REICHSHOF
„Ein Gefühl großer und tiefer Dankbarkeit“
Reichshof – Beim Abschied von Reichshof Politik wird Bürgermeister Rüdiger Gennies emotional – 14 weitere Ratsmitglieder und sechs sachkundige Bürger mit Ehrungen verabschiedet.
Von Peter Notbohm
Demokratie bedeutet Herrschaft auf Zeit. Als Bürgermeister wisse man, dass der Tag des Abschiedes kommen wird, sagte Reichshofs Bürgermeister Rüdiger Gennies zu Beginn seiner Abschiedsrede. Das Gemeindeoberhaupt verabschiedete sich am Mittwochabend offiziell von Reichshofs Politik in seiner letzten Ratssitzung. Er gehe mit einem „Gefühl großer und tiefer Dankbarkeit“ beim Blick auf seine 16-jährige Amtstätigkeit und die insgesamt 50 Jahre im Dienst der Gemeinde Reichshof (OA berichtete).
Nicht ohne Stolz zählte er noch einmal die vielen Projekte auf, die während seiner Amtszeit in der Gemeinde umgesetzt wurden. Ob in der Gemeindeentwicklung, im Feuerwehrbereich, in der Bildung, im Bereich der Kinder, Jugend und Soziales oder bei Kultur und Tourismus sowie der Infrastruktur. Insgesamt hat die Gemeinde 132 Millionen Euro in den vergangenen 16 Jahren in Projekte umgesetzt. „Das Amt hat mir wirklich sehr viel bedeutet. Es hat mich ausgefüllt, mir Freude bereitet, mich aber auch gefordert“, sagte Gennies, der sich ausdrücklich bei seiner Ehefrau, Reichshofs Politik, seinem Rathausteam und auch den Bürgern bedankte.
Die Zeiten seien dabei nicht immer einfach gewesen, erinnerte er an seine erste Amtsperiode, in der er mit der sogenannten Bürgermeistermehrheit die Gemeinde leiten musste. Ganz ohne Kritik blieb Gennies Abschied nicht: Den verpassten Glasfaserausbau wegen fehlender Fördermittel durch das Land, die Verweigerung einer Rechtsgrundlage zur Erhebung einer Wiehltalsperren-Trinkwasser-Tantieme vom Aggerverband zur Entlastung der Abwassergebührenzahler und vor allem die „Vernichtung unseres REGIONALE 2025-Projektes Sanftes Naturerlebnis Wiehltalsperre“ durch den Naturschutzbeirat des Kreises sieht er bis heute kritisch. Reichshofs Politik und die Gemeinde forderte er im Beisein seines Nachfolgers Jan Gutowski auf, „niemals aufzuhören, dicke Bretter zu bohren“.
Vor der Abschiedsrede hatten auch Thomas Funke (CDU), Marlies Schirp (SPD) und die Allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters Sarah Schmidt, stellvertretend für das Rathausteam, Reden gehalten. Schmidt betonte, dass die Gemeinde mit Gennies „stets ihren Charakter bewahrt hat – manchmal aufmüpfig im Denken, arbeitsam im Tun, pragmatisch in den Entscheoidungen und immer bereit, die Ärmel hochzukrempeln“. Funke nannte das scheidende Gemeindeoberhaupt „einen Pragmatiker und einen Bürger für alle, der Reichshof mit Augenmaß und Herz für die Menschen weitergebracht hat“.
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[Auch mehrere Ratsmitglieder und Sachkundige Bürger wurden mit einer Urkunde und einem guten Tropfen aus der politischen Arbeit für die Gemeinde verabschiedet.]
Doch nicht nur für Rüdiger Gennies hieß es am Mittwochabend Abschied nehmen. Auch 14 Ratsmitglieder und sechs Sachkundige Bürger werden Reichshofs Politik ab dem 1. November nicht mehr angehören. „Ihr Engagement, ihre Sachkunde, und ihre Erfahrung werden uns hier im weiten Rund fehlen“, sagte der Bürgermeister im Rahmen seiner Laudatio. Anja Krämer (FDP) und René Kauffmann (CDU) blicken auf jeweils 16 Jahre Arbeit im Dienst der Gemeinde zurück. Weitere ausscheidende Ratsmitglieder: Christine Brach, Ina Kuhlmann, Susanne Maaß, Karl Wilhelm Dohrmann, René Semmler, Ingeborg Mohr-Simeonidis, Florian Engel, Rolf Becker, Uwe Hoffmann, Josef Fischer, Bruno Bluhm und Stephan Draube. Ihr Engagement als Sachkundige Bürger beendeten Annemarie Weingarten, Dana Sommer, Christoph Müller. Felix Borgard, Udo Mauelshagen und Hans-Günter Weidenbrücher.
Im Anschluss an die Ratssitzung lud der Bürgermeister Politik und anwesende Zuschauer noch auf einen kleinen Umtrunk ein.
