Oberberg - Die Corona-Schutzvorschriften von Land und Kreis sind unausgegoren und widersprüchlich.

Von Bernd Vorländer

Die sogenannte Bundesnotbremse ist inzwischen Gesetz und regelt jetzt zentral, was alles in deutschen Kommunen erlaubt und verboten ist, wenn der Inzidenzwert die 100 überschreitet. Oberberger kennen die Beschränkungen schon ein wenig. Seit Mitte April gab es schon eine Ausgangssperre. Ob die letztlich vor Gerichten Bestand haben wird, ist eine andere Frage. Oberberger sollten also jetzt wissen, was zu tun ist und welche Regeln einzuhalten sind. Oder doch nicht?

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Zunächst braucht es viel Zeit, um nicht nur die Allgemeinverfügung des Kreises, sondern auch die Coronaschutzverordnung des Landes zu studieren. Juristische Kenntnisse, Durchhaltevermögen und eine Prise Humor wären auch nicht schlecht. Aber der Reihe nach. Vier Seiten aus Oberberg, das ist ja noch überschaubar. Satte 24 Seiten kommen vom Land NRW, natürlich höchst anspruchsvoll. Schließlich soll und muss ja alles, wirklich alles geregelt werden. Dann mal los in den Verordnungs-Wahnsinn. Natürlich ist vieles zum Schutz der Bürger nachvollziehbar, anderes dagegen kommt einem vor, als sei es in Absurdistan formuliert worden.

Der §2.1 der NRW-Verordnung beruhigt mich zunächst ungemein. Der Mindestabstand zwischen Personen des eigenen Hausstands darf unterschritten werden. Ich kann also ganz offiziell meine Frau in den Arm nehmen. Aber nicht zwischen 22 und 0 Uhr draußen, grätscht da die Verfügung aus Oberberg dazwischen, denn da darf ich mich nur "alleine draußen bewegen". Also zusammen in die Mäntel, dann raus, fünf Meter Abstand, und gemeinsam wieder rein. Muss ich das verstehen? Nein.

Kontakte, das wissen wir ja inzwischen, sollen weitgehend eingeschränkt werden. Was erlaubt ist: In einem Hausstand leben Vater, Mutter und drei Kinder. Sie dürfen etwa die Schwägerin mit ebenfalls drei Kindern empfangen. Das wären insgesamt neun Menschen. Verboten ist aber, dass ein Ehepaar die verheiratete Tochter mit Mann besucht. Das wären vier Menschen. Was soll das? Natürlich brauchen besonders Kinder soziale Kontakte. Aus epidemiologischer Sicht können Kinder jedoch genauso Virenüberträger sein wie Erwachsene.

Besonders hanebüchen wird es, wenn es um Schutzmasken geht. In der oberbergischen Verfügung wird bestimmt, dass diejenigen, die Busse, Bahnen oder Taxen benutzen, eine "Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar)" tragen müssen. Ist nachvollziehbar. Die NRW-Verordnung ergänzt jetzt aber: "Für das Kontroll- und Servicepersonal, soweit es in Kontakt mit Fahrgästen kommt, gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske." Sind die demnach weniger gefährdet? Als Bahnfahrer benötige ich also FFP2, dem Schaffner reicht der Holzklassen-Standard, die sogenannte OP-Maske. Letztere ist auch bei Arbeitskollegen im selben Fahrzeug der Normalfall.

Die Landesverordnung setzt aber noch eins drauf. Auf Märkten und Spielplätzen und innerhalb von zehn Meter zu einem Einzelhandelsgeschäft reicht auch eine Alltagsmaske, die das NRW-Papier wie folgt beschreibt: "textile Mund-Nasen-Bedeckungen (einschließlich Schals, Tüchern und so weiter) oder gleich wirksame Abdeckungen von Mund und Nase aus anderen Stoffen." Das also auch noch. Doch halt, es gibt eine Ergänzung, nämlich wenn "keine Verpflichtung zum Tragen einer höherwertigen Maske nach Absatz 2" besteht. Wo finde ich den nochmal? Und um das Masken-Wirrwarr komplett zu machen, heißt es, dass in Kitas eine Maske getragen werden muss. Aber welche? Am besten, man schafft sich ein Masken-Reservoir an und lädt sich die Verordnungen aufs Handy, um jederzeit zu wissen, welche Maske gerade nötig ist.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Corona ist schlimm, eine furchtbare Bedrohung für die Menschheit. Aber muss man nach 14 Monaten, vielen Pannen und Versäumnissen sowie krassen Fehleinschätzungen nicht von Behörden erwarten, dass in einer Krisensituation nachvollziehbare Vorgaben und Regeln vorliegen? Und nicht ein Buchstabensalat, den kein Bürger versteht.