GUMMERSBACH
120 Jahre eine (ruhige) Kugel geschoben
Gummersbach – Der Steinmüller-Kegelverein feiert ein sehr seltenes Jubiläum.
Wenn auch die Aufzeichnungen aus den Anfangsjahren des
Steinmüller Kegelvereins ESTI -“Einer steht immer“ Lücken
aufweisen, so kann dennoch als gesichert angesehen werden, dass
der Verein am 5.3.1905, also vor 120 Jahren, entweder bereits
länger existierte oder gerade gegründet wurde. Denn das älteste
noch vorhandene Foto, vielleicht das Gründungsfoto, ist mit diesem
Datum versehen. In dieser Zeit nahm in St. Petersburg die
Russische Revolution mit dem sogenannten Blutsonntag gerade
ihren Anfang. In Deutschland regierte mit Wilhelm II. noch ein
Kaiser. Das vergilbte Bild zeigt zwölf stattliche, den damals
obligatorischen Bartschmuck tragende Herren, vermutlich allesamt
Mitarbeiter der Firma Steinmüller, die würdevoll in die Kamera
schauen.
Damals wird es wohl niemand für möglich gehalten haben, dass der
Kegelverein noch 120 Jahre später bestehen würde. Steinmüller
war bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein weltweit führendes
Unternehmen im Dampfkesselbau mit etwa 600 Mitarbeitern. Die
„Kesselschmiede“ gehörte zu den potentesten Arbeitgebern in der
Region. Anerkannte Persönlichkeiten führten das Unternehmen,
hochqualifizierte Angestellte, Ingenieure, Techniker und Arbeiter
produzierten Dampfkessel für das In-und Ausland. Ein
„Steinmüllerianer“ stellte etwas dar, er war stolz auf sein
Unternehmen. In diesem Geiste entstand dann auch der
Kegelverein, gegründet von stolzen Mitarbeitern „ihrer“ Firma
Steinmüller. Es war eine Auszeichnung, Mitglied im Verein zu sein
und die Geselligkeit zu pflegen.
[Das Grünsdungsfoto.]
In 120 Jahren Vereinsleben reihen sich viele interessante Zahlen,
Geschichten und Anekdötchen, Biografien und Erinnerungen,
schöne und traurige Ereignisse aneinander. Wenngleich auch seit
1921 „Kegelbücher“ mit buchhalterischer Erfassung von Teilnahme,
Fehlwürfen und Strafgeldern geführt wurden und in 104 Jahren ab
diesem Jahr auch nur ein einziges fehlt, beginnen die eigentlichen
chronologischen Aufzeichnungen erst ab dem Jahre 1933. Die Zeit
davor bleibt, ausgenommen von ein paar vergilbten Fotos von
fröhlichen Kegelbrüdern auf ihren „Landpartien“, leider im Dunkeln.
Aber ab 1933 wurden insgesamt 117 Vereinsmitglieder gezählt.
Darunter befanden sich für Steinmüller so wichtige
Führungspersönlichkeiten wie der geschäftsführende Gesellschafter
Dr. C.H Steinmüller (Sohn des Gründers von Steinmüller, Carl
Steinmüller), Werner Öhler (baute Steinmüller Südafrika auf), Prof.
Dr. Jung (Leiter der Forschung-und Entwicklung) und viele weitere
leitende Mitarbeiter in Führungspositionen, sowohl Kaufleute als
auch Techniker. Die längste Mitgliedschaft mit sage und schreibe 61
Jahren von 1933 bis 1994 wies der langjährige „Ehrenpräses“
Manfred Hardemann auf.
Die Geselligkeit außerhalb der Kegelbahn kam von Beginn an nie
zu kurz. Bereits aus den Anfangsjahren existieren Fotos von
sogenannten „Landpartien“ datiert mit 1908, 1909 und 1910. Der
erste Weltkrieg und die Zeit danach hat wahrscheinlich auch das
Vereinsleben gelähmt, denn dann hören die Aufzeichnungen auf.
Wie bereits erwähnt, beginnen sie erst wieder ab 1933, Fotos von
„Ausflügen erst ab 1948. Heute gehören die sogenannten
Kegeltouren zum fest etablierten jährlichen Ereignis. Besondere
Affinität besteht zum Wasser, ob es nun Segeltouren auf dem
Ijsselmeer, Hausboottouren auf der Mecklenburgischen Seenplatte,
der Lagune von Venedig, oder auf den Flüssen und Kanälen
Belgiens, der Niederlande, Frankreichs und Deutschlands sind.
Wechselweise, in jedem zweiten Jahr, werden Städtetouren
unternommen.
Ein besonderes Ereignis im Jahreslauf des Kegelvereins ist das
jährliche „Neujahrsessen mit Damen“ welches in jedem Jahr zu
Beginn des neuen Jahres stattfindet.
1953 entstand aus geschäftlichen und daraus hervorgegangenen
freundschaftlichen Kontakten eine über 50-jährige Partnerschaft mit
dem Kegelverein der „Georgsmarienhütte in Osnabrück. In 50
„Clubkämpfen“ wurden die jeweiligen Sieger „ausgekegelt“ und
natürlich dabei die bestehenden geschäftlichen Beziehungen
gepflegt. Erst 2005 mussten die Clubkämpfe wegen Überalterung
des Kegelvereins aus Osnabrück eingestellt werden.
Im Jubiläumsjahr hat „ESTI“ 14 aktive Mitglieder und ein inaktives
Mitglied. Noch immer besteht der Verein überwiegend aus
ehemaligen Steinmüller-Mitarbeitern. Aber auch andere
„Nichtsteinmüller“ sind heute Vereinsmitglieder. Wie so viele andere
Vereine auch, hat „ESTI“ es schwer, jungen Nachwuchs zu
rekrutieren, um so die Chance zu wahren, auch noch zukünftig
weitere runde Jubiläen feiern zu können. Junge Menschen, die sich
nicht nur beim Kegeln sportlich betätigen möchten, sondern auch
gerne interessante Gespräche führen, von den Erfahrungen
„kampferprobter Ingenieur- Hasen“, Juristen, Betriebswirten und
anderen Disziplinen profitieren möchten, aber auch Geselligkeit und
Freude an gemeinsamen Unternehmungen lieben, sind herzlich
willkommen.
Alle 14 Tage kegelt und speist man gemeinsam im Waldhotel
„Tropfsteinhöhle“ in Wiehl. Vorher war man mehrere Jahrzehnte in
Gummersbach-Herreshagen im „Haus Jäger“, davor in der
Gummersbacher Hermannsburg, als die Kegel noch per Hand
aufgestellt wurden.
Zum „ESTI“ Verein gehören heute: Dr. Raimund Croonenbroek,
Helmut Dreuscher, Ulrich Eckardt, Dr. Dieter Effenberger, Wolfram
Engelking, Wolfgang Fuchs, Dr. Theodor Göbel, RA Ralph Häußer,
Hans Hemschemeier, Ralf Lauterbach, Dr. Walter Schäfers,
Gerhard Schwuchow, Benedikt Tressner, Hans Frieder Wamsler
und Dr. Michael Wirtz
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