LOKALMIX

Attraktive Ausbildung: Viele Stellen sind noch frei

ks; 04.04.2025, 19:10 Uhr
Foto: Katharina Schmitz --- (v.l.) Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg, Nicole Jordy, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, und Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land.
LOKALMIX

Attraktive Ausbildung: Viele Stellen sind noch frei

  • 0
ks; 04.04.2025, 19:10 Uhr
Oberberg – In der IHK wurde die Halbjahresbilanz des regionalen Ausbildungsmarkts vorgestellt – Mehr Bewerber, aber weniger Ausbildungsplätze.

Nur einen Tag, nachdem US-Präsident Donald Trump am vergangenen Mittwoch für fast alle Länder der Welt neue Zölle verhängt hat, wurde in der Geschäftsstelle Oberberg der Industrie- und Handelskammer Köln über die Halbjahresbilanz auf dem regionalen Ausbildungsmarkt gesprochen. Auf den ersten Blick mögen das für den ein oder andere zwei Themen sein, die weit auseinanderliegen. Doch Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, machte schnell deutlich: „Die Zölle werden uns ins Mark treffen.“

 

Wie Information und Technik Nordrhein-Westfalen als Statistisches Landesamt heute Mittag mitteilte, hat die nordrhein-westfälische Wirtschaft im vergangenen Jahr Waren im Wert von 15,5 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten exportiert. Rund sieben Prozent der NRW-Exporte gingen damit direkt in die USA. Ob Maschinen, Apparate und mechanische Geräte oder auch elektrotechnische Erzeugnisse: die USA waren dem Landesamt zufolge der wichtigste außereuropäische Handelspartner für NRW-Exporte.

 

WERBUNG

„Den Unternehmen fehlt gerade die Zuversicht angesichts der vielen Schmerzpunkt“, sagte Michael Sallmann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Oberberg. Ob der Fachkräftemangel, die marode Infrastruktur, stark gestiegene Arbeitskosten, aber auch die Bürokratie und die hohen Energiekosten als „hausgemachte Probleme“, wie Sallmann sagte: da würden die USA mit ihren Zöllen jetzt noch obendrauf kommen. Sallmann befürchtet, dass die Wirtschaft womöglich das dritte Jahr infolge nicht wachsen wird. Und diese „schlechte wirtschaftliche Lage“ scheint sich nun auch auf den regionalen Ausbildungsmarkt niederzuschlagen.

 

Die Anzahl an freien Ausbildungsplätzen und auch an Unternehmen, die freie Plätze melden, geht zurück. Viele größere Unternehmen würden ihre Plätze reduzieren, kleinere Unternehmen in diesem Jahr womöglich gar keinen Platz anbieten. Wie Nicole Jordy, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bergisch Gladbach, schilderte, haben die Unternehmen der Region bisher 1.198 Ausbildungs- und duale Studienplätze gemeldet – und damit 232 Stellen bzw. 16 Prozent weniger als vor einem Jahr. Aktuell sind noch 776 Ausbildungs- und duale Studienplätze frei.

 

Mit Blick auf die Bewerber waren im Oberbergischen bis März insgesamt 1.203 Interessierte für eine Ausbildungsstelle oder ein duales Studium bei der Berufsberatung gemeldet, darunter 255 Jugendliche mit Migrationshintergrund. Im Vergleich zum März 2024 waren das 16 Personen (+ ein Prozent) mehr. Davon suchen derzeit noch 777 Bewerber aktiv nach einer Ausbildung oder einem dualen Studium. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, wird es in den kommenden Jahren wohl mehr Bewerber als freie Ausbildungsplätze geben – ein Nachteil für die jungen Leute.

 

Die regionalen Unternehmen im gesamten Agenturbezirk – also in Oberberg, Rhein-Berg und Leverkusen – haben laut Nicole Jordy bisher 2.478 Ausbildungs- und duale Studienplätze gemeldet (517 Stellen bzw. 17 Prozent weniger als vor einem Jahr). Gleichzeitig waren bis März insgesamt 3.110 Interessierte als Bewerber für eine Ausbildungsstelle oder ein duales Studium bei der Berufsberatung gemeldet, darunter 798 Jugendliche mit Migrationshintergrund. Aktuell sind noch 1.549 Ausbildungs- und duale Studienplätze frei.

