LOKALMIX
Rettung in letzter Sekunde
Lindlar - ONI-Chef Wolfgang Oehm gibt von Abschiebung bedrohten drei Afghanen berufliche Zukunft und spricht von "absoluter Sauerei" und "volkwirtschaftlichem Unsinn" beim Umgang der Behörden mit dem Thema.
Von Bernd Vorländer
Wenn Wolfgang Oehm sauer wird, ist mit dem Unternehmer aus Lindlar schlecht Kirschen essen. Seine Mitarbeiter wissen, dass der Chef des Energieoptimierers ONI dann in der Lage ist, sehr deutlich Stellung zu beziehen. So war das auch vor rund zwei Wochen. Da wurde Oehm gewahr, dass Mustafa Heydare, Seyed Mousen Hoseyni und Abdullahi Houssain kurz vor der Abschiebung stehen. Alle drei hatten zuvor drei Jahre lang im Steinmüller Förderzentrum in Gummersbach eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik gemacht und im Januar 2020 die Prüfung erfolgreich abgelegt. Dass alle drei seit 2016, als sie als Asylsuchende nach Deutschland gekommen waren, zwischenzeitlich die deutsche Sprache gut beherrschen, kommt hinzu.
"Mir ist innerhalb weniger Sekunden die Zornesröte ins Gesicht gestiegen. Das ist eine absolute Sauerei", ist Wolfgang Oehm noch heute zornig, wenn er über die Abschiebedrohung gegen die drei jungen Afghanen spricht. Jedenfalls nahm Oehm den Hörer in die Hand, meldete sich bei Jörg Decker, dem Chef der Sozialraum Management GmbH, die die Männer betreute und erklärte dem hörbar erfreuten Geschäftsführer, dass er beabsichtige, die drei Facharbeiter in seinem Unternehmen zu beschäftigen. Gesagt, getan - wenige Tage später unterschrieben die Männer einen unbefristeten Arbeitsvertrag. "Wir konnten das erst gar nicht glauben. Uns wird ein Job angeboten und wir werden vom Firmenchef persönlich empfangen. Das ist für uns heute noch fast unglaublich", sagt Seyed Mohsen Hoseyni. Oehm schüttelte ihnen nicht nur die Hand, er nahm sie in den Arm und erklärte: "So, das ist euer neues Zuhause."
Die Unsicherheit für die drei Afghanen von denen etwa Hoseyni sein Geburtsland nur als Baby in Erinnerung hat, weil seine Eltern später in den Iran gingen, ist zwar noch nicht ganz vorbei, weil derzeit der Antrag auf eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis läuft, doch sie schauen optimistisch in die Zukunft, die sie bei ONI sehen.
Für Wolfgang Oehm könnte die Geschichte an diesem Punkt zu Ende sein - ist sie aber nicht. Zum einen mahnt er dringend Gesetzesänderungen an, die dafür sorgen, "dass Menschlichkeit eine wichtige Richtschnur unseres Handelns bleibt", so Oehm. Schließlich habe der deutsche Staat die drei neuen ONI-Mitarbeiter in ein Land abschieben wollen, in dem das Chaos regiere und Anschläge an der Tagesordnung seien. "Wenn Afghanistan wirklich so sicher ist, dann könnten die deutschen Verantwortlichen dort doch sicherlich mal einen Urlaub verbringen", schäumt Oehm. Doch auch volkswirtschaftlich sei das Abschiebe-Vorhaben der jungen Männer "völliger Unsinn" gewesen. Die Ausbildung der drei Facharbeiter habe mit etwa 300.000 € zu Buche geschlagen. Sie seien mit Steuergeld geschult worden und würden jetzt selbst Steuern bezahlen. "In diesem Zusammenhang müsste man mir mal den Sinn einer Abschiebung erklären. Das wird niemand können", ist sich Oehm sicher.
Im Übrigen ist er voll des Lobes über seine ausländische Mitarbeiter. Niemand bei ONI interessiere sich für Nationalität oder Glaubensbekenntnis. "Wir sind ein multinationales Unternehmen, in dem jeder den anderen als Mensch achtet. Darauf legen wir Wert", sagt der Unternehmer, der darauf hinweist, dass von den zehn Flüchtlingen, die er vor geraumer Zeit eingestellt hat, in einem ersten Schritt deren sechs bereits die Fachprüfung bestanden hätten und bei den anderen kein Zweifel bestehe, dass sie ebenso erfolgreich seien. Wichtig sei dabei die Unterstützung des Unternehmens, das eigene Lehrkräfte hinzuziehe, um das Ausbildungs- und Sprachniveau der Neuankömmlinge rasch zu verbessern.
