LOKALMIX
Unter Betroffenen und Politikern
Gummersbach – Beim Info-Abend in der Rospe prallten hinsichtlich des potentiellen Industrie- und Gewerbegebietes unterschiedliche Sichtweisen aufeinander.
„Seht euch mal um. Die Klimakatastrophe ist schon da“, sagte Lothar Winkelhoch am gestrigen Nachmittag. Anstatt auf saftig grüne Wiesen zu blicken, zeigte der Grünen-Politiker auf gelbtrockene Hügel. Winkelhoch war gestern „Auf die Bruchswiesen“ bei der Gummersbacher Ortschaft Hardt-Hanfgarten gekommen – ebenso wie Eigentümer, Anlieger, Mitstreiter und weitere Kommunalpolitiker. Eingeladen hatte die örtliche Interessengemeinschaft. Neben einer Wanderung durch das Gebiet, das im Regionalplan der Bezirksregierung Köln als Potentialfläche für Industrie und Gewerbe ausgewiesen werden soll (OA brichtete), stand ein anschließender Info-Abend auf dem Programm.
[Einige Politiker haben an dem Info-Abend teilgenommen, so wie Helga Auerswald (Bild).]
Eigentümer und Anwohner wehren sich gegen die Planungen der Bezirksregierung, haben unter anderem eine Petition gestartet. Online sind über 3.150 Unterschriften eingegangen, in Papierform liegen laut Melanie Merten rund 2.000 Unterschriften vor.
Zusammen mit ihrem Mann Holger betreibt sie den Mertenhof. Erst vor zwei Jahren haben die beiden rund 400.000 Euro investiert – unter anderem in zwei sogenannte Hühnermobile, ihre Verkaufshütte und Automaten. Die Mertens planen langfristig: „Das Projekt ist nicht auf zehn Jahre ausgelegt. Wir möchten in Zukunft weiter ausbauen.“
Erika Hoferichter ist beim NABU aktiv und hielt während der Wanderung über die Hügel zwischen Hardt-Hanfgarten und Rospe einige Ansprachen. Der Gummersbacherin zufolge gäbe es in dem Bereich mehrere Quellen und Bäche, deren Wasser Senken füllen würde. In den dabei entstehenden Feuchtmulden seien beispielsweise Libellen und Frösche zu finden. „Diese kleinen Biotope sind ein wertvoller Lebensraum“, sagte Hoferichter. Derartige Flächen solle man nicht zubauen, sondern erhalten – denn „je mehr wir zubauen, desto mehr Flächen verlieren wir unwiederbringlich.“
[Melanie Merten ist Jungunternehmerin und hat gemeinsam mit ihrem Mann Holger in den Hof der Familie investiert.]
Beim anschließenden Info-Abend wurde deutlich: auch die politischen Vertreter scheinen nicht leichtfertig zu einer Entscheidung zu kommen. Warum ausgerechnet dieses Gebiet im Regionalplan als potentielle Fläche für Industrie und Gewerbe aufgenommen werden solle, könne Jörg Jansen nicht sagen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende erklärte, dass das Verfahren von der Bezirksregierung vorgegeben sei und die Flächen von dem Kölner Fachbüro Dr. Jansen ermittelt worden seien. „Ich persönlich würde hier kein Gewerbegebiet ansiedeln“, sagte der Christdemokrat. So gäbe es aus seiner Sicht Faktoren, die dagegensprechen würden. Dennoch müsse das Gebiet im Regionalplan „fiktiv verankert“ werden.
[Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jörg Jansen stellte sich den Fragen der Anwesenden.]
Auch die SPD-Fraktion hat dieser Planung zugestimmt. „Und ich gehe davon aus, dass das weiter der Fall sein wird“, sagte Helga Auerswald. Enteignungen werde es der stellvertretenden Bürgermeisterin zufolge nicht geben, dennoch bräuchte die Stadt die Flächen – wie auch Jansen betonte – für einen möglichen Tausch. „Es ist in Ihrer Hand, ob es so kommt, wie Sie möchten“, sagte Auerswald. Die SPD-Politikerin denkt aber auch an potentielle Einnahmen aus der Gewerbesteuer. „Die Option können wir nicht brachliegen lassen. Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, nicht an die Zukunft gedacht zu haben.“ Ein Satz, der unter den Zuhörern für laute Zwischenrufe sorgte.
