BLAULICHT
DLRG: Außer Bojen hat man „mit Baywatch“ nichts gemeinsam
Oberberg - Zum Start der Wachsaison schaute OA bei der DLRG an der Aggertalsperre vorbei und erhielt vielseitige Einblicke in die Arbeit der weltweit größten Wasserrettungsorganisation.
Von Leif Schmittgen
In den nächsten Wochen und Monaten werden sich viele Besucher an den Stauseen der Region tummeln und das warme Wetter bei einem kühlen Bad genießen. Deshalb hat für die Kräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) wieder die Wachsaison begonnen. An der Aggertalsperre übernimmt die DLRG aus Bergneustadt nun bis Ende September regelmäßig den ehrenamtlichen Dienst. Drei Mitglieder der Ortsgruppe stellen OA ihre Tätigkeiten vor. „Wir sind keine Bademeister und niemand gibt trotz unserer Präsenz die Verantwortung für seine Kinder ab“, stellt Philip Solbach gleich zu Beginn des Treffens klar.
Bei der Kontrollfahrt schweift der Blick der Protagonisten ans Ufer,...]
Der junge Mann ist Bootsführer und unternimmt regelmäßig Kontrollfahrten auch in den abgelegenen Rengsearm der Talsperre, wo deutlich weniger Publikumsverkehr als an der Straßenseite in Gummersbach-Lantenbach herrscht. Die Fahrten dienen – wie der klassische Wachdienst auch – der Prävention. „Wir geben den Menschen oft Tipps oder warnen sie vor möglichen Gefahren“, sagt Solbach, der mit seinen Kolleginnen Ilka Jessen und Paula Röttger Einblicke in die vielfältige Arbeit der DLRG gibt. „Wir haben mit 'Baywatch' nichts gemeinsam, außer Bojen“, antwortet Röttger lachend auf die Frage, wie viel Realität in der legendären US-Serie über die Wasserretter am Malibu Beach verarbeitet wurde. Sollte ein seltener Notfall eintreten, läuft – anders als in der Fiktion - niemand in Zeitlupe auf den Schwimmer zu, vielmehr greift stattdessen ein eingeübtes Szenario und alles geht ganz schnell.
Die weltweit größte Wasserrettungsorganisation in Zahlen (2022)
Gründung: 1913
Abnahme von Schwimmabzeichen: 210.000
Ausbilder: 41.290
Ausbildungsstunden: 1,8 Millionen
Kursteilnehmer: 307.316
Gruppen: 2.012
Rettungsschwimmer: 42.360
Lebensrettungen: 1.307
Wachgebiete: 2.686
Strömungsretter: 4.578
Einsatztaucher: 2.929
Sanitäter/Ärzte: 4.421
Mitglieder und Förderer: 1,9 Millionen
Die Betätigungsfelder sind breiter gefächert, als manche denken. Neben der Wasserrettung oder den Patrouillendiensten auf dem Wasser gibt es auch Rettungstaucher. Ilka Jessen hat sich der Staffel angeschlossen, die im Oberbergischen auf Kreisebene organisiert ist. Überhaupt schauen die Mitglieder oft „über den Tellerrand“, denn nicht jede Kommune verfügt über ein zu betreuendes Gewässer. „Oft kommen Anfragen von weit her, ob Wachdienste an der Aggertalsperre übernommen werden können“, weiß Solbach. Denn der Stausee gilt auch überörtlich als einer der schönsten Gewässer in Deutschland. Solbach selber genoss im Rahmen seiner Tätigkeit bereits Aufenthalte an der Ostsee. Egal, wo man hinkomme, wegen ähnlich gelagerter Interessen finde man sofort Anschluss, sind sich die drei Ehrenamtler einig.
[...wo sich noch die Fundamente des alten und baufälligen Vereinshauses befinden. An gleicher Stelle möchte man möglichst schnell ein modernes Domizil errichten und ist auf Spenden angewiesen.]
[Neue Rettungswesten - sie müssen wegen möglicher Materialermüdung alle zehn Jahre erneuert werden - wurden jüngst dank Geldspenden angeschafft.]
Morgens, wenn der Dienst beginnt, bespricht man sich mit sieben weiteren Ehrenamtlern und teilt sich die Arbeit ein, Hand in Hand wird der Dienst dann absolviert. „Das ist ein schöner Tag mit Freunden am See“, beschreibt Philip Solbach seine Erfahrungen. Er ist seit 2018 dabei und engagiert sich zudem als Geschäftsführer seiner Ortsgruppe. Ein weiteres Einsatzgebiet der Rettungsorganisation ist der sogenannte Bevölkerungsschutz, zum Beispiel unterstützt man bei Hochwasserlagen. Während der jüngsten Überschwemmungen im Saarland befanden sich die Bergneustädter in Alarmbereitschaft, mussten letztlich aber nicht ausrücken. Das war 2021 bei der Jahrhundertflut anders, damals half man im Krisengebiet.
[Die Bojen sind identisch: Ansonsten hat "Baywatch" mit der DLRG-Arbeit nichts zu tun.]
Fast überall bei der DLRG wird eine Schwimmausbildung für Kinder angeboten. Über mangelnden Zulauf können sich die Lehrer nicht beklagen, alleine in der Ortsgruppe warten über 50 Kids auf einen Platz, um die Grundlagen vermittelt zu bekommen. „Die Schwimmfähigkeit nimmt ab. Da möchten wir gegensteuern“, sagt Solbach. Stolze 227 Mitglieder zählt man in Bergneustadt, die meisten aber sind eben jene Schwimmschüler. Aktive werden deswegen jederzeit gesucht, sei es im Schwimmbetrieb, in den einzelnen Fachgruppen oder im administrativen Bereich.
[Derzeit sind die DLRG-Retter provisorisch in einem Baucontainer untergebracht.]
Helfende Hände sind jederzeit willkommen, ebenso wie finanzielle Unterstützung, insbesondere für den Neubau des Vereinshauses am Ufer der Talsperre. Momentan hat die DLRG ein provisorisches Domizil bezogen. Der Container steht auf dem Grundstück eines örtlichen Gastronomen, der die Retter gerne unterstützt. Öffentliche Zuschüsse erhält die Organisation nicht. Sie finanziert sich ausschließlich über Spenden und Mitgliedsbeiträge. Diese sind mit 47 Euro bewusst niedrig angesetzt. „Wir möchten für jeden offen sein“, begründet Philip Solbach die Strategie.
Wer sich bei der DLRG einbringen möchte, erhält weitere Informationen per E-Mail unter personal@bez-oberberg.dlrg.de.
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