LOKALMIX

Wer früher zum Arzt geht, lebt länger

ls; 29.05.2024, 20:00 Uhr
Foto: Leif Schmittgen --- Stefan Lopez (li.) und Frank Mäuer stellten das Zahlenwerk heute vor.
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Wer früher zum Arzt geht, lebt länger

ls; 29.05.2024, 20:00 Uhr
Oberberg - Heute stellte die AOK den Gesundheitsreport vor - Negative und positive Ausreißer in der Statistik.

Von Leif Schmittgen

 

Oft beißt sich die Katze in den Schwanz. Ganz so einfach lässt sich der heute von der AOK vorgestellte Gesundheitsreport zwar nicht zusammenfassen, im Kern aber trifft es die Sache, schaut man genauer auf das 220 Seiten umfassende Zahlenwerk, insbesondere beim Verhältnis der Bereitschaft zur Gesundheitsvorsorge im Verhältnis zur Lebenserwartung der Oberberger. Der Report wurde von AOK-Regionaldirektor Frank Mäuer vorgestellt. Die Statistiken hatte Stefan Lopez aus Düsseldorf zusammengestellt und aufgearbeitet. „Aus der Statistik lassen sich keine Gründe ablesen, wir wissen nur sehr begrenzt, was sich hinter den Fallzahlen befindet“, so der Regionaldirektor vorab.

 

Es handele sich um die vorliegenden Abrechnungszahlen der Ärzte. Von repräsentativen Zahlen sprach Mäuer, gut ein Drittel aller gesetzlich versicherten Oberberger sei bei der AOK. Das entspreche etwa 90.000 Menschen. Aus der sehr detaillierten Chronik pickten sich die beiden Ersteller wiederum die Werte heraus, wo der Oberbergische Kreis besonders hervorsticht. Negativ wie positiv.

 

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Vorsorge

 

Ein Dauerbrenner ist die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen, die im Oberbergischen im Landesvergleich auffällig niedrig ist. Der Wert der sogenannten Check-ups liegt im AOK-Geschäftsgebiet Rheinland-Hamburg bei knapp 50 Prozent bei den Frauen bzw. 44 Prozent bei den Männern. In der Region suchen dagegen nur rund ein Drittel (Frauen) bzw. 30 Prozent der Männer präventiv einen Arzt auf. Geschlechterspezifische Unterschiede gebe es in der Art der Untersuchungen, zum Beispiel bei der Krebsfrüherkennung. Nicht aufgesplittet sind dagegen die ebenfalls zum Check-up zählenden Grippeschutzimpfungen. Nur 24 Prozent der Versicherten nehmen dieses Angebot wahr. Bei allen vorgenannten Punkten bildet der Oberbergische Kreis das traurige Schlusslicht unter den insgesamt 29 Rheinland-Hamburg-Bezirken.

 

Lebenserwartung

 

Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist die Lebenserwartung im Kreis etwa konstant und liegt bei 82,5 Jahren bei Frauen (2023: 82,8) und 78,1 Jahren bei Männern (2023: 78,0). Damit liegt Oberbergische ungefähr auf Landesniveau (82,7 und 78,1 Jahre). Auffällig allerdings, die Lebenserwartung in unmittelbarer Nähe ist deutlich höher: Im Rheinisch-Bergischen-Kreis und Bonn leben die Menschen im Schnitt über ein Jahr länger. Männer erreichen 79,7 Jahre und die Frauen 83,8. „Die Lebensbedingungen sind sehr ähnlich und wir atmen die gleiche Luft“, so Frank Mäuer. Daraus könnte sich das eingangs erwähnte Sprichwort nach Ansicht der Anwesenden ableiten lassen, denn wer früher zum Arzt geht, lebt länger.

 

Chronische Erkrankungen

 

Jährlich wechseln die Schwerpunkte des AOK-Reports. Diesmal legten die Ersteller ein besonderes Augenmerk auf die chronischen Erkrankungen im Zeitraum 2016 bis 2022. Auch hierbei schneidet der Oberbergische Kreis schlecht ab. Gut acht Prozent der Bevölkerung leiden unter einer Erkrankung der Herzkranzgefäße, wiederum fast neun Prozent dieser Gruppe erleidet aufgrunddessen einen Herzinfarkt. Das sind stolze 23 Prozent mehr als im Landesdurchschnitt. Nur das benachbarte Remscheid hat mit 28 Prozent einen noch höreren Wert. Am wenigsten betroffen sind dagegen die Menschen in Mühlheim an der Ruhr, dort liegt die Wahrscheinlichkeit eines Infarktes bei entsprechender Vorerkrankung 17 Prozent unter dem Landesschnitt.

 

Auch der Anteil der AOK-Patienten mit Herzrhythmusstörungen liegt mit gut acht Prozent im Vergleich hoch, einen Schlaganfall erleiden wiederum knapp neun Prozent aufgrund der Vorerkrankung. Oberberg führt die Statistik an und die Schlaganfallgefahr liegt mit 18 Prozent deutlich über dem Schnitt. Allerdings gibt es einen Lichtblick, denn zum Pflegefall werden „nur“ 30,5 Prozent der Betroffenen - eine Zahl im unteren Drittel. Beim Spitzenreiter Mönchengladbach sind es 42,5 Prozent. Dieses könnte mit der zeitnahen Therapie in sogenannten Stroke-Units im Krankenhaus zusammenhängen. Hierzu liegen aber in der Statistik keine genauen Daten zugrunde.

 

Besonders hoch ist auch – trotz guter Luft - die Zahl derjenigen, die sich wegen ihrer COPD-Erkrankung mit Sauerstoff behandeln lassen müssen. Man spricht in diesem Fall von einem schweren Stadium. Mit 18 Prozent über dem Schnitt belegt Oberberg den zweiten Platz hinter Viersen (19 Prozent). 21 Prozent aller AOK-Versicherten leiden unter der chronischen Bronchitis mit Atemnot.

 

Ärztliche Versorgung

 

19,6 Prozent der Versicherten benötigen eine Fahrzeit von über 15 Minuten, um ihren Hausarzt zu erreichen. 21 Prozent müssen länger als 20 Minuten fahren, um einen Kinderarzt zu erreichen. Der Kreis belegt auch dabei vordere Plätze, was der ländlichen Struktur geschuldet ist. Einen erfreulichen Spitzenwert erreicht Oberberg bei der Früherkennungsuntersuchung U7a. 96,5 Prozent der Eltern lassen ihr Kind checken, beim Schlusslicht Hamburg sind es dagegen nur 81,6 Prozent.

 

Die Teilnahme an Folgeuntersuchungen im Kindes- und Jugendalter nimmt dann aber überall rapide ab, bei der von der hiesigen AOK bezahlten U10 liegt der Wert nur noch bei 41,4 Prozent, obwohl alle Eltern schriftlich auf diese Möglichkeit hingewiesen würden, kann Mäuer über die Gründe nur spekulieren und keine Antwort geben.

 

Pflege

 

Fast acht Prozent der Menschen in der Region sind pflegebedürftig, damit liegt man im oberen Drittel des Gesundheitsreports. 1,8 Prozent davon sind in stationärer Unterbringung, womit man den Spitzenplatz innehat. Zum Vergleich: Im Rhein-Kreis Neuss sind es nur 0,8 Prozent. Mit 1.352 Euro Eigenanteil an den Pflegekosten belegt man den drittletzten Rang. In Düsseldorf müssen Patienten mit 1.573 Euro am tiefsten in die Tasche greifen. Knapp fünf von 100 ganzjährigen Heimbewohner müssen wegen „Dekubitus“, Wunden durch langes Liegen, im Krankenhaus behandelt werden. Das bedeutet Platz eins im positiven Sinne. In Essen sind es dagegen fast zehn Patienten. Mäuer: „Das deutet darauf hin, dass man sich im oberbergischen Kreis gut um die Menschen kümmert“.

 

Der gesamte interaktive AOK-Gesundheitsreport

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