LOKALMIX
Zahnpflege: Alarmierende Karies-Zahlen bei Kindern
Gummersbach - Viele Kinder in Kitas und Grundschulen haben bereits Karies-Probleme - Im Gummersbacher Rathaus will man Putzmuffeln den Kampf ansagen und bei der Mundgesundheit auch die Eltern mit ins Boot holen.
Von Peter Notbohm
Fast jedes vierte Kita-Kind in Gummersbach hat bereits Karies-Probleme. Von rund 1.200 untersuchten Mädchen und Jungen waren die Zähne von etwa 300 behandlungsbedürftig. Dass sich die Probleme fortsetzen, zeigen die Zahlen an Gummersbachs Grundschulen (inklusive Waldorf Vollmerhausen und FCBS Schule Peisel), wo sogar bald jedes zweite Kind Probleme mit der Zahngesundheit hat. Von 2.231 Schülerinnen und Schülern waren hier die Zähne von 973 Kindern behandlungsbedürftig. Ein reines Gummersbacher Problem ist es nicht: Auch Kinder aus anderen Kommunen besuchen Gummersbacher Schulen und Kitas.
Raoul Halding-Hoppenheit, Erster Beigeordneter der Stadt Gummersbach und Schuldezernent, spricht von erschreckenden Zahlen, denen man im Rathaus den Kampf ansagen will. „Die Zahlen zeigen, dass sehr viele Eltern nicht in der Lage sind, ihre Kinder so zu unterstützen oder die Zahnpflege zu übernehmen, dass die Zähne gesund bleiben“, sagt er. Dass es sich bei den Kita-Kindern weitgehend noch um Milchzähne handle, sei schlimm genug: „Wo nichts unternommen wird, wird auch der nachwachsende Zahn geschädigt sein.“
Die Zahlen zur Zahngesundheit basieren auf aktuellen Statistiken des Gesundheitsamtes, die erstmals seit 2019 wieder erhoben wurden. Thomas Schulte, Ressortleiter Prävention in der Leitung des Familienbüros im Gummersbacher Rathaus, will die Corona-Pandemie und die damit einhergegangenen Schließungen von Kitas und Schulen als Faktor nicht ausschließen. Aber auch 2019 habe es bereits Ausreißer in den Zahlen gegeben. Seriös sagen könne man dies aber erst, wenn man die Zahlen aus dem aktuellen Jahr habe.
Ein Gummersbacher Problem sind die Zahlen mitnichten. Im vergangenen Jahr hatte der Barmer-Zahnreport von einer „versteckten Karies-Epidemie“ gesprochen. Bundesweit wurde bereits ein Drittel der Zwölfjährigen — rund 240.000 Kinder — wegen Karies behandelt. Karies ist demnach nicht nur bei den bleibenden Zähnen, sondern auch bei den Milchzähnen ein Problem. Laut dem Report haben viele Kinder schon an den Milchzähnen Karies. Mehr als die Hälfte der Zehnjährigen — etwa 400.000 Kinder in Deutschland — wurden bereits einer Kariesbehandlung unterzogen.
Im Rathaus ist man sehr interessiert an den kleinräumlichen Zahlen, da sie sich mit den Schuleingangsuntersuchungen decken und man über die Zahngesundheit auch viel über die Sozialräume erfahre, erklärt Schulte. Sozial schwache Eltern kümmern sich häufig weniger um die Zahngesundheit ihrer Kinder. Das Einzugsgebiet von Kitas in Gummersbach beträgt in der Regel gerade einmal fünf Kilometer. „Wichtig ist, zu schauen, wo man präventiv ansetzen kann“, sagt Schulte.
Ein erster Ansatzpunkt ist für Gummersbachs Verwaltung die Elternarbeit. In Kitas putzen die Schüler zwar mit den Erziehern ihre Zähne regelmäßig, das reicht aus Halding-Hoppenheits Sicht aber nicht: „Es darf nicht nur dort geschehen. Da müssen wir auch das Elternhaus mitnehmen. Wir müssen die Eltern unterstützen und ertüchtigen, die Zahnpflege ihrer Kinder vernünftig zu begleiten.“
Eine weitere Idee: Sogenannte Zahnpaten. Zahnärzte könnten Kitas regelmäßig besuchen, um die Kinder bei Mund- und Zahngesundheit aufzuklären. In anderen Bundesländern werden solche Patenschaften bereits als wichtiger Baustein für die Prävention gesehen. Auch bei Elternabenden soll das Thema vermehrt angesprochen werden.
Bei den Schulen in Gummersbach sei das Problembewusstsein für das Thema längst vorhanden, betont Halding-Hoppenheit – nicht zuletzt durch den Offenen Ganztag (OGS). Die Stadt habe daher als Schulträger die Aufgabe, auch die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, damit Zähne geputzt werden können. Denn: Während Waschbecken früher in Schulräumen keine Seltenheit waren, sind diese in Zeiten von Whiteboards und Bildschirmen im Klassenraum häufig zurückgebaut wurden, da kein Wasser mehr benötigt wurde, um Kreide von den Tafeln abzuwischen.
Der Schuldezernent verspricht: „Wir werden uns auf Basis dieser Zahlen mit den Schulleitungen zusammensetzen. Alle haben ein großes Interesse, dass es unseren Kindern gutgeht, dazu gehört auch die Zahngesundheit.“
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