„An die Zukunft denken“ – darunter versteht Michael Gerhard vom NABU etwas anderes. „Diese Planung ist rückwärtsgewandt. Wir brauchen in den Rathäusern ein anderes Denken“, sagte er. Gabriele Priesmeier war als Ortsvorsitzende der Gummersbacher Liberalen vor Ort und sagte, dass sich die Fraktion bezüglich des potentiellen Gewerbegebiets beraten wolle. „Ich kann mir auf dieser Fläche schwer ein Gewerbegebiet vorstellen“, so die FDP-Politikerin. Den Planungen bereits zugestimmt haben auch die Grünen. Deren Fraktionsvorsitzende Konrad Gerards musste das Vorgehen erklären, fasste sich kurz: „Da haben die Grünen geschlafen.“
KOMMENTARE
1
"Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, nicht an die Zukunft gedacht zu haben". Meine Güte, wenn es nicht so traurig, ignorant (vielleicht auch heuchlerisch?) wäre, KÖNNTE ich lachen ob so eines Satzes einer Politikerin.
CDU und FDP im gewohnten Geschwafel. Ehrlich Die Grünen, aber im Ergebnis gerade schlimm, dass die einzigen Hoffnungsträger in diesem Fall versagten.
2
Typisch Politiker :-)
Die CDU kann keine Gründe dafür nennen warum gerade hier ein Gewerbegebiet entstehen soll.... und schiebt den schwarzen Peter an die Bezirksregierung....
Die FDP will sich "beraten" ( Was immer dabei rauskommt :-))...
Die Grünen haben einfach mal "geschlafen"... :-)
Und die stellvertretene Bürgermeisterin möchte Land tauschen, damit irgendwo anders dann alles möglichst günstig verbaut werden kann.
An die Zukunft denkt irgendwie keiner...
Echt traurig.
3
Es gibt als Alternativen den ehemals Merten-Merit Standort.
Baldusgelände Kotthausen Industriegebiet sowieso. Wenn dann natürlich auf dem Ackermann und dem Gelände der Tapetenfabrik Wohnraum nur für
Besserverdienende ensteht braucht sich niemand wundern wenn die Profiteure(Investoren) sich die grünen Wiesen vornehmen.
Leider ist es so das grade die Bauern allzuoft Ihren eigenen Metzger wählen
nämlich CDU
4
Ich finde es ist sehr unfair da einigen ihre existents dann am Seiden Faden hängt und auch eine Menge Geld Arbeit Blut und Schweiß reinsteckt haben. Die dann auch den Tieren ihren Freiraum nehmen. Es wird so viel mittlerweile zugebaut das es schade ist dieses schöne Stück Natur zu zerstören!!!
Kinder können für die Schule Sachen ausarbeiten, die Spaziergänge sind sehr entspanntet - tolle Sonnenunteränge so wie die Möglichkeit sich auch sportlich zu entfalten. Ich bin bin auf jeden gegen diese Entscheidung und deren vorhaben und dies mir nicht nur mir so gehen. Wie heißt es immer so schön ▶️ die Hoffnung stirbt zuletzt ◀️ ich sag, *im namen gottes ohr*
5
Fakt ist es geht, wie immer, nur um Geld!!!!
Nicht wirtschaften können und nun muss Geld her .
6
Ende 2019 ist vom Oberbergischen Kreis das Handbuch
"Klima-Umwelt-Natur-Oberberg" erschienen.
Darin wird auf der Seite 200 hingewiesen, dass bestehende Gewerbegebiete untersucht werden sollen, ob nicht eine Nachverdichtung erfolgen kann.
Ziel der Nachverdichtung soll sein, eine Erschließung von neuen Flächen zu vermeiden.
Man geht hier anscheinend wieder nach dem altgewohnten Schema vor.
Es steht in dem 262 seitigen Handbuch noch viel mehr zum den Themen Klima,Umwelt und Natur in Oberberg. Es muss nur gelesen und auch angewendet werden.
Eine alte Weisheit sollte uns alle zum Nachdenken anregen.
"Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist,
werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann !"