Und das Glück der drei afghanischen ONI-Mitarbeiter ist inzwischen nahezu perfekt. Als feststand, dass sie in dieser Woche ihren neuen Job aufnehmen würden, standen sie vor der Herausforderung, wie man per Bus von ihren Wohnorten in Gummersbach und Wiehl nach Lindlar-Niederhabbach kommen sollte. Wolfgang Oehm hörte von dem Mobilitätsproblem - und löste es auf seine Weise. Kurzerhand kaufte er einen Kleinwagen, mit dem die drei jungen Männer nun gemeinsam zu ihrer Arbeit und später wieder nach Hause fahren.
KOMMENTARE
1
Wolfgang Oehm ist ein wirkliches Vorbild.
Hut ab! Erfolg gepart mit Empathie, Demut und Menschlichkeit.
Solche Politiker braucht das Land dringend.
2
Dieser Chef ist nur ganz einfach SUPER KLASSE für alle seine zig Mitarbeiter im Unternehmen! - Respekt (!!)
Herdenj, 12.02.2020, 17:08 Uhr3
Absolut großartig und vorbildlich das Herr Oehm diesen drei fleißigen und sympathischen jungen Männern, die von Abschiebung bedroht waren, hier eine berufliche Zukunft bietet, um dieser "absoluten Sauerei" und diesem "volkswirtschaftlichen Unsinn" entgegen zu wirken.
Was in unseren Behörden in dieses Beziehung los ist spottet wirklich mittlerweile jeder Beschreibung und macht einen einfach nur fassungslos und zornig.
Scheinbar behält man in Deutschland lieber staatsbekannte "Gefährder" und Sozial-Schmarotzer im Land, als solchen wirklich integrationswilligen, jungen Menschen zu helfen und diese zu fördern und zu unterstützen.
Dann lieber wieder weiterhin über den dramatischen Fachkräftemangel jammern. Verkehrte Welt!
4
Selbst von einem Unternehmer und guten Menschen wie Wolfgang Oeham kann man es erhoffen, aber nicht erwarten! Er und die Firma Oni überrascht immer wieder mit positiven sozialen und unternehmerischen Nachrichten. Man ist stolz zu diesem Dorf und dieser Gemeinde dazu zu gehören, in der Oni zuhause ist.
, 12.02.2020, 23:44 Uhr5
Es ist schön, zu sehen, wenn Menschen für andere kämpfen. Dieser Herr Oehm scheint ein großes Vorbild zu sein. Ich wünsche den drei jungen Männern alles Gute, schön, dass sie sich so gut bei uns integrieren konnten. Solchen fleißigen und integrierten jungen Menschen gönnt man jede Hoffnung auf ein besseres Leben und wir haben sie gerne bei uns! Ulrichs Worte kann ich da nur zustimmen.
Maiki, 13.02.2020, 07:35 Uhr6
Wenn wir solche Persönlichkeiten in der Regierung sitzen hätten, könnte man als Deutscher auch wieder stolz sein. Leider gelingt das nur selten, dass sich jemand, gegen den Stumpfsinn dieser Regierung, erfolgreich einsetzten kann. Hochachtung an Herrn Oehm.
J.Hombach, 13.02.2020, 08:45 Uhr7
Ich bin stolz darauf, so einen Chef zu haben! Soviel Menschlichkeit und Herzenswärme findet man heutzutage nur noch selten.
K. Hetschko , 14.02.2020, 08:00 Uhr8
Wohl wahr ... ein wahrer UNTERNEHMER der im ureigensten Wortsinn noch etwas unternimmt.
Findet man nur noch ganz selten heute!
Meistens beschäftigt man sich den Führungsebenen der Unternehmen (ich selbst arbeite bei einem großen Wasserverband), wie in der großen Politik auch, sich nur noch mit sich selbst, ohne die eigentlichen Probleme a) zu erkennen, b) zu lösen und c) damit zu beseitigen. Traurig aber wahr; da gibt's dann Absichtserklärungen, Leitbilder, Visionen, Strategien, etc., aber letztendlich alles nur Bla, Bla, viel heiße Luft, Lachnummern und Luftschlösser, die graue Theorie und vollkommen spinnert sind und so praxisfern wie nur was. Eine sehr traurige Entwicklung und deswegen ein Hoch auf Herrn Oehm, den sich all diese Nieten in Nadelstreifen mal zum Vorbild nehmen sollten!
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