BLAULICHT
Bewaffneter Drogenhandel: Angeklagter kommt mit blauem Auge davon
Gummersbach/Köln – 38-Jähriger wird vom Landgericht Köln zu zweijähriger Bewährungsstrafe verurteilt – Kammer nimmt minderschweren Fall an.
Von Peter Notbohm
Schon zu Beginn des Verfahrens gegen Manfred C. (Anm.d.Red.: Name geändert) machte Richter Dr. Jan Orth dem 38-jährigen Angeklagten klar, dass er wenig von dessen Verteidigungsstrategie hielt. Der Gummersbacher musste sich heute vor der 15. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts verantworten, die Staatsanwaltschaft warf ihm bewaffneten Handel mit Drogen in nicht geringer Menge vor, zudem den Besitz von Betäubungsmitteln und Waffen – Mindeststrafe bei einer Verurteilung: fünf Jahre Haft.
Den Besitz der Waffen und Drogen räumte der Mann zwar ein, verkauft hätte er die Drogen aber nicht – sie seien vor allem für den Eigenbedarf gewesen, hieß es zunächst von Seiten der Verteidigung. „Aus meiner 20-jährigen Berufserfahrung kann ich ihnen sagen, dass das nicht die beste Idee ist“, sagte Orth beim Blick auf die Indizien und ergänzte: „Ihre einzige Chance ist, dass sie uns ganz offen und ehrlich die Hosen runterlassen. Nur dann kann daraus ein minderschwerer Fall und möglicherweise eine Bewährungsstrafe entstehen.“
Beim Angeklagten schien der Vorsitzende damit den richtigen Nerv getroffen zu haben. Nach Beratung mit seinem Verteidiger räumte er auch die restlichen Vorwürfe ein – zumindest gelegentlich habe er auch an Freunde verkauft. Belastet wurde er unter anderem durch eine Zeugin aus Waldbröl, die angab, dass ihr damaliger Freund mehrmals die Woche bei dem Gummersbacher Drogen geholt habe.
Gefundene Drogen überstiegen die nicht geringe Menge um das 15-fache
Im Rahmen einer Hausdurchsuchung hatte die Kriminalpolizei am 5. Mai des vergangenen Jahres ein Potpourri an Drogen im Haus des 38-Jährigen sichergestellt. Im Kühlschrank befanden sich 571,6 Gramm Amphetamin und 55,9 Gramm Marihuana, im Wohnzimmerschrank wurden 164,1 Gramm Ecstasy gefunden, außerdem 26,5 Gramm MDA. Auf einem Glastisch, zudem eine Holzkiste mit geringen Mengen Marihuana, Ecstasy, Kokain und LSD, dazu unzählige CBD-Präparate.
Zusätzlich fanden die Beamten Verpackungen, Feinwaagen, ein Springmesser, eine Schreckschusspistole, eine defekte Armbrust sowie einen Elektroschocker. Im Tresor des Schlafzimmers wurde zudem eine manipulierte weitere Schreckschusswaffe sowie 70 Schuss Munition gefunden. Die Waffe habe einem mittlerweile verstorbenen Bekannten gehört, erklärte der Gummersbacher, der sich selbst als waffenaffin bezeichnete. Er habe diese nie angefasst, sich aber auch nicht getraut, diese bei der Polizei abzugeben. Weit über 100 Seiten füllten die Fotos der gefundenen Drogen und Waffen in der Akte.
Angeklagter bislang nicht vorbestraft
Dass bei dieser Menge an gefundenen Drogen – die nicht geringe Menge wurde um das 15-fache überschritten – überhaupt über eine Bewährungsstrafe nachgedacht wurde, lag am Lebenswandel und dem Verhalten des 38-Jährigen, der bislang nicht vorbestraft war und damals auch nicht in Untersuchungshaft musste. Als 17-Jähriger sei er erstmals mit Marihuana in Kontakt gekommen, später auch mit Speed. Im Mai 2021 habe er nahezu täglich beides konsumiert, allerdings immer erst nach seiner Arbeit: Schließlich wollte er als Schreiner seine Finger behalten, sagte er. Als Grund für seinen Konsum nannte er sein volles Tagespensum, da er sich nach der Arbeit um seine Mutter und das Haus kümmern musste.
Die Durchsuchung sei allerdings ein einschneidendes Erlebnis gewesen: Seitdem habe er die Finger von den Drogen gelassen und auch keine Entzugserscheinungen, betonte er. Auch ein Sachverständiger konnte keine Abhängigkeit bei ihm diagnostizieren. Er riet dennoch dazu, dass Manfred C. zumindest eine Therapie machen sollte, um die Dinge aufzuarbeiten, die zu dem Drogenmissbrauch geführt hatten.
Richter gibt Angeklagtem letzte Chance
So ging es letztlich nur noch um die Höhe der Haftstrafe. Während die Staatsanwältin eine dreijährige Gefängnisstrafe forderte, zeichnete der Verteidiger von Manfred C. das Bild eines bislang unbescholtenen Bürgers, der noch nie polizeilich aufgefallen sei: „Wenn er diese Menge an Drogen über den langen Zeitraum, den er bereits Drogen nimmt, auch verkauft hätte, wäre er längst erwischt worden. Denn die Gummersbacher Polizei hat in den vergangenen Jahren viel aufgeräumt. Mein Mandant ist nie als großer Dealer aufgetreten.“ Er plädierte für eine zweijährige Bewährungsstrafe.
Zu diesem Urteil kam auch die Kammer und verurteilte ihn zu zwei Jahren auf Bewährung sowie die Ableistung von 25 Therapiestunden. „Sie bekommen von uns eine Chance, ihr gutes bürgerliches Leben fortzusetzen“, sagte Richter Orth in Richtung des 38-Jährigen, gab ihm aber auch klare Hinweise mit: „In aller Deutlichkeit, sollte es ein nächstes Mal geben, werden meine Kollegen zu deutlich höheren Strafen greifen.“ Die Kammer habe in diesem Fall sehr wohlwollend registriert, dass Manfred C. klar und offen mit dem Gericht gesprochen habe. Auch habe man ihm schlicht nicht nachweisen können, dass er in größerem Umfang gedealt habe.
Einen Tipp hatte Orth für den Gummersbacher aber auch noch: „Suchen sie sich ein anderes Hobby. Waffen haben bei ihnen nach heute nichts mehr zu suchen.“
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