POLITIK

Dr. Carsten Brodesser gelingt der Hattrick - Auch Köstering geht nach Berlin

lw; 24.02.2025, 06:25 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung --- Dr. Carsten Brodesser und seine Frau kamen unter Applaus ins Foyer des Kreishauses.
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Dr. Carsten Brodesser gelingt der Hattrick - Auch Köstering geht nach Berlin

lw; 24.02.2025, 06:25 Uhr
Oberberg – CDU-Direktkandidat wird Oberberg zum dritten Mal in Folge in Berlin vertreten – Auch Jan Köstering (Die Linke) gelingt der Einzug in den Bundestag - Bernd Rummler und seine AfD zweitstärkste Partei im Kreis – Gespannte Blicke in die Hauptstadt (AKTUALISIERT).

+++Meldung (Montag, 6:25 Uhr)+++

 

Oberberg wird erneut mit zwei Abgeordneten in Berlin vertreten sein. Wie die Bundeswahlleiterin in der Nacht verkündete, hat es neben dem gewählten CDU-Direktkandidat Carsten Brodesser auch Jan Köstering von Die Linke über die NRW-Landesliste geschafft. Vor allem der Nicht-Einzug von FDP und BSW sowie das gute Ergebnis der eigenen Partei haben dafür gesorgt. 

 

„Dieses Mandat ist ein Auftrag, für soziale Gerechtigkeit, Frieden und eine konsequente Klimapolitik zu kämpfen. Die Menschen erwarten eine starke linke Stimme im Parlament – und genau das werde ich sein!“, erklärt Jan Köstering in einer Pressemitteilung. Der Einzug in den Bundestag bedeute für Oberberg eine klare sozialpolitische Perspektive. „Ob für bezahlbare Mieten, höhere Löhne oder eine gerechte Verteilung des Reichtums – ich werde mich mit aller Kraft für eine Politik einsetzen, die den Menschen dient.“

 

+++1. Bericht (Sonntag, 22 Uhr)+++

 

Von Lars Weber

 

Einen langen Wahlabend haben die Vertreter der Parteien und die meisten Direktkandidaten bei der Wahlveranstaltung im Foyer des Kreishauses im Gummersbach prognostiziert. Zwar gab es bei der Vergabe des Direktmandats keine Überraschungen: Hier setzte sich Dr. Carsten Brodesser mit einem Start-Ziel-Sieg mit letztendlich 36,91 Prozent (vorläufiges Endergebnis) souverän durch und machte damit den Bundestags-Hattrick perfekt. Er wird zum dritten Mal in Folge Oberberg in Berlin vertreten. Dahinter jedoch hegten der eine oder andere Kandidat leichte Hoffnungen, dass es über die Landesliste noch klappen könnte. Dafür ausschlaggebend: Schaffen es FDP und/oder BSW noch in den Bundestag und über die Fünf-Prozent-Hürde, oder nicht? Die Antwort auf diese Frage hat auch Einfluss auf mögliche Koalitionen. Und diese Frage war und ist vielleicht die am meisten diskutierte.

 

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Um 19:40 Uhr kam Carsten Brodesser unter Applaus im Foyer des Kreishauses an – zu diesem Zeitpunkt war abzusehen: An seinem Sieg wird nicht mehr gerüttelt. Genau drei Prozentpunkte mehr als noch vor 2021, damit war der Lindlarer durchaus zufrieden. Enttäuscht blickte er aber auf die Zahlen der Union. Er hätte sich ein Ergebnis über 30 Prozent gewünscht, mit mehr Abstand zu SPD und Grünen. „Das hätte Koalitionsgespräche vereinfacht.“ Nun seien FDP und BSW das Zünglein an der Waage, sagte er kurz vor Beginn der Tagesschau. Der Wahlkampf sei auch von großen Ängsten und Sorgen geprägt gewesen, Stichworte Migration und wirtschaftliche Entwicklung. „Nur so kann ich mir erklären, dass fast jeder Fünfte im Kreis die AfD gewählt hat.“

 

Deren Direktkandidat Bernd Rummler (Foto) war kurz vor Brodesser ins Kreishaus gekommen, nachdem es noch vor den AfD-Räumen in Vollmerhausen zu einer Rangelei zwischen Gästen der Partei und Teilnehmern eine Demonstration dort gekommen sei. Rummler war sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis. Sein persönliches hat er im Vergleich zur Wahl 2021 mehr als verdoppelt – er lag mit 21,55 Prozent hinter Brodesser auf Platz zwei. „Das ist ein super Ergebnis, es war ein aktiver Wahlkampf“, so der AfD Oberberg-Chef, der sich auch noch Hoffnungen machen konnte, vielleicht über die Landesliste zum Zuge zu kommen. Sein Hotelzimmer in Berlin habe er so oder so gebucht. Ihm winkt ein Posten in der Hauptstadt, vielleicht als Mitarbeiter der Fraktion, vielleicht im Team eines Abgeordneten.

 

Trotz aller Aussagen von Friedrich Merz und der Union: Rummler hofft, dass sich die CDU/CSU mit der AfD an den Tisch für Koalitionsgespräche setzt. Die Schnittmenge sei groß. „Wenn Merz seine Wahlversprechen halten will, muss er alle Optionen ausloten.“ Brodesser erteilte diesem Vorschlag schon wenige Minuten später eine klare Absage. „Es gibt keine Partei, die stärker gegen die Werte der CDU verstößt.“ Eine rechtsextreme Partei mit einem „merkwürdigen gesellschaftspolitischen Verständnis“ sei nicht gesprächsfähig. „Lieber hacke ich mir ein Körperteil ab…“

 

[Klar abgestraft wurde die SPD. Mit seinem Wahlkampf war Direktkandidat Pascal Reinhardt (mitte) aber zufrieden.]