Aus dem Rat
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Bei einer Enthaltung der FDP hat Reichshofs Politik einstimmig gegen die Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge gestimmt. Kämmerer Gerd Dresbach sprach von einem gut gemeinten Gesetz, das zumindest das Ziel der Verwaltungsvereinfachung aber vollkommen verfehle. Der Gemeinde fehlen Stellen, um die sogenannte Whitelist erstellen, permanent anpassen und prüfen zu können. Sollten Anpassungen an dem Gesetz erfolgen, kann die Gemeinde die Bezahlkarte weiterhin jederzeit einführen.
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Einstimmig wurde das kommunale Kurzkonzept der Klimawandelanpassung von Reichshofs Politik beschlossen. Die sich daraus ergebenden Umsetzungsmaßnahmen müssen in der Planungsphase monetär beziffert und entschieden werden. Eventuelle Mehrkosten und zusätzliche Personalaufwände müssen ebenfalls transparent gemacht und entschieden werden.
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Zwar wurde im Rahmen der Haushaltsplanungen für 2025 der Bau des neuen Feuerwehrgerätehauses der Einheit Heischeid verschoben, Reichshofs Politik hat das Projekt nun aber vorangetrieben, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern. Die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange wurde einstimmig bei einer Enthaltung der FWO zur Kenntnis genommen.
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Ein ÖSL-Antrag, das Projekt Denklinger Dreiklang vorerst auszusetzen, bis die Verwaltung der Politik mehrere Prüfergebnisse vorlegt, wurde bei einer Ja-Stimme der ÖSL und sieben Enthaltungen von SPD und Grünen abgelehnt. Christine Brach (ÖSL) warnte vor explodierende Baukosten und einer Nichtverträglichkeit mit dem kommunalen Klimaanpassungskonzept. Sarah Schmidt widersprach dem und gab zu bedenken, dass es sich um die Umsetzung des letzten großen ISEK-Projektes im Rahmen der Stärkung des Gemeinschaftsgefühls in den vier Siedlungsschwerpunkte handle. Der geplante multifunktionaler Raum in Denklingen sei dabei von der Bezirksregierung und dem NRW-Heimatministerium als das Ankerprojekt klassifiziert worden, das eine Stahlkraft für ganz Reichshof entwickle. Stelle man dieses Projekt nun in Frage, drohe die Gefahr, dass Fördermittel aus der gesamten Phase 2 zurückverlangt werden. Zudem würde man sich aufgrund der bereits erfolgten Ausschreibung schadensersatzpflichtig machen. Aus wasserrechtlicher Sicht dürfe zudem der Asbach nicht mehr durch die „Klus“ laufen, sodass die Gemeinde im Areal ohnehin tätig werden muss. Die entsprechenden Abstimmungen hierzu seien mittlerweile getroffen worden, sodass die Arbeiten im kommenden Jahr beginnen sollen. Bislang plane man mit den bewilligten Kosten in Höhe von 5,7 Millionen Euro (Eigenanteil 1,7 Millionen Euro).
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Kämmerer Gerd Dresbach berichtete, dass die Abfallgebühren in 2026, in Abhängigkeit des Beschlusses der ASTO-Verbandsversammlung im kommenden Jahr um zwei bis vier Prozent steigen werden.
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Vom Sondervermögen der Bundesregierung wird die Gemeinde Reichshof mit Mitteln in Höhe von 780.000 Euro profitieren. Die Summe wird laut Dresbach auf zwölf Jahre gestreckt und ist an Vorgaben geknüpft. So muss die Hälfte des Geldes in Bildungsinfrastruktur investiert werden.
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Die Verleihung des diesjährigen Heimatpreises wurde auf die letzte Ratssitzung des Jahres am 11. Dezember verschoben. In diesem Jahr gibt es insgesamt 19 Bewerbungen.
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Zu einer von der ÖSL erhofften Aussprache zum Thema Freiflächen-Photovoltaik kam es nicht. Die Verwaltung beantwortete die Fragen von Christine Brach hinsichtlich der Überprüfung des Themas unter Einbeziehung weiterer Akteure und der Berücksichtigung der bereits erfolgten und baldigen EEG-Änderungen sowie der aktualisierten Fördermöglichkeiten schriftlich. Das Rathaus verwies auf die vom Rat 2024 beschlossenen Leitsätze zur Steuerung der PV-Freiflächenanlagen. Fragen zum monetären Nutzen habe die Gemeinde bereits auf Anfrage der FWO im Führjahr beantwortet, zudem werden Beteiligungsmodelle noch erarbeitet und sollen erst nach politischer Beratung der Bürgerschaft vorgeschlagen werden. Zudem bestehe kein Grund, den vorgesehen Evaluierungszeitraum bis zum Sommer 2027 zu verkürzen.
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