Engelskirchen - Bürgermeister Dr. Gero Karthaus machte seinem Ärger über die Deutsche Telekom beim Breitbandausbau Luft - Haushalt beschlossen.
Von Leif Schmittgen
Es ging gestern heiß her während der Sitzung des Engelskirchener Gemeinderates. Beim Blick auf die Tagesordnung hätte man beim Punkt „Einbringung des Haushalts“ vermutlich Emotionsausbrüche der Fraktionsvorsitzenden bei ihren turnusmäßigen Reden zur Finanzlage erwartet, jedoch Fehlanzeige. Die Haushaltsreden wurden coronabedingt ersatzlos gestrichen. Die Gefühle kochten allerdings beim unscheinbar wirkenden Thema „Mitteilungen der Verwaltung“ hoch, wo sich Bürgermeister Dr. Gero Karthaus ordentlich Luft verschaffte: „Das schlägt dem Fass den Boden aus und ist eine Unverschämtheit“, war nur einer der Giftpfeile, die Karthaus in Richtung des Internetanbieters Deutsche Telekom schoss.
Im Dezember 2019 hatte die Gemeinde mit Deutschlands Branchenprimus einen Vertrag über zehn Millionen Euro abgeschlossen, um weite Teile des Gemeindegebietes bis Ende 2022 mit Glasfaserkabel an die Datenautobahn anzuschließen (OA berichtete). „In den vergangenen anderthalb Jahren ist rein gar nichts passiert“, sagte der verärgerte Bürgermeister. Vermehrt erreichen die Verwaltung Anfragen aufgebrachter Bürger, die sich nach dem Stand der Dinge erkundigen. „Ich weiß nicht mehr, was ich den Menschen sagen soll“, zeigte sich das Gemeindeoberhaupt resigniert. Zu Recht sei die Bevölkerung erbost. Die Telekom stellt die Sachlage indes anders dar, wie ein Unternehmenssprecher auf OA-Nachfrage mitteilt (siehe Infokasten).
Die Verwaltung frage ständig bei der Telekom nach, zuletzt vor zwei Wochen mit der Bitte um eine aktuelle Sachstandsmeldung, die man Politik und Bürgern zur gestrigen Ratssitzung mitteilen wollte. Das Versprechen seitens des Konzerns, bis dahin Auskunft über den Fortschritt zu geben, lief ins Leere. Bei vorherigen Anfragen sei man mit den Worten, man solle sich nicht aufregen, es verlaufe alles nach Plan, abgefertigt worden. Das alles klingt in den Ohren des Bürgermeisters inzwischen wie Hohn: „Wir müssen betteln, die großen Konzerne interessiert das aber einfach nicht“, sprach Karthaus von einer absoluten Katastrophe. In der Verwaltung glaubt man jedenfalls, dass der vereinbarte Schaltungstermin nicht mehr eingehalten werden kann. „Wir bleiben an der Sache dran“, so das Resümee des Rathauschefs.
Das sagt die Telekom
„Schon bei den Ausschreibungsgesprächen und der Vertragsunterzeichnung haben wir darauf hingewiesen, das aufgrund äußerst knapper Kapazitäten der Tiefbaufirmen, ein sichtbarer Baubeginn nicht vor 2021 stattfinden wird. Diese Aussagen wurden bereits sehr früh, also noch vor dem Corona-Ausbruch, getroffen.
Dennoch haben wir bereits mit den Arbeiten zum Breitbandausbau begonnen, die sich allerdings im Hintergrund und damit nicht öffentlich wahrnehmbar abspielen (z.B. Feinplanungen, Materialeinkauf etc.). Aktuell sind wir in der finalen Abstimmung der auszubauenden Adresslisten. Danach können wir die Standorte der Netzverteiler planen und die Genehmigungen für den Baustart einholen.
Sobald alle Genehmigungen seitens der Gemeinde vorliegen, werden wir mit den Tiefbauarbeiten beginnen. Klarerweise wollen wir die vertragliche Frist einhalten und (nach wie vor) Ende 2022 fertig sein. Im Übrigen hat unser für den Ausbau dort zuständiger Regionalmanager dem Bürgermeister das Angebot unterbreitet, dass er gerne zur Ratssitzung kommen werde, um sich zum Sachstand zu äußern. Dieses Angebot wurde nicht angenommen."
Haushalt
Ermahnt wurde Bündnis 90/Die Grünen-Fraktionschef Helmut Schäfer von Karthaus, an die Redezeit zu denken. Denn er hatte etliche Bedenken zum Haushalt geäußert. Unter anderem warf er der Verwaltung mangelnde Kommunikation vor. Per Videokonferenz beispielsweise hätte man die Fraktionen zum Gespräch einladen können, anstatt der sonst üblichen Haushaltsberatung. Eine Aussage, die man nicht unkommentiert stehen lassen wollte: „Unsere Mitarbeiter standen Tag und Nacht für Fragen zur Verfügung“, konterte der Bürgermeister. Das Angebot sei von den Fraktionen auch rege genutzt worden.
Einige Änderungen hatte es seit der Vorstellung des Doppelhaushalts für die Jahre 2021 und 2022 gegeben, wie Kämmerer Laszlo Kotnyek mitteilte. Unter anderem plant man eine Absenkung der Gewerbesteuer, um gebeutelten Unternehmen etwas den Existenzdruck zu nehmen. Außerdem ist die Finanzierung von Schülertickets in die Mehrausgaben eingeflossen. Größter Kritikpunkt war allerdings die mehr als ursprünglich kalkuliert gestiegene Kreisumlage. Beim Finanzierungsplan, der bis 2024 kalkuliert wurde, macht das eine Mehrbelastung von 1,37 Millionen Euro für die Gemeinde aus. Der Etatentwurf wurde mit den Stimmen von SPD, CDU und FDP verabschiedet, die Grünen enthielten sich.
Zum Haushaltsplan der Gemeinde Engelskirchen geht es hier.
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