LOKALMIX
Zwei Jahrtausende in einem Buch
Oberberg – Zum 100-jährigen Bestehen der oberbergischen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins kommt der 15. Band der „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ – Vorstellung auf Schloss Homburg.
Wenn die oberbergische Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins zur Präsentation eines neuen Bands der „Beiträge zur Oberbergischen Geschichte“ einlädt, ist das generell schon immer etwas Besonderes. Schließlich stecken stets mehrere Jahre Arbeit in den prall gefüllten Nachschlagewerken rund um alles, was sich in der Vergangenheit im Kreis zugetragen hat. Die Vorstellung des neuen, inzwischen 15. Bands der Reihe gestern an der Orangerie auf Schloss Homburg im Beisein von Autoren und Sponsoren stand aber sozusagen unter historischen Vorzeichen. Schließlich feierte der Verein damit auch das eigene 100-jährige Bestehen. Nur passend, dass auch ein eigener Beitrag im Band die Vereinsgeschichte selbst aufgreift. Daneben liegt ein Schwerpunkt auf der Aufarbeitung der NS- und Nachkriegszeit. Die Themen reichen aber von der Spätantike bis in die Gegenwart.
Vor 100 Jahren, im Herbst 1924, wurde die oberbergische Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins aus der Taufe gehoben. Erst in Gummersbach, dann einige Wochen später in Waldbröl bildeten sich Kreisgruppen, in denen sich engagierte Heimatforscher zusammenfanden, die die Geschichte und Kultur des Oberbergischen Landes untersuchen und in Publikationen, Vorträgen und Exkursionen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen wollten. An diesem Engagement habe sich bis heute nichts geändert, wie der Vorsitzende Marcus Dräger (Foto) im feierlichen Rahmen der Buchvorstellung sagte. Der Vorsitzende selbst hat dabei das Kapitel über „seinen“ Verein übernommen.
Der oberbergische Ableger des Bergischen Geschichtsvereins sei nach dem Ersten Weltkrieg in einer sehr bewegten Epoche des gesellschaftlichen und politischen Umbruchs gegründet worden. Seine Geschichte spiegelt die Veränderungen und Herausforderungen der Zeit. Deswegen stehen im Jubiläumsband Betrachtungen über sein Wirken und die Resonanz seiner Aktivitäten am Anfang. Dräger befasst sich in seiner Arbeit besonders mit den Projekten und Unternehmungen des letzten Vierteljahrhunderts der Vereinsgeschichte.
Die Aktivitäten des Geschichtsvereins sind auch eingebettet in den Beitrag des Lindlarer Museumsleiters Michael Kamp über kulturelle Initiativen in Oberberg in der Zwischenkriegszeit. Zu nennen ist hier zum Beispiel die Gestaltung des Heimatmuseums auf Schloss Homburg. Allerdings erschwerten die permanenten Eingriffe der neuen Machthaber nach der Übernahme der Nazis die Arbeit des Vereins. „An eine freie und unabhängige Forschungstätigkeit war im Dritten Reich nicht mehr zu denken.“ Der Text von Kamp leitet ein ins das Schwerpunktthema des Bandes.
Mit welchem Geschick und welcher skrupellosen Brutalität es den Nationalsozialisten auch im Oberbergischen innerhalb kürzester Zeit gelang, die demokratische Ordnung der Weimarer Republik zu zerstören und die Grundrechte außer Kraft zu setzen, berichtet der ehemalige Gummersbacher Stadthistoriker und -archivar Gerhard Pomykaj in seinem Betrag über die Machtergreifung 1933. Wie schnell die berufliche und physische Existenz von politischen Gegnern des Regimes auf dem Spiel standen, beschreibt Peter Ruland am Beispiel des Engelskirchener Verlegers und Journalisten Edmund Schiefeling. Der Redakteur Dr. Stefan Corssen schrieb auf, wie in einer bisher noch halbwegs funktionierenden Zivilgesellschaft plötzlich Andersdenkende misshandelt und sogar in den Selbstmord getrieben wurden. Der Lehrer Maik Bubenzer beschäftigt sich wiederum mit den Tätern der NS-Zeit im Oberbergischen, unter anderem dem Kreis hochrangiger Akteure neben Robert Ley.
Die intensive Beschäftigung mit der NS-Zeit hat mit dem 90. Jahrestag der "Machtergreifung“ zu tun. Vor fast 80 Jahren ging der Zweite Weltkrieg mit dem völligen Zusammenbruch des Dritten Reiches zu Ende. Dieter Rath entführt den Leser in die Tage der Einnahme des Oberbergischen durch amerikanische Truppen – auch anhand von Augenzeugenberichten. Der zweite Teil dieser Dokumentation, von Kurt Wienand zusammengestellt, soll in Band 16 erscheinen. Über das Oberbergische der Nachkriegszeit schreibt Jürgen Woelke.
Die weiteren Beiträge zeugen von der großen Bandbreite, es geht um einen Dorfpolizisten in Ründeroth im vorigen Jahrhundert (Autor: Dieter Forst), um römische Relikte im Oberbergischen (Alexander Maier), um romanische Baukunst (Markus Eckstein), um das oberbergische Apothekenwesen (Dr. Eva-Maria Henig) oder auch das Transportwesen im Spätmittelalter (Manuel David Müller-Kipke). Friedrich Adolph Frhr. von Dellingshausen wiederum erzählt die Geschichte des 2004/05 errichteten Johannes-Hospizes in Wiehl. BGV-Ehrenvorsitzenden Dr. Alexander Rothkopf hat sich mit historischer Namensforschung auseinandersetzt. Spannend auch die Darstellung der Baugeschichte von Schloss Homburg, von den Anfängen im Hochmittelalter bis in die Gegenwart, die Dr. Jens Friedhoff, Stadtarchivar in Hachenburg und ausgewiesener Burgen-Experte, verfasst hat.
Gefördert wird das Projekt unter anderem von der Kulturstiftung Oberberg der Kreissparkasse Köln, der Volksbank Oberberg, dem Landschaftsverband Rheinland, der AggerEnergie und weiteren Unterstützern. Erhältlich ist der Jubiläumsband ab sofort in den oberbergischen Buchhandlungen zum Preis von 35 €.
KOMMENTARE
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
ARTIKEL TEILEN