 

In den Lagern der möglichen Koalitionspartner SPD und Grüne herrschte demokratische Ernüchterung, auch wenn die SPD deutlich mehr abgestraft wurde als die Grünen. SPD-Direktkandidat Pascal Reinhardt machte der Gedanke an eine Regierung mit der nach rechts gedrifteten Merz-CDU durchaus Bauchschmerzen. „Wir müssen vor einer kompletten sozialdemokratischen Selbstzerstörung aufpassen.“ Auf der anderen Seite sei sich seine Partei der Verantwortung bewusst. „Es wird einen Mitgliederentscheid geben müssen, wenn die CDU die Gespräche sucht.“  Mit seinem eigenen Ergebnis bei seiner ersten Kandidatur dieser Art zeigte sich Reinhardt zufrieden, auch wenn er lieber vor der AfD ins Ziel eingelaufen wäre. Er könnte sich vorstellen, es bei der nächsten Bundestagswahl nochmals zu probieren – nun möchte er zunächst wieder in den Lindlarer Gemeinderat.

 

[Die Sorge um die Demokratie trieb die Grünen um Bundestagsmitglied Sabine Grützmacher (2.v.li.) um.]

 

Bauchschmerzen bei den Gedanken an eine Koalition mit der Union hatte auch die aktuelle Bundestagsabgeordnete Sabine Grützmacher, die noch auf die Landesliste schielte, um vielleicht nochmal den Sprung in die Hauptstadt zu schaffen. Dass die Grünen von den Ampelpartnern noch das stabilste Ergebnis erreichten, führt Grützmacher auch auf den konstruktiven Wahlkampf zurück, bei dem auf „auskeilen“ verzichtet wurde. Im Gegensatz zu Merz kurz vor dem Wahltag. Seine Worte Richtung „grüne und linken Spinner“, die „nicht alle Tassen im Schrank“ hätten, hatte Grützmacher veranlasst, ihre eigene Kaffeetasse einzupacken und mitzubringen. „Die Worte haben mich entsetzt und Zweifel genährt.“ Aber letztlich werden die Grünen sich „realistisch und verantwortungsbewusst“ mit den finalen Zahlen auseinandersetzen. In einer Zeit, in der sie viele Nachrichten von Menschen mit Migrationshintergrund erreichten, die das Land verlassen wollen, sei es wichtig, „mutig zu bleiben und für die Demokratie zu kämpfen“.

 

[Foto: Lars Weber --- Diskussion ums eigene Ergebnis (v.li.): Dominik Trautmann, Friedrich Wilke, Reinhold Müller und Sebastian Diener.]

 

Noch früh am Wahlabend mit viel Hoffnung blickten die FDP-Vertreter um Direktkandidat Sebastian Diener auf die Zahlen. Schon in der Vergangenheit habe die FDP am Schluss der Auszählung doch noch die fünf Prozent erreicht. „Das ist jetzt wichtig“, sagte Diener, der sich selbst keine persönlichen Ziele für sein Ergebnis gesetzt hatte. Sein Parteikollege und Kreistagsfraktionschef Reinhold Müller glaubt, dass die Vier-Prozent-Prognosen viele Wähler abgeschreckt haben könnten. „Die Wähler wollten, dass ihre Stimme zählt.“ Man müsse sich nun auch mit der Realität auseinandersetzen, dass man viele AfD-Wähler nicht mehr in den Diskussionen erreicht.

 

Geradezu entspannt durfte Linke-Direktkandidat Jan Köstering (Foto) die Ergebnisse verfolgen. Auch wenn es für ihn vermutlich noch nicht ganz reichen wird, um über die Landesliste einzuziehen, sei die Wahlkampfstrategie seiner Partei aufgegangen. „Wir haben auf Themen gesetzt, die die Menschen wirklich beschäftigen und uns nicht auf Schein-Debatten eingelassen.“ Er freut sich darauf, seine Partei in der Opposition zu sehen. Der Aufschwung der Linken, gerade bei jungen Menschen, habe bereits zu einer Verdoppelung der Mitgliederzahlen im Kreisverband geführt. „Wir gehen mit Rückenwind in die Kommunalwahl“, sagte Köstering, der auch Chef von Die Linke Oberberg ist.

 

Ebenso entspannt wie Köstering verfolgte Tobias Vormstein das Geschehen im Kreishaus. Der Direktkandidat der Freien Wähler war mit der erste im Foyer gewesen. Es war seine erste politische Kandidatur. „Da ist alles ein Gewinn für mich.“ Er erreichte 1,73 Prozent. Vormstein möchte auf jeden Fall weitermachen und fasst nun die Kommunalwahl ins Auge. Ebenso wie Volt-Direktkandidat Marius Roth, der den Wahlabend bei seiner Partei in Düsseldorf verbrachte. „Wir freuen uns über das Ergebnis im Kreis, wir sind hier ja noch jung.“ Er bekam 1,04 Prozent, Volt kreuzten 0,61 Prozent der Wähler an. „Wir stellen uns nun für die Kommunalwahl im Herbst auf.“

 

Ergebnisse Oberbergischer Kreis

 

Ergebnisse Kommunen

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