LOKALMIX

„Wiehl enthindert“: Türöffner zu mehr Zusammenhalt

lw; 22.11.2022, 15:01 Uhr
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Foto: Lars Weber --- Sind gespannt auf die Projektergebnisse (v.l.): Andreas Lamsfuß (HBW GmbH), Bürgermeister Ulrich Stücker, Expertin Brigitte Caster, Ulrich Pflitsch (Vorsitzender Verein zur Förderung und Betreuung behinderter Kinder Oberbergischer Kreis) und der Beigeordnete Peter Madel.
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„Wiehl enthindert“: Türöffner zu mehr Zusammenhalt

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lw; 22.11.2022, 15:01 Uhr
Wiehl – Die Stadt Wiehl wird Modellkommune in NRW beim Förderprogramm „Inklusion vor Ort“ – Gemeinsames Projekt mit dem Verein zur Förderung und Betreuung behinderter Kinder Oberbergischer Kreis – Begrifflichkeiten neu denken.

Von Lars Weber

 

Beim Thema Inklusion denken die meisten daran, Menschen mit Behinderungen das Leben im Alltag zu erleichtern, zum Beispiel mit abgesenkten Bürgersteigen, Rampen oder Aufzügen. Oder sie denken an die Inklusion in Kitas und Schulen. Beide Gedanken sind richtig. Inklusion umfasst aber noch viel mehr, wie heute bei einem Gespräch im Wiehler Rathaus deutlich gemacht wurde. Dort haben die Stadt Wiehl, der Verein zur Förderung und Betreuung behinderter Kinder Oberbergischer Kreis (FUB) und weitere Beteiligte das Projekt „Wiehl enthindert“ vorgestellt. Dieses wurde von der Aktion Mensch und dem Land NRW neben drei anderen Projekten für eine fünf Jahre lange Förderung im Rahmen des Programms „Inklusion vor Ort“ ausgewählt. Damit wird Wiehl zu einer Modellkommune in NRW.

 

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Mit der Idee, sich auf das Förderprogramm zu bewerben, rannten Ulrich Pflitsch, FUB-Vorsitzender, und Andreas Lamsfuß, Gesamtleiter der HBW (Haus für Menschen mit Behinderung), bei der Verwaltung offene Türen ein. „Es ist kein Projekt wie jedes andere“, sagt Bürgermeister Ulrich Stücker. „Es betrifft sehr viele unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen.“ Denn Exklusion, also den Ausschluss einer Gruppe von Menschen von der Teilhabe an verschiedensten Angeboten, betrifft nicht nur Menschen mit Behinderungen.

 

Die Wiehlerin Brigitte Caster hat sich 14 Jahre in ihrer Position als Architekturprofessorin an der TH Köln mit dem Thema Inklusion beschäftigt und begleitet „Wiehl enthindert“ als ehrenamtliche Expertin. „Der Begriff muss weiter gefasst werden.“ Nicht nur die Exklusion von Menschen mit Behinderung gelte es zu überwinden, sondern auch jene von beispielsweise älteren Menschen, von Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrung oder auch von Armut betroffene Personen. Die Liste ließe sich fortsetzen. Es gehe nun darum, die „Vielfalt der Gesellschaft“ zu berücksichtigen. Denn: „Das Recht auf Teilhabe ist ein Menschenrecht!“.

 

Das Förderprogramm

 

Aufgelegt wurde „Inklusion vor Ort“ von der Aktion Mensch und dem Land NRW. Eine Besonderheit: Bewerben konnten sich Kommunen nur gemeinsam mit einem gemeinnützigen Träger. Im Falle Wiehls ging die Initiative vom FUB aus. 40 Tandems dieser Art hatten sich beworben, neben Wiehl überzeugten letztlich die Projekte aus Oberhausen, Mönchengladbach und Warendorf. Die zweckgebundene Gesamtfördersumme beträgt eine Million Euro über fünf Jahre, wobei je 500.000 Euro von der Aktion Mensch (an den Verein) und durch das Land (an die Stadt) investiert werden.

