WIRTSCHAFT

Trotz Risiken: „Betriebe gehen von der Bremse“

lw; 27.10.2021, 15:08 Uhr
Symbolfoto: Hands off my tags! Michael Gaida auf Pixabay
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Trotz Risiken: „Betriebe gehen von der Bremse“

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lw; 27.10.2021, 15:08 Uhr
Oberberg – IHK Köln stellte Konjunkturbericht für den Herbst vor – Rohstoffmangel, hohe Energiepreise und fehlende Fachkräfte machen Unternehmen zu schaffen – Oberberg im Geschäftsbereich mit bestem Klima.

Von Lars Weber

 

Die Lage und die Stimmung der oberbergischen Unternehmen hat sich bei der Konjunkturumfrage der IHK Köln im Herbst weiter verbessert. Damit wurde der positive Trend der vergangenen Umfrage bestätigt (OA berichtete). „Es handelte sich nicht nur um einen Einmaleffekt. Der Konjunkturbericht zeigt: Die Betriebe gehen von der Bremse“, erläuterte Michael Sallmann, Leiter der Geschäftsstelle Oberberg der IHK Köln, bei der Präsentation am heutigen Mittwoch. Die Unternehmen schätzten die pandemische Lage inzwischen als sicher für sich ein, sie erwarten nach jetzigem Stand keinen weiteren Lockdown – und planen wieder Investitionen und Neueinstellungen.

 

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Über alle Bezirke der IHK Köln hinweg beträgt der Konjunkturklimaindikator 117,9 Punkte (Frühjahr: 102,6), damit sei ein Wert wie vor der Pandemie erreicht. Er liege sogar über dem Zehn-Jahres-Schnitt von 115 Punkten. „Das deutet auf eine sehr stabile Lage hin“, so Sallmann weiter. Zum Vergleich: Am Tiefpunkt im Herbst 2020 betrug der Wert 85,5 Punkte. Dass weiterhin stärker verarbeitende Unternehmen, gerade die Industrie, von diesem Aufschwung profitieren und wie bisher  weniger die Branchen Dienstleistung, Einzelhandel oder auch Gastro zeigt sich auch daran, dass Oberberg im IHK-Köln-Gebiet die Nase vorn hat mit einem Indikator von 121,1, noch vor Rhein-Berg (119,9) oder auch Köln (118,2).

 

[Grafik: IHK Köln.]

 

Im Oberbergischen Kreis meldeten 44 Prozent der Unternehmen (Frühjahr: 43 Prozent) eine gute und nur noch 15 Prozent (21 Prozent) eine schlechte Lage. Gerade bei den Dienstleistern zeige sich eine Verbesserung der Situation, aber auch in Industrie und sogar im Handel konnte die Stimmung zulegen. 36 Prozent der Betriebe wollen deshalb auch wieder mehr Geld für Investitionen in die Hand nehmen (26 Prozent), nur noch 18 Prozent (31 Prozent) fahren einen Sparkurs. Ein Investitionsmotiv, das dabei auf dem Vormarsch ist, ist der Umweltschutz. Mehr als jedes vierte Unternehmen im gesamten IHK-Köln-Bezirk möchte aus diesem Grund investieren. Gerade in der Industrie solle auch das Personal wieder aufgestockt werden: 34 Prozent (17 Prozent) der Befragten planen mit Neueinstellungen.

 

Die Entwicklung heißt es aber noch lange nicht, dass es jetzt so weiter gehen muss. Denn nun holen die Unternehmen jene Probleme wieder ein, die sie schon vor Beginn der Pandemie beschäftigt haben – und es sind noch neue dazu gekommen. Schon länger ein Problem ist der Fachkräftemangel, der sich quer durch alle Branchen zieht, wie Sallmann bestätigt. Die Unternehmen versuchten nun verstärkt, sich selbst bei der Zielgruppe vorzustellen und ins Gespräch zu bringen. „Darauf warten, dass die Interessierten zu ihnen kommen, können sie nicht mehr. Da findet ein Umdenken statt.“

 

Abhängig bleiben die Unternehmen natürlich von der Höhe der Energiepreise. Diese stiegen gerade stark an. „Steuern und Abgaben machen Energie in Deutschland im internationalen Vergleich aber besonders teuer“, erklärt Sallmann weiter. Bisher habe die deutsche Wirtschaft vor allem mit einer hohen Qualität die höheren Preise gerechtfertigt. Aber in punkto Qualität holten die Betriebe in Asien auf. Dies könnte der deutschen Wirtschaft gefährlich werden.

 

[Foto: Lars Weber --- Michael Sallmann, Leiter der Geschäftsstelle Oberberg der IHK Köln.]

 

Neu und von der Pandemie verursacht ist der Rohstoffmangel. Von Steuerungschips für Autos über Kunststoffgranulat bis zu Papier, die Probleme ziehen sich durch viele Branchen. Und das wird voraussichtlich auch noch einige Monate so bleiben, glaubt Sallmann. Wenn die Lieferketten einmal aus dem Gleichgewicht seien, dauert es lange, bis alle Rädchen wieder ineinandergreifen. „Alles ist durchgeplant.“ Dazu kommt, dass der Transport inzwischen so teuer geworden ist, dass es sich bei manchen Gütern gar nicht mehr rechnet, sie nach Übersee zu schicken. Ein Standardcontainer von China nach Europa kostete vor der Pandemie 1.500 US Dollar, 2021 wurden schon 8.000 Dollar aufgerufen. „Nun sind es 20.000.“ Diese Entwicklung treffe auch die oberbergischen Unternehmen, häufig vor allem indirekt. Dem Exportklima können diese Faktoren aber in der IHK-Umfrage kaum etwas anhaben. Rund 24 Prozent der Unternehmen erwarten mehr Exporte, nur zehn Prozent erwarten weniger.

 

Während sich die Kapazitätsauslastung der Betriebe dem langjährigen Durchschnitt annähert und auch die Auftragslage bei vielen wieder auf dem Niveau vor Beginn der Pandemie liegt, ist Sallmann gespannt, welche Schlüsse die Industriebetriebe aus den vergangenen anderthalb Jahren ziehen. „Es wird viel nachgedacht.“ Er glaubt, dass sich viele nicht mehr nur auf einen Zulieferer am anderen Ende der Welt werden verlassen wollen, sondern stattdessen der Trend zu einem Zweitzulieferer vom selben Kontinent gehen wird. Weiter könnten Zwischenlager wieder höhere Bedeutung erlangen, um Löcher im Lieferungsprozess gegebenenfalls zu stopfen – zumindest zeitweise.

 

Die Umfrage
 

Vom 16. August bis zum 24. September wurden die rund 2.500 Unternehmen von der IHK Köln zu ihrer Lage und ihren Erwartungen befragt. 658 Unternehmen antworteten, 111 aus dem Oberbergischen Kreis. Alle Ergebnisse gibt es hier.

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