MEINUNG

Bizarrer Kampf ums weiße Gold

bv; 04.04.2020, 18:00 Uhr
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Bizarrer Kampf ums weiße Gold

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bv; 04.04.2020, 18:00 Uhr
Oberberg - Die Corona-Krise treibt zuweilen seltsame Blüten - das Hamstern von Toilettenpapier gehört dazu.

Von Bernd Vorländer

 

Ich wollte das nicht, das können Sie mir glauben. Doch irgendwann kann man bestimmten Entwicklungen nicht mehr ausweichen. Und jetzt ist es soweit: Ich schreibe ganz offiziell über das Thema Toilettenpapier. Vor einigen Wochen hätte ich noch meinen Zeigefinger Richtung Stirn geführt, aber mit Corona ändern sich ja auch die Maßstäbe journalistischen Schaffens. Dann wollen wir uns mal ganz entspannt und mit wenig Emotionen dem Geschäft widmen, das offenbar derzeit die Menschen am meisten bewegt: dem Stuhlgang. Wir kennen alle das Bild - leere Regale, Toilettenpapier ist ausverkauft. Wer einige Rollen ergattern will, muss früh aufstehen. Wer zu spät kommt, den bestraft nicht das Leben, sondern der traurige Blick der Familie, wenn man wieder ohne das weiße Gold nach Hause zurückkehrt und die Rollen rationiert werden müssen.

 

Was könnte es denn sein, dass wir Deutschen gerade jede Lage kaufen, derer wir habhaft werden? Theoretisch denkbar ist als Ursache ja ein Angst-Szenario, das in eine deftige Diarrhö mündet. Corona hätte dann in unserer Gedankenwelt dermaßen Sorgen ausgelöst, dass wir geradezu zwanghaft ans stille Örtchen  gefesselt sind. Im Einzelfall mag das als Erklärung für die derzeitige Toilettenpapier-Krise gelten, in der Masse eher nicht.

 

Woher also dieser Zwang, die samtweichen, bis zu fünflagigen, der Haut schmeichelnden 130 Blatt pro Rolle in einem Ausmaß zu bunkern, das alle unsere Maßstäbe, die wir bislang aus dem Reich des Stuhlganges kannten, in ganz neue Dimensionen verschiebt? Es muss psychologische Gründe haben, denn ganz praktisch macht es gar keinen Sinn. Wenn Sie zehn Rollen besitzen, und wenn Sie zweimal pro Tag (und das ist schon viel) ihre Toilette zu einer Sitzung besuchen, kommen Sie 80 Tage damit hin. Paare also 40 Tage. Nur zur Klarstellung - das ist länger als ein Monat.

 

Wenn es denn psychologisch ist, was geht in den Köpfen vor? Ist der Deutsche in der Krise nur dann standhaft, kann er den Herausforderungen nur trotzen, wenn er die weiße gerollte Waffe in der Hinterhand hat? Irgend so etwas muss es sein. Toilettenpapier hat kein Ablaufdatum und essen kann man es auch nicht, aber alle jagen jetzt den Rollen hinterher. Und eigentlich müsste man doch erwarten, dass nach den ersten Hamsterkäufen nun endlich ausreichend Munition für diejenigen da sein müsste, die sich anfangs nicht haben verrückt machen lassen. Denkste, die Regale sind immer noch leer. Wie viele Rollen braucht es demnach, damit der Hamsterer beruhigt ist und entspannt sein Geschäft verrichtet?

 

Wann hat dieser Wahnsinn ein Ende? Ich bin einigermaßen ratlos.

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KOMMENTARE

1

Bei Klopapier herscht ein absoluter Mangel. Das
Hamstern ist schon lange vorbei. Jeder Laden hat doch eine Begrenzung
wenn es mal welches gibt. Ich kenne einige Leute die schon seit Tagen
dringend nach einem!!! Paket suchen.

Peter, 04.04.2020, 18:43 Uhr
2

Paare kommen auch nicht 40 Tage hin. Fragen sie mal ihre Frau
Herr Vorländer.

Peter, 04.04.2020, 18:45 Uhr
3

toller Kommentar ! Der Wahnsinn wird aber erst ein Ende haben wenn jede Rolle von dem begehrten ETWAS von innen mit Mehl aufgefüllt ist. Also Leute kauft noch etwas Mehl was ihr nachher wahrscheinlich wegwerfen werdet weil ihr nicht wisst was man damit überhaupt alles machen kann

Heinzelmann, 04.04.2020, 20:12 Uhr
4

Das Schlimme ist, diejenigen die nicht hamstern sind an einen Punkt angekommen, wo sie auch schon bei jeder Gelegenheit zugreifen, weil sie Angst haben nichts mehr zu bekommen. Würden alle normal einkaufen, wäre ja auch genug da. Nur kommt das leider nicht bei den meisten Menschen an. Also bitte Leute, denkt einfach mal nach, brauche ich das? In diesem Sinne...

, 05.04.2020, 09:52 Uhr
5

Das Schlimme ist, diejenigen die nicht hamstern sind an einen Punkt angekommen, wo sie auch schon bei jeder Gelegenheit zugreifen, weil sie Angst haben nichts mehr zu bekommen. Würden alle normal einkaufen, wäre ja auch genug da. Nur kommt das leider nicht bei den meisten Menschen an. Also bitte Leute, denkt einfach mal nach, brauche ich das? In diesem Sinne...

Jean, 05.04.2020, 13:37 Uhr
6

Wir haben keinen Vorratsschrank. Werden uns aber einen Vorrat zulegen müssen bei der aktuellen Versorgung. Klopapier? Vergebens. Küchenkrepp? Keines da. Hefe? Lang haltbare Sachen wie Dosengemüse? Ich weiß nicht wo das enden soll, und ich möchte jetzt auch nicht jeden Tag in den Supermarkt müssen. Die Atmosphäre ist sehr gruselig, in einigen Supermärkten hat man das Gefühl man wäre in einem Horrorkabinett. Hamstern würde ich nicht, aber zumindest das ich mal für 10-14 Tage nicht da raus muss, wie von der Regierung empfohlen - aber selbst das ist mittlerweile NICHT mehr möglich.

sonja seife, 05.04.2020, 14:27 Uhr
7

Ostertipp!
Wenn man bei einer 4-lagigen Rolle Toilettenpapier die 2 innenliegenden Blätter rausreisst, kommt man Doppel so lange hin!!!

Markus, 05.04.2020, 14:59 Uhr
8

sonja seife, mir geht es genauso! Diese gruselige Atmosphäre des Hoororkabinetts erinnert mich an "DDR"_Zeiten. Auch da haben wir(der Regierung) nicht mehr vrtraut und nach Möglichkeit versucht, zu hamstern!

, 05.04.2020, 19:26 Uhr
9

Habe jetzt notgedrungen bei einem großen Auktionshaus bestellt. Ist zwar nicht ganz so günstig, aber anders scheint's nicht mehr zu gehen. Eine schriftliche Anfrage auf der Website des hiesigen Verbrauchermarktes blieb unbeantwortet........

Margot, 06.04.2020, 04:10 Uhr
0 von 800 Zeichen
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