 

Bis Ende März wurden im Bezirk der IHK Köln 1.680 neue Ausbildungsverträge in den insgesamt fast 200 Berufen in Industrie, Handel und Dienstleistung vereinbart, rund 8,4 Prozent oder 154 Verträge weniger als zum Vorjahresstichtag. Im Oberbergischen fällt das Minus noch größer aus: 226 Ausbildungsverträge wurden geschlossen – und damit 62 (minus 21 Prozent) weniger als im Vorjahr. „Die aktuellen Eintragungszahlen geben noch keinen Anlass zur Beunruhigung, da Ausbildungsverhältnisse immer später geschlossen werden und entsprechend spät in der Statistik auftauchen“, meinte Michael Sallmann.

 

Aber: Der Rückgang in Oberberg zeige, dass die Wirtschaftskrise Deutschlands vor allem eine Krise der Industrie ist. „Es ist das erste Mal, dass die Zahlen so deutlich sind. Wir starten jetzt mit einem Minus von 21 Prozent, sonst sind wir immer mit einem Plus gestartet“, sagte Sallmann. Viele attraktive Ausbildungsstellen seien aber noch frei. Außerdem müssten sich die Unternehmen darauf vorbereiten, dass im nächsten Jahr an vielen Gymnasien kein Abitur abgelegt wird – die Anzahl der abgehenden Schülerinnen und Schüler also insgesamt deutlich kleiner sein wird. Grund ist der Wechsel von G8 auf G9.

 

Die Bilanz zum Start des Ausbildungsjahres 2025 im Handwerk zeigt in den Regionen Leverkusen, Rheinisch-Bergischer Kreis und Oberberg eine positive Entwicklung. Bis zum Stichtag Ende März wurden 25 Prozent mehr Ausbildungsverträge unterzeichnet als im Vergleichszeitraum 2024. Dennoch hält sich Marcus Otto von der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land mit der Nennung absoluter Zahlen zurück: „Die Zahlen sind immer nur eine Momentaufnahme und entwickeln sich sehr dynamisch weiter.“ Trotzdem rechnet er mit einem guten Ausbildungsjahr im regionalen Handwerk.

 

Auch in diesem Jahr gibt es wieder besonders gefragte Berufe im Handwerk wie etwa Kraftfahrzeugmechatroniker, Tischler oder Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik. Erfreulicherweise sind auch die Berufe Elektroniker, Dachdecker sowie Maler und Lackierer wieder stärker gefragt. Und schien in der Vergangenheit das Interesse nachgelassen zu haben, legen bis jetzt die Fleischer und Fleischereifachverkäufer eine schöne Entwicklung hin. „Luft nach oben sehen wir noch in Berufen im Bauhauptgewerbe, bei den Metalltechnikern, bei den Friseuren und bei den Bäckern“, erklärt Otto.

 

Auch wenn die Anzahl an Ausbildungsplätzen zurückgeht: es brauche die Ausbildungen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Mit Blick aufs Oberbergische sei der Kunststoff- und Kautschuktechnologe unter den TOP 10 der unbesetzten Stellen. Zeitgleich würden immer mehr Menschen im Alter zwischen 25 und 30 Jahren ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung dastehen und stattdessen im Handel, als Produktionshelfer oder auch in der Gastronomie arbeiten – und so „schnelles Geld“ verdienen. Ein Trend, vor dem die Experten warnen.

 

„Wir sehen im Grunde überall eine Reduktion. Und das kann erst aufgelöst werden, wenn die Wirtschaft wieder anspringt“, sagte Michael Sallmann. Was es nun brauche, seien Investitionen – in Technik und in Menschen –, eine steigende Produktivität und auch die Bereitschaft, wieder mehr zu arbeiten.

 

Kontaktmöglichkeiten:

 

Die Arbeitsagentur steht auch Arbeitgebern mit Rat und Tat zur Seite, wenn es Fragen zur Ausbildung, Fördermöglichkeiten oder zur Fachkräftegewinnung gibt. So ist die Berufs- und Studienberatung der Arbeitsagentur telefonisch und per Videotelefonie erreichbar und bietet individuelle Beratungen an. Hotline: 0800/ 4 55 55 00.

 

Die Ausbildungsstellenvermittlung der IHK Köln ist per Mail an passgenau@koeln.ihk.de für Betriebe und Jugendliche erreichbar. Die zahlreichen Angebote und Instrumente im Bereich des Azubimarketings sind für Ausbildungsbetriebe und Ausbildungssuchende über die Homepage der IHK abrufbar.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG
MoDiMiDoFrSaSo
311234567891011121314151617181920212223242526272829301234567891011
MoDiMiDoFrSaSo
311234567891011121314151617181920212223242526272829301234567891011