LOKALMIX

Ver.di-Warnstreik: "Eine tickende Zeitbombe, die entschärft werden muss"

pn; 08.10.2020, 14:00 Uhr
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Fotos: Peter Notbohm ---- Zwischen 120 und 150 Beschäftigte nahmen an den Warnstreiks von ver.di teil.
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Ver.di-Warnstreik: "Eine tickende Zeitbombe, die entschärft werden muss"

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pn; 08.10.2020, 14:00 Uhr
Gummersbach - Fast doppelt so viele Beschäftigte wie erwartet nehmen an den Warnstreiks im öffentlichen Dienst am Gummersbacher Krankenhaus teil.

Von Peter Notbohm

 

Nach zwei bislang ergebnislosen Verhandlungsrunden kam es am heutigen Donnerstag auch im Oberbergischen zu Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Ver.di hatte die Beschäftigten der Stadt- und Kreisverwaltung sowie des Klinikums Oberberg aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Wie groß der Unmut der Beschäftigten inzwischen ist, zeigte sich an der Anzahl der Teilnehmer an dem Warnstreik vor dem Gummersbacher Krankenhaus. Hatte ver.di-Sekretär Volker Wenner im Vorfeld noch mit etwa 70 Teilnehmern gerechnet, zählte die Polizei deutlich über 100 Menschen.

 

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„Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden“, sagte Stefan Marzari, ver.di-Vertrauensmann und Betriebsrat am Gummersbacher Krankenhaus. Von 120 bis 150 Teilnehmern sprachen die Veranstalter um Gewerkschaftssekretär Arno Appelhoff – das miserable Wetter hielt viele Arbeitnehmer nicht davon ab, ihre Forderungen lautstark zu vertreten. „Die Menschen setzen damit ein Zeichen, dass die Probleme angegangen werden müssen“, freute sich Marzari besonders darüber, dass auch viele junge Menschen dem Aufruf gefolgt waren und mit kritischen Redebeiträgen für bessere Rahmenbedingungen einstanden.

 

„Personaleinsparungen werden auf unserem Rücken und dem der Patienten vollzogen“, kritisierte Kathi Klawunder, Pflegerin auf der Corona-Infektionsstation. Viele Auszubildende hätten bereits nach Abschluss ihrer Lehre aufgrund der Überbelastung keine Lust mehr, in der Pflege zu bleiben. Es dürfe nicht sein, dass in einem Nachtdienst ein Pfleger für 40 Kranke zuständig sei. „Wir sind am Limit, die Kollegen resignieren, ihnen ist die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben. Es ist eine Frechheit, eine Null-Runde zu fordern.“

 

Auch Julia Belevzov (Foto) prangerte die Arbeitszustände an: „Für uns wurde applaudiert. Das tat auch gut, aber es hilft uns nicht weiter. Wir haben volles Verständnis für Menschen, die in der Notaufnahme meckern, wenn sie warten müssen, aber wir warten bereits seit Jahren auf Besserung.“ Der Pflegenotstand sei inzwischen bitterer Ernst. „Wir verzichten auf Wochenenden und Feiertage und reden mittlerweile von einer tickenden Zeitbombe, die entschärft werden muss.“ Es folgten weitere Redebeiträge von Ada-Karina Günther, Chirugische Notfallaufnahme, und Frank Baroth, Kreisverwaltung, ehe die Streikenden sich zu einem Spaziergang um das Krankenhausgebäude begaben.

 

Ver.di fordert für die 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen unter anderem eine Anhebung des Einkommens um 4,8 Prozent, bzw. einen Mindestbetrag von 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Auch Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro angehoben werden. Zudem erwartet die Gewerkschaft Verbesserungen bei der Pflegezulage.  „Von der Politik wurde viel versprochen, aber auf einmal ist vieles anders“, fühlen sich die Menschen laut Marzari im Stich gelassen. Die Forderungen hält er für mehr als berechtigt, „besonders wenn man sieht, wie viele Milliarden in die Rettung von Lufthansa und Autoindustrie gesteckt werden. Es geht uns aber nicht nur ums Geld, sondern auch um Zeit zur Erholung.“

 

 

Dass aus der Politik niemand zum Warnstreik erschien, kommentierte er bissig: „Die Wahlen sind schließlich gerade vorüber.“ Die nächste Verhandlungsrunde findet am 22. und 23. Oktober statt, bis dahin soll im Oberbergischen aber nochmals gestreikt werden. Für den 14. Oktober ist bei der Polizei eine weitere Veranstaltung angemeldet. Mit einem Spaziergang von Halle 32 zur Kreisverwaltung sowie zum Krankenhaus und zurück wollen die Beschäftigten noch öffentlichkeitswirksamer auf sich aufmerksam machen – die Veranstalter rechnen bereits jetzt mit mindestens 150 Teilnehmern.

 

Am Kreiskrankenhaus machte sich der Streik bereits heute bemerkbar. Nachdem sich beide Parteien im Vorfeld nicht auf eine Mindestbesetzung des pflegerischen Personals hatten einigen können, hatte das Klinikum Oberberg eine Notbesetzung organisiert. „Es gab Gespräche, aber die von ver.di vorgeschlagene Notbesetzung war so gering, dass wir mit Mitarbeitern gesprochen haben, wer heute trotz des Warnstreiks arbeiten möchte. Die Patientensicherheit war dabei nie gefährdet, die Intensivstation zu jederzeit voll besetzt. Der Betrieb läuft heute aber insgesamt mit Einschränkungen“, hieß es aus dem Krankenhaus.

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KOMMENTARE

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Die Zahlen der WHO sprechen für sich, eine Schande für Deutschland.

Hans-Gerd Klein, 08.10.2020, 16:12 Uhr
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