Weissagung der Cree-Indianer
7
Übergeordnetes Ziel des Regionalplans ist es, die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang zu bringen. Das geplante Industrie- und Gewerbegebiet Gummersbach-Rospe allerdings würde die guten Strukturen völlig aus der Balance bringen.
Wir leben hier in einem ländlich geprägten Raum mit kleinen dörflichen Strukturen. Der Merten-Hof und die Familie Dannenberg gehören hier zur unverzichtbaren Infrastruktur. Wir kaufen dort Milch, Eier und Fleisch. Es ist sinnvoll, Produkte bevorzugt regional einzukaufen und die Bauern in der Region zu unterstützen. Sie haben es schwer genug.
8
Würde das geplante Industrie- und Gewerbegebiet Gummersbach-Rospe realisiert, brächte dies einen starken Nutzungskonflikt mit sich. Die genannten Bauern müssten ihre Betriebe einstellen. Die Versorgungs- und Lebensqualität von Verbrauchern, die regional einkaufen, wäre beeinträchtigt.
Im Zuge des laufenden Beteiligungsverfahrens können (und sollten!) sich Bürgerinnen und Bürger mit einer Stellungnahme an die Bezirksregierung wenden. Dies ist noch bis zum 31. August 2022 möglich.
Hinweise, Anregungen, Bedenken und Unterstützung können Sie über das Beteiligungsportal - Beteiligung.NRW, per Mail oder per Post abgeben. Postadresse: Bezirksregierung Köln, Dezernat 32, Zeughausstraße 2-10, 50667 Köln
9
Den Bauern wird die Lebensgrundlage weggenommen. Die Natur wird zubetoniert. Dagegen will ich mich aussprechen als alte Gummersbacherin, die als Berlinerin noch ein Bein in GM hat.
Viebahn- Rippert, Ursula , 23.08.2022, 13:04 Uhr10
Die Fernkommunikation per Telex galt als modern, in die Stadt fuhr man mit einem Zug, der von einer Dampflok gezogen wurde und Ehefrauen konnten nur dann ein Bankkonto eröffnen, wenn der Ehemann zustimmte. Das war in der Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die Konzepte von Industrie- oder Gewerbegebieten entwickelten sich damals, jedoch taugen sie keineswegs für die Gegebenheiten des 21.Jahrhunderts. Offensichtlich aber gibt es immer noch Politiker, die ganz und gar nicht begriffen haben, was heute die Anforderungen sind. Das zeugt von völliger Ignoranz und wenig Weitblick. Einzig die GRÜNEN haben bei der Veranstaltung darauf hingewiesen und - ihren damaligen Fehler bekannt. Leider fehlt das in dem obigen Bericht.
F Lothar Winkelhoch, 24.08.2022, 15:36 Uhr11
Die ganze Aufregung ist Blödsinn. Es gibt eine Planung der Bez.Regierung, die nur greift, wenn die Stadt tatsächlich irgendwann dort entwickeln will UND Eigentümer bereit sind, Flächen zu verkaufen. Wird kein Grundstück verkauft, passiert exakt NIX. Komplett künstliche Aufregung, Dieses schon krankhafte "Die da oben, wir hier unten"-Gerede läßt auch den letzten vernünftigen Kommunalpolitiker irgendwann die Flinte ins Korn werfen. Steht im übrigen jedem frei, sich politisch zu engagieren und in einen Stadtrat wählen zu lassen. Aktive Beteiligung an solchen Verfahren öffnet dem einen oder anderen dann vielleicht auch mal die Augen.
Zugezogene, 25.08.2022, 15:55 Uhr12
Traurig, das in der heutigen Zeit, in der die selbst gemachten Katastrophen über uns allen zusammen brechen, Politiker aller Couleur in unseren Rathäusern sitzen, die in altbewährter Manie und im Glauben an das unbegrenzte und ewige Wirtschaftswachstum alles möglich machen um die Katastrophen weiter zu befeuern und zu beschleunigen. Machen Sie alle mal bitte die Augen auf und sehen Sie sich in unserer Natur einmal um, wohin uns dieses Wirtschaftssystem gebracht hat.
Carsten Hofrath, 28.08.2022, 14:42 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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