LOKALMIX
Zumindest bei den Zielen herrscht Einigkeit
Oberberg – IG Metall übergibt im Rahmen der Tarifverhandlungen überdimensionale Postkarte an den Arbeitgeberverband NRW – Beide Seiten bleiben im Gespräch.
Die Warnstreiks der Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie beschäftigen gerade das Land. Auch im Kreis kam es bereits dazu, dass nach Aufruf durch die IG Metall die Arbeit für kurze Zeit niedergelegt wurde (OA berichtete). Grund sind die aktuellen Tarifverhandlungen zwischen der IG Metall und dem Arbeitgeberverband NRW – und noch sind beide Seiten weit auseinander, was Forderungen und Angebot angeht. Dass es aber durchaus auch viele Gemeinsamkeiten gibt, haben die Vertreter beider Seiten bei einer Aktion der IG Metall in Oberberg am Donnerstag feststellen dürfen. Dabei übergab eine Delegation um IG Metall Gummersbach Geschäftsführer Werner Kusel und Sekretär Haydar Tokmak eine überdimensionale Postkarte in DIN A1 an den Arbeitgeberverband NRW.
Auf der Postkarte befinden sich die Unterschriften von IGM-Mitgliedern aus allen möglichen oberbergischen Betrieben und Ortsvorstandsmitglieder der IG Metall. Mit dieser Aktion möchte die IG Metall deutlich machen, dass ihre Mitglieder geschlossen hinter der Forderung stehen.
Die Tarifverhandlungen stehen im Zeichen der wirtschaftlichen Herausforderungen, denen sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenübersehen, so Tokmak. Die IG Metall betonte in dem Gespräch die Notwendigkeit, die Kaufkraft der arbeitenden Gesellschaft zu erhöhen, um die Binnenwirtschaft zu stärken und langfristig zu stabilisieren. Die Gewerkschaft hält es daher für in einer Zeit wirtschaftlicher Unsicherheit für entscheidend, in die Arbeitnehmer zu investieren.
Ihre Forderung: Eine tabellenwirksame Erhöhung der Monatsentgelte um sieben Prozent sowie 170 Euro mehr im Monat für Auszubildende. „Diese Forderungen basieren auf der Überzeugung, dass eine gestärkte Kaufkraft der Beschäftigten direkt zur Ankurbelung der Binnenwirtschaft beiträgt.“ Wirtschaftsexperten unterstützten diese Sichtweise. Die Gewerkschaft verweist auch auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten und die anhaltend hohe Inflation, die die Kaufkraft der Beschäftigten erheblich beeinträchtigen.
Ulrich Koch, Vetreter des Arbeitgeberverbands, freute sich über den Dialog und versicherte, die Forderungen auch ernst zu nehmen. „Gleichzeitig scheinen die Tarifforderungen auch mutig, ja übermütig.“ Zu Coronazeiten hätte die IG Metall mehr Augenmaß in der Tarifrunde bewiesen, obwohl die wirtschaftlichen Umstände noch besser waren als heute. Koch legte Wert auf gemeinsame Ziele: „Wir gemeinsam wollen, dass Nordrhein-Westfalen weiterhin ein guter Metall- und Elektrostandort mit vielen attraktiven, sicheren und zukunftsfesten Industriearbeitsplätzen bleibt. Daher können wir nur davor warnen, die Betriebe jetzt tarifpolitisch zu überfordern.“
In der Beurteilung der wirtschaftspolitischen Lage sei man ebenso gar nicht weit auseinander. „Auch die IG Metall moniert zu Recht seit Monaten zu hohe Energiekosten, langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren und überbordende Bürokratie im Land. Das begrüße ich ausdrücklich.“ Die IG Metall und der Arbeitgeberverband warnten beide vor De-Industrialisierung und weisen auf die schlechten Rahmenbedingungen für Unternehmen hin. So nahm auch Tokmak die Politik wieder in die Pflicht, etwas an diesem Rahmen zu ändern.
Doch Koch machte auch die unterschiedlichen Ansichten zu den Tarifforderungen deutlich. „Sie kennen die Situationen in den Betrieben in Oberberg, den Automobilzulieferern und den Einbruch bei den energieintensiven Industrien, wie unseren Stahlherstellern hier in Oberberg.“ Und dann stelle die IG Metall eine der höchsten Entgeltforderungen der jüngeren Vergangenheit auf, so Koch. Zuletzt hätten die Beschäftigten von einem Abschluss mit 8,5 Prozent profitiert. Ein Kaufkraftausgleich könne in der geforderten Höhe nicht begründet werden. „Die höheren Löhne können die Binnennachfrage nicht ankurbeln, denn nach Abzug von Steuern und Abgaben, einer gestiegenen Sparquote und dem Konsum, der ins Ausland fließt, bleibt für den Binnenkonsum nichts übrig“, sagte Koch.
Stattdessen, so Koch weiter, sei es notwendig in der Multikrise die Belastung der Betriebe nicht auch noch durch einen "überzogenen Tarifabschluss in unverantwortliche Höhen" zu treiben. Er glaubt trotzdem an gute Verhandlungen: „Die Tarifparteien gerade in Nordrhein-Westfalen haben schon häufig bewiesen, insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, belastbare und tragfähige Kompromisse zu vereinbaren. Wir sollten alles daransetzen, dass uns dies auch in dieser Tarifrunde wieder gelingt.“
ARTIKEL TEILEN