LOKALMIX
Verkotet, unterernährt, krank: Mehr als 20 Tiere gerettet
Oberberg – Veterinäramt und Tierheim holt Katzen und Hunde aus einem Haus in Morsbach – Haltung war ungenügend – Auf der Koppelweide werden die Neuankömmlinge jetzt wieder aufgepäppelt.
Von Lars Weber
Als die 24 Katzen vor einer Woche ihr vorläufiges neues Zuhause, das Tierheim Koppelweide in Wiehl, erreichen, bietet sich dem Team ein schlimmes Bild. Die Tiere haben Ohrmilben, Flöhe und Giardien, sind verkotet und unterernährt. „Es war kein schöner Anblick“, sagt Angelika Reiser, Tierheimleiterin und Vorsitzende des Tierschutzvereins Oberberg. Bei einem Tier sei der Schwanz so voller Kot gewesen, dass sich die Mitarbeiter unsicher waren, ob der Schwanz darunter nicht sogar abgestorben ist. Zumindest diese Befürchtung bewahrheitet sich nicht. Alle Tiere, neben den Katzen auch noch zwei Hunde, haben Veterinäramt und zwei Mitarbeiter des Tierheims vergangene Woche aus einem Haus in der Gemeinde Morsbach herausgeholt. Für manche kam die Rettung gerade noch rechtzeitig.
Die Person, die die Tiere bei sich gehalten hat, habe sich zwar kooperativ gezeigt. Begeistert davon, dass die Hunde und Katzen mitgenommen werden, sei sie aber laut Reiser nicht gewesen. Sie geht davon aus, dass es sich um einen Fall von „Animal Hoarding“ handelt, was mit Tiersammel-Sucht oder Tierhorten übersetzt werden kann. Es beschreibt laut Deutschem Tierschutzbund ein Krankheitsbild, bei dem Menschen Tiere in einer großen Anzahl halten, sie aber nicht mehr angemessen versorgen. Es fehlt an Futter, Wasser, Hygiene, Pflege und tierärztlicher Betreuung. Die Halter erkennen nicht, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht, so die Experten (Hier gibt es dazu weitere Informationen). Deshalb möchte auch Reiser der Person keinen Vorwurf machen. „Die Menschen hängen wirklich an den Tieren.“ Aber es sei ein krankhaftes Verhalten, das an den Tag gelegt werde. Zumal die schon ältere Person auch noch einen Schicksalsschlag hinter sich gehabt hätte. Dementsprechend habe es auch in der Wohnung ausgesehen, wo sich die Müllsäcke bis an die Decke stapelten.
Wie lange die Tiere schon in dem Haus lebten, sei nicht zu sagen. Der Zustand deute aber darauf hin, dass vor allem die Katzen nicht erst seit Kurzem schlecht versorgt würden. Mit neun Tieren seien die Tierheim-Mitarbeiter umgehend nach dem Eintreffen in Wiehl zum Tierarzt gegangen. „Wir hatten Sorge, dass sie sonst die Nacht nicht mehr überleben.“ Alle mussten aufgrund der Flöhe zudem ordentlich „Haare lassen“, wie Reiser erzählt. „Nur mit Bürsten wären wir nicht weit gekommen.“
Um dem großen Ansturm an neuen Tieren Herr zu werden, wurde ein zusätzliches Zimmer freigeräumt. Zudem mussten die Katzen nach Geschlecht getrennt werden, um die weitere unkontrollierte Vermehrung zu verhindern. Von den 24 Tieren seien etwa sechs erwachsen, einige von ihnen seien auch trächtig zu ihnen gekommen. Durch möglichen Inzucht und Mangelernährung ist noch unklar, wie der Zustand der Babys sein wird.
Wie ist das Veterinäramt auf den Fall aufmerksam gemacht worden?
Aufgrund einer Tierschutzbeschwerde zu einem bereits aus der Vergangenheit bekannten Fall führten Aschermittwoch, 22. Februar, zwei amtliche Tierärztinnen eine Tierschutzkontrolle in Morsbach durch, so ein Kreissprecher. Im Laufe der Kontrolle holten diese sich Unterstützung durch das örtliche Ordnungsamt und Kollegen der Polizei.
Unter welchen Voraussetzungen darf das Amt aktiv werden und die Tiere rausholen?
Im Tierschutzgesetz ist festgelegt, dass jede Person, die ein Tier hält oder betreut, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen muss. Stellen die Mitarbeiter des Veterinäramtes (als zuständige Behörde) Verstöße gegen diesen Grundsatz - zum Beispiel eine nicht artgerechte Haltung - fest, werden erforderliche Maßnahmen getroffen. Dann können die Tiere dem Halter fortgenommen und anderweitig untergebracht werden. Im Anschluss werde geprüft, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, dass ein dauerhaftes Tierhalteverbot angeordnet wird.
Muss die Besitzerin/der Besitzer mit rechtlichen Konsequenzen rechnen?
Der Person droht der Erlass eines generellen Tierhalteverbots sowie eine Strafanzeige wegen schweren Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Wie häufig kommt so ein Fall von Animal Hoarding vor im Jahr?
In den vergangenen Jahren ist zu beobachten, dass die Zahl zunimmt. Schwere Fälle, die bis zu einer Wegnahme mit anschließendem Tierhalteverbot führen, traten zuletzt etwa fünf bis zehn Mal pro Jahr auf.
Im Vergleich mit den Katzen sahen die beiden Hunde sehr gut aus, obwohl auch sie Giardien haben, sagt Reiser weiter. Die Unterbringung sei aber auch dort nicht gut gewesen. „Die Australien Shepherds sind in Käfigen gehalten worden.“ Dabei habe diese Rasse einen enormen Bewegungsdrang. Und überhaupt: „Hunde gehören nicht in Käfige“. Immerhin scheint die Käfighaltung noch nicht auf die Psyche der Tiere geschlagen zu haben. „Sie sind sehr freundlich!“
Bei sämtlichen Tieren glaubt Reiser daran, dass das Heim sie gut vermitteln könnte. Vorausgesetzt, das Veterinäramt gibt dafür grünes Licht. Noch sind die Tiere nicht das Eigentum des Tierheims. Und es sei auch längst keine ausgemachte Sache, dass die Hunde und Katzen neue Besitzer bekommen. „Es gab auch schon Fälle dieser Art, wo die Tiere wieder zurückgeschickt wurden“, sagt Reiser mit Bedauern. Die Tierheimchefin hofft inständig, dass den Hunden und Katzen dieses Schicksal erspart bleibt. Dass Tiere aufgrund schlechter Haltung oder fehlenden Grundlagen für die Haltung (zum Beispiel bei Kampfhunden) beschlagnahmt werden, sei derweil keine Seltenheit. Im vergangenen Jahr kamen so rund 200 Tiere auf die Koppelweide.
Reiser ist es wichtig, dass die Menschen wachsam sind. Wer solche Missstände beobachtet, sollte unbedingt das Veterinäramt informieren, so Reiser. „Manche Leute glauben, dass dann ja doch nichts passiert, aber das stimmt nicht!“ Stattdessen könne solch ein Anruf, auch anonym getätigt, viel unnötiges Tierleid vermeiden. „Nur Mut“, sagt Reiser.
Falls die Tiere in Wiehl bleiben dürfen, rechnet Reiser damit, dass das Aufpäppeln der Tiere sicherlich drei bis vier Wochen dauern wird. Anschließend könnten sie dann vermittelt werden. Dies werde das Tierheim in gewohnter Manier über die Homepage machen. Von Anfragen zum jetzigen Zeitpunkt bittet Reiser abzusehen.
Happy End
Ende Oktober vergangenen Jahres warf ein Unbekannter drei Möpse über den Tierheim-Zaun in Wiehl. Über den Fall berichtete auch OA. Angelika Reiser wird noch heute auf die „Men in Black“, wie sie die schwarzen Hunde gerne nennt, angesprochen. Die Möpse seien bereits rund einen Monat nach dem Vorfall gut vermittelt worden und seien nun bei einem echten „Mops-Menschen“, der weiß, was die Tiere brauchen. Der Besitzer sei sehr glücklich mit den Tieren und das Tierheim stehe auch weiterhin in Kontakt mit ihm. Ein echtes Happy End zu einer traurig gestarteten Geschichte.
KOMMENTARE
1
Unfassbar wie manche Menschen mit Lebewesen umgehen.
Kann man Tiere nicht einfach respektvoll und vorallem liebevoll behandeln?
Ich wünsche mit das alle Tiere in ein gutes und liebevolles Zuhause vermittelt werden können. Ein großes Dankeschön auch an die Mitarbeiter der Koppelweide!
2
Danke an alle retter!!Ich hoffe alle Tiere werden ,vermittelt
Peppler , 01.03.2023, 18:26 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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