlich gerne wieder hier unterrichten, mit der gebotenen Vorsicht und der gebotenen Hygiene.“ Aber das Expertenteam des Schulministeriums stehe vor einer schweren Aufgabe, sagt sie. „Es ist so kompliziert.“ Das Maskengebot könnten viele Schüler umsetzen, aber es seien einige Schüler dabei, die zur Risikogruppe gehören. „Was ist mit ihnen? Wie kann der Unterricht sicher erfolgen?“, fragt sie selbst. Da die Lehrer teils auch pflegerische Aufgaben übernehmen, seien Abstände untereinander kaum einzuhalten. „Es gibt so viele Fragen, die vom Ministerium beantwortet werden müssen, bevor wir hier vor Ort über eine Umsetzung überhaupt nachdenken können.“

 

Gerade für die Schüler, die die Einrichtung im Sommer verlassen, hofft Follmann, dass noch vor den Ferien etwas passiert. „Es wäre so wichtig für die Schüler, sich verabschieden zu können.“ Falls dies im Schulgebäude nicht möglich sein sollte, arbeite das Kollegium aber bereits an Ideen, um den Abschluss versöhnlich zu gestalten.

 

 

Auf Antworten aus dem Ministerium wartet auch der LVR, Träger der Hugo-Kükelhaus-Schule mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. 169 Schüler im Alter zwischen sechs und 16 Jahren sind dort auf 17 Klassen verteilt. Anders als in der Nachbarschule gibt es dort neben der Betreuung von drei Notgruppen bereits wieder eine Beschulung in drei Präsenzgruppen für die Schüler der Abschlussklassen, die eine schriftliche Abschlussprüfung ablegen, teilt der LVR auf Nachfrage mit. Die ohnehin strengen Hygiene-Regeln seien noch um weitere Regelungen im Umgang mit SARS-CoV2 erweitert wurden.

 

„Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ist es wichtig, besonders vulnerable Gruppen der Bevölkerung mit einer chronischen Erkrankung oder einer (Mehrfach-)Behinderung in den Blick zu nehmen, die zu einem großen Teil der Risikogruppe für einen schweren Verlauf einer Covid 19-Erkrankung angehören“, schreibt der LVR. Gleichzeitig bestehe ein hohes Maß an Verantwortung für die soziale Teilhabe dieser Kinder und Jugendlichen Sorge zu tragen und auch ihnen den Schulbesuch und damit individuelle Förderung zu ermöglichen.

 

Bislang wurde der Kontakt via E-Mail und Telefon oder auch bei Videokonferenzen gepflegt, dazu gab es Lernpakete. Trotzdem: „Für Förderschüler ist die lange Pause sicherlich eine ungewohnte Situation, da viele sehr gerne zur Schule gehen und dort ihr soziales Umfeld pflegen und die gewohnte Tagesstruktur nun wegfällt.“ Ob die Schule noch bis zu den Sommerferien für weitere Gruppen geöffnet wird, darüber möchte der LVR nicht spekulieren: „Über die weitere Ausweitung des Schulbesuchs hat der LVR als Schulträger nicht zu entscheiden, sondern das Ministerium für Schule und Bildung NRW.“

KOMMENTARE

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Bei den Fragen der Förderschulen vermisse ich eine der Wichtigsten. Wer fährt die Kinder zur Schule? Der grösste Teil der Fahrer gehört der Risikogruppe an.

Drüen Wolfgang, 13.05.2020, 12:53 Uhr
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