 

„Wiehl enthindert“ ist also kein Bauförderprogramm für Rampen und Aufzüge. Höchstens im übertragenen Sinne. Ziel ist die Teilhabe aller Menschen mit und ohne Beeinträchtigung am gesellschaftlichen Leben in ihrer Kommune. „Da der Begriff Inklusion sehr umfänglich ist, haben wir uns für den Schwerpunkt Freizeit, Sport, Kultur und außerschulische Bildung entschieden“, erläutert Andreas Lamsfuß. Dort sollen barrierefreie Angebote implementiert werden. Denn Barrieren, das machte ein Vortrag von Lamsfuß und Peter Madel, Erster Beigeordneter der Stadt, deutlich, die gibt es fast überall.

 

Dies könne schon bei der Information über ein mögliches Angebot anfangen. Sind diese Informationen nicht in leichter Sprache zugänglich, kommt so mancher Interessierter schon nicht weiter. Weiter geht es zum Beispiel beim Thema Mobilität? Wie erreicht man barrierefrei das mögliche Angebot? Darüber hinaus müssen Angebote natürlich auch erstmal da sein, und gerade im außerschulischen Bildungsbereich, in der Kultur oder auch im Ehrenamt gibt es da noch viele ungenutzte Möglichkeiten. Ein positives Beispiel gelungener Inklusion: die Inklusionsmannschaft des BSV Bielstein (OA berichtete), passenderweise ist der Verein bei den Unterstützern des Projekts mit am Start.

 

Das Netzwerk

 

Mindestens drei weitere Unterstützerorganisationen brauchten die Stadt und der Verein für die Bewerbung. Gefunden haben sie gleich elf: der Oberbergische Kreis, der Kreisverband des Paritätischen Oberberg, die Biologische Station, die Sportvereine BSV Bielstein und Tus Wiehl, das Tanzstudio euMotions, die Ehrenamtsinitiative Weitblick, die Kreisvolkshochschule, die Oase Wiehl, der Sozialdienst Katholischer Männer und Frauen im OBK sowie das Institut für inklusive Bildung in Kiel, ein Kontakt, der über Brigitte Caster zustande gekommen ist. Das Netzwerk soll aber noch weiter wachsen.

 

Nach der abgeschlossenen Bewerbung werden nun die offiziellen Anträge bei den Fördermittelgebern eingereicht, so Madel. Der Start des Projekts ist für das erste Quartal 2023 vorgesehen. Mit den Fördermitteln werden insgesamt 1,5 Stellen finanziert. Der FUB ist bereits auf der Suche nach Projekt- und Netzwerkkoordinatoren (Hier geht’s zum Stellenangebot). Eine Ausschreibung der Stadt folgt noch. Zu Beginn soll es eine Befragung geben und die Netzwerkarbeit vorangetrieben werden. Welche Erwartungen haben die Unterstützer an das Projekt? Was für Maßnahmen sind sinnvoll? Vor allem sollen aber schnell auch jene ins Boot geholt werden, die bislang mit den Barrieren im Sozialraum zu kämpfen haben.

 

Haltungen überdenken und verändern, dort handeln wo es nötig ist, um dann einen inklusiven Sozialraum zu schaffen. Diese Ansätze sollen in den kommenden fünf Jahren umgesetzt werden. Lamsfuß und Pflitsch freuen sich auf die spannenden Auseinandersetzungen. „Wir wollen Menschen zueinander bringen.“ Denn erst wenn man sich kennenlernt, fallen auch so manche Barrieren im Kopf. Auch Bürgermeister Stücker verspricht sich viel von dem Projekt. „Ich glaube, dass es zu einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhalt, zu einem anderen Miteinander führen kann.“ Und dies wiederum würde die Stadt Wiehl noch lebenswerter und auch attraktiver